Donnerstag, 14. Januar 2016

13. Januar 2016 - Vox - Das Wunschmenü - Mittwoch in Heidelberg bei Clara

Ausgestopfte Waldtiere, letztens an unserem Forsthaus

Vorspeise: Garnelen mit gebratenem Chicorée
Hauptspeise: Lachs mit Bacon ummantelt, dazu Kartoffel-Mangold-Gemüse
Nachspeise: Palatschinken im Weinchateau


Clara darf Christians Wunschmenü kochen


Schneewittchen und die vier Kochzwerge

Zwar ist ihr Haar nicht schwarz wie Ebenholz, dafür ihr Mund rot wie Blut. Und ihr Wille eisern und nicht zu brechen, auch beim Dinner so gut wie möglich abzuschneiden. In ein paar Jahrzehnten sehe ich sie mindestens als Bundeskanzlerin. Das schafft sie.

Selbst den gestatteten einminütigen Anruf beim Menü-Wünscher hat sie so im Griff, dass sie es nicht nur locker schafft, alle Fragen beantwortet zu bekommen - sie stellt auch ihr Handy auf sechzig Sekunden ein, damit sie stets die verbleibende Zeit im Blick hat. Das sehe ich erstmals beim Wunschmenü.

Ob sie auch einen derart schwarzen Humor wie ihr Opa hat und ihn nur zurück hält, ist nicht sicher, aber eher unwahrscheinlich.  Dieser hatte vor einiger Zeit aus lauter Jux und Dollerei  einen Einbruch in ihre Wohnung fingiert. Da sie an die Echtheit des Verbrechens glaubte, saß sie weinend draußen auf der Treppe und musste erst einmal den Papa anrufen ... Wirklich? Andere würden als erstes die Polizei anrufen und möglichst Ruhe bewahren. Hätte sie es getan, hätte der Opa eine Anwältin gut brauchen können.

Zum strukturierten, aber ausufernden Einkauf - vielleicht hat sie überhaupt keine Lebensmittel im Hause? - darf Kommilitonin und Freundin Tamara sie begleiten. Ein kleiner Freundschaftsdienst zum Fernseh-Luft-Schnuppern, denn wirkliche Hilfe braucht sie nicht.

Sie hat neben viel Glück, Christians Menü kochen zu dürfen - auch das bislang beinahe einzigartige, dass Christian nicht verlangt, dass ihn die

Vorspeise - direkt und bis in die letzten Geschmacksknospen an ein Essen mit seiner Frau in Kroatien.

der Hauptgang - nicht an eine Sättigungsbeilage in der Hugh-Hefner-Villa

und der Nachtisch - nicht an den seiner Schwiegeroma

erinnern muss.

Sonst wäre das nichts geworden mit den vierunddreißig Punkten und der vorläufigen Führung. Zehn Punkte gibt ihr Christian.

Leidlich unleidlich unterwegs ist wieder Melanie. Bernd schließt sich ihr gerne an. Aber am Ende geben beide je acht Punkte.

Nur ein einziger Fehler passiert ihr während des Dinners - der sie vermutlich noch lange ärgern wird: Für Fabian hatte sie ein Rinderfilet-Steak als Alternative zur Vorspeise gekauft - und vergisst dies nun total.

Ein anderer Fehler ist in meinen Augen auffälliger: Sie möchte unbedingt, sobald sie freie Zeitkapazitäten hat, den Jagdschein machen.

Töten als Hobby! Das werde ich nie verstehen. Wie kann man mit einem Gewehr auf die schlagenden Herzen von Tieren zielen?

Der absolute Gewinner ihres Abends ist für mich Christian. Ich erwarte nicht, dass er am Freitag ein Menü abliefert, das alle Gaumen zufrieden stellen wird. Den von Melanie vermutlich schon mal gar nicht. Ich erwarte aber auch nicht, dass er bis dahin noch eine böse Seite von sich zeigt. Er könnte glatt der vorzeitige Sieger der Herzen sein. Nur ein bisschen weniger reden müsste er ...

Guten Morgen, Gruß Biene 




3 Kommentare:

  1. Clara die Zielstrebige, das ist der Gegenpol zu der vorherrschenden Jugendmentalität, LmaA.

    Schnurgerade geht sie ihren Weg, in ihrer Küche befindet sich
    nichts Unnötiges, Kleinigkeiten die man wegen ihrer schönen
    Verpackung kaufte, Lebensmittel für die man keine Verwendung
    fand.
    So ein junges Exemplar habe ich in meiner Familie, fast der gleiche Werdegang und immer feste Ziele .

    Ich empfinde da manchmal ein wenig Kälte aber ich bin auch
    kein Maßstab.

    Ich bewunderte trotzdem wie gekonnt sie das Dinner zubereitete.
    Sie verdient Anerkennung denn wer so wenig Freizeit hat,
    der kocht meistens etwas auf die Schnelle.

    Aber um auf mein Familenexemplar zurück zu kommen, die kocht
    auch wunderbar, das ist Entspannung sagt sie.

    Gefreut habe ich über die Quassselstrippe, er war das Zünglein an der Waage.

    Wie hätte ich gegiftet, wenn Melanie Erste wäre.

    Von den restlichen Kandidaten erwarte ich keine Höchstleistung.
    Der heutige Koch scheint mir ein wenig neben der Mütze zu stehen.
    Christian und kochen scheint auch nicht zu passen und Fabian
    kann leider nicht gewinnen.
    Er ist aber mein Gewinner der Herzen.
    Sonnige Grüße, Anna

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  2. Bei Adeles neuem rauf und runter genudeltem Hit müsste man theoretisch nur die erste Zeile geringfügig verändern: „Hello from the perfect side!“. Denn so präsentierte sich die gestrige, erst 21-jährige Gastgeberin Clara. Zielstrebig, erfolgsorientiert, ehrgeizig, aufgeräumt im Kopf wie in der Wohnung. Alles hat seinen Platz, geschmackvoll, hell, lichtdurchflutet und sehr, sehr ordentlich. Auch die Vorratsdosen in der Küche sind mit akkuraten Schildchen versehen und stehen linear und stramm ausgerichtet im vom leicht verrückten Opa angefertigten Regal. Dass mir bloß kein Gewürzdöschen dazwischenfunkt und aus der Reihe a la Opa tanzt und somit den perfekten Anblick zerstört.

    Und Clara wäre nicht Clara, hätte sie das Wunschmenü nicht als eine Art Rollenspiel mit ihrer Familie schon mal probegekocht. Alles bitteschön in Echtzeit und so authentisch wie möglich. Ne, Miss Perfect überlässt nix dem Zufall!

    Auch sonst scheint ihr Leben durch und durch organisiert zu sein. Die Übernahme des Familienunternehmens als Anwältin fest im Blick, hat sie als 16-jährige für die Küchengerätschaften, die sie irgendwann mal ihr Eigen nennen möchte, mal eben flugs eine Excel-Liste angelegt und diese dann, natürlich perfektionistisch, abgearbeitet. Da ist auch ein Tuzwit-Gerät in dem Alter nichts Unerreichbares mehr.

    Gutes Zeitmanagement scheint ihre große Schwester zu sein, denn ohne sich auch nur im Entferntesten zu verhaspeln, rattert sie ihre drei Fragen an den Menügeber Christian im Schnelldurchlauf runter. Zack, zack, perfekt! Als weiteres Ziel im Hinterkopf ist der avisierte Jagdschein somit mit großer Wahrscheinlichkeit nur eine Frage der Zeit. Hoffentlich geht sie verantwortungsvoll damit um!

    In der Küche merkt man ihr an, sie kocht nicht zum ersten Mal. Und sie kocht gerne, routiniert, die Handgriffe sitzen, von Aufregung keine Spur. Sie ist schon mit allem, was sie macht, sehr souverän, aber ganz ehrlich? Ich „hätte mir gewünscht“, dass manchmal bei allem Tun ein wenig mehr eine 21-jährige hervorblitzen möge, ein wenig mehr Spontanität, Unvernunft mit einer Prise Blödsinn. Aber so ist halt jeder anders gestrickt.

    Mit 34 Punkten setzt sie sich vorerst perfekt an die Spitze. Und ich vorm gestrigen Fernseher und heutigem Laptop ziehe meinen Hut vor Christian. Ohne zu taktieren und vor lauter Enttäuschung Kullertränen zu vergießen, weil er sich alles ganz anders gewünscht hätte und er nicht noch mal in Erinnerungen schwelgen konnte, kam statt dessen mit Grinsebacken und geerdetem Pragmatismus der Ausspruch: „Esch war dopplägger, aber anderscht!“ Und er zückt die 10 Punkte Tafel. Ich bin ja kurz davor zu sagen: „Dass ich das noch erleben darf!“…..

    Liebe Grüße von Regine, die heute mal aus ungewohnter Helligkeit grüßt und bis heute Abend! Der Bernd kommt mir sowas von höllisch bekannt vor. Gatte von einer ehemaligen Shopping-Queen-Anwärterin? Hm!



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  3. Oh Clarabella, armes Kind - wie wird es sein, wenn du feststellen musst, dass das Leben keine Exceltabelle zum Abwünschen ist?

    Wenn ein Mädchen in der Pubertät Wunschlisten erstellt, dann sollten es Träume sein, Visionen, Fantasien, Utopien:
    Grosses!

    Aber doch keine Konsumartikel!
    Ich weiss, ich weiss: Es gibt heute genug Erwachsene in unserem Lande, die voller Bewunderung sind für die Zielstrebigkeit der jungen Clara und ihrem äusserst erfolgreichen Dinner- und Lebenshandling:

    Sie hat sie voll drauf, ihre Soft- und Hardskills -
    "(s)killing me softly" singe ich leise renitent gegenan, denn ich bin überzeugt, dass es für alles eine Zeit gibt:

    Für`s Strebsame und für`s Experimentelle, Oppositionelle. Für vorgefertigte Trampelpfade und für eigene Wege.
    Für braves Arbeiten und für albernen Spass.

    Mag durchaus sein, dass ein anarchischer Grosspapa da was kapiert hat, so wie er scheinbar geordnete Strukturen scherzhaft chaotisiert hat...

    Ansonsten lief gestern - dank viel Glück - alles nach Plan:

    Wenn ein Menügeber so locker und ergebnisoffen bereit ist, zu geniessen, ist das schonmal die halbe Miete.

    Wenn er dann auch noch gutmütig und fair punktet, hat man als Köchin fast schon gewonnen.

    Und wenn dann noch ein Mädchen am Herd steht, dass trotz seines jungen Alters eineutig - und das muss jetzt auch mal deutlich festgestellt werden - sein Handwerk versteht, kann eigentlich nichts mehr schief gehen.

    Obwohl: Kurz hatte ich Opa in Verdacht, den Fischfachverkäufer mit einem Nonsens-Drehbuch gebrieft zu haben:
    "Vor der Leichenstarre filettiert" gibt`s denn solchen Quatsch in Echt? Und wer will das wirklich wissen?

    Klarabella zuckte, als künftige Tierkillerin aber sowieso mit keiner Wimper, bedankte sich artig für die gute Beratung und entschwebte zackig in ihre alphabetisierte Küche.

    Klar, dass für Donna Klara die verlangte Vorspeise ein wenig zu langweilig war, also peppte sie kurzerhand den schön goldig gebratenen Chicoree und die krossen Garnelen mit knusprigen Rote Bete Cips auf.

    Eine süffige Orangenbuttersosse umfloss die Komposition und konnte mit dem selbstgebackenen Baguette aufgetunkt werden: Lecker!

    Ihren Lapsus, Fabian vergessen zu haben, bemwerkte ja niemand und dank ausreichender Softskills, verstand Clara es auch, diesen Fehler nicht weiter publik zu machen.

    Und wieder Glück: Fabian kam nicht im Traum drauf, ihr das übel zu nehmen, ER war fair!

    Auch das Hauptgericht war gut gemacht, Speck hätte krosser sein können, aber ansonsten...

    Vor allem die Kartoffelwürfel mit dem grobgeschnittenen geschmorten Mangold gefielen mir sehr gut: Endlich mal kein Stampfmus für Zahnlose.

    Das Dessert war teils sehr gut, teils merkwürden:

    Die Zabaione mit Vanilleeis: Warm-Kalt, fand ich auch großartig.

    Die Palatschinke dazu war keine, das hätte warm und frisch sein müssen, zart und dünn.

    Ihre Füllung war bestimmt aromatisch und lecker, aber in dieser kalten dicken Pfannkuchenröhre, nee!
    Gut, dass Christian so ein Lieber ist!

    Heute scheint die Sonne aber es soll noch schneien!
    Liebe Grüße von Susi

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