Montag, 12. November 2018

12. November 2018 - Mein Hunde-Sohn Robin - 30. Teil


Bienchen lebt sich ein

Da ich nun zwei Hunde - zumindest teilweise an Leinen führen musste, merkte ich schnell, dass dies schwierig ist, wenn man zusätzlich noch eine Handtasche managen will. Das ist zwar eine kleine Nebensächlichkeit, aber dass ich mir nun einen Rucksack zulegen musste, gefiel mir überhaupt nicht. Ich hasse Rucksäcke und finde sie völlig unattraktiv. Egal, was muss das muss. Auf diese Art werden meine Handtaschen enorm geschont (als hätten sie es darauf abgesehen!). Trotzdem kaufe ich mir hin und wieder eine neue - auch, wenn ich die eine oder andere noch nie benutzt habe.

Das soll aber nicht von Bienchen ablenken, die sich langsam einrichtete. Dabei war Robin ihr erklärter Lehrmeister - und bis hin zum Pinkeln mit angehobenem Bein macht sie ihm noch so einiges nach.

Mit Autofahrten hatte sie ohnehin nie Probleme, denn die waren ihr vertraut. Wenn auch ihre Fahrten mit dem Auto bislang nur zum Tierarzt oder zur Hundefriseurin gegangen waren - sie hat schnell gemerkt, dass es bei uns nicht so abläuft, und die Fahrten ein schöneres Ziel als einen Arztbesuch haben oder eine Frau, die ihr an die Haare will ... (Bienchen hat Haare, kein Fell, also kein Verschreiber).

Obwohl sie noch nie zuvor mit einem Bus gefahren war, sprang sie einfach hinter Robin her und die Sache war geritzt. Ähnlich erging es ihr mit unserem Aufzug. Nur in Kaufhäusern "schwimmt" sie teilweise noch heute über die glatten Böden.

"Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" - gilt teilweise eben auch für Bienchen.

Alternativlos - war das Unwort des Jahres 2010. Und alternativlos für Bienchen war es, sich hier zurechtfinden zu müssen.

Niveaulimbo - war das Jugendwort des Jahres. Und Wutbürger das Wort des Jahres.

Lena siegte mit "Satellite" beim Eurovision Song Contest.

Und wie ein Satellit kam Bienchen in ihrer neuen Heimat an:

Schnell verlor sie ihre Angst vor anderen Hunden - und machte nun diesen gehörig Angst. Vom selbstbewussten Yorkie Robin übernahm sie die Unart, fremde Hunde zur Schnecke machen zu wollen. Doch gab einer Kontra, lief sie schreiend weg und bedauerte ihren Übermut.

In 2010 war Bayern München Deutscher Meister - ach ja, das ist immerhin mit vielen anderen Jahren austauschbar und keine große Überraschung.

Wir wurden Meister darin, Bienchen in der Fremde zu integrieren. Bis hin zur Assimilation. Sie ist heute eine coole Großstadthündin, die ein ziemliches Selbstbewusstsein an den Tag legt.

Und: Sie ist noch lange nicht so sensibel wie Robin.

Das hat ihr vermutlich auch geholfen, ihr Schicksal zu verpacken.

Da sie jedoch sehr an mir hängt und nun schon alt ist, wäre er ziemlich fraglich, ob sie dies noch einmal wegstecken könnte - Coolness hin oder her.

Auch körperlich ist sie - trotz eines schwachen, aber nicht behandlungsbedürftigen Herzens - topfit. Nun ja, für ihre Verhältnisse - und die bedeuten: Alles mit der Ruhe erledigen. Nur keine Hast und Eile.

Eines der Top-Ereignisse in 2010 fand genau an Bienchens 7. Geburtstag am 13. Oktober statt: In Chile wurden 33 Bergleute eines Grubenunglücks gerettet. Die halbe Welt zitterte vor den Bildschirmen mit den Kumpeln.

Zu diesem Zeitpunkt war Robin Bienchens bester Freund und Lehrmeister, sie hatte mich absolut akzeptiert, hatte einige sehr gute Hunde-Freunde und nur eine kleine Sache klappt bis heute nicht:

Außer mit mir geht sie mit niemandem sonst mit. Wenn jemand anderer am Ende ihrer Leine sie bewegen möchte, bockt sie, bleibt stockstarr stehen und dieser andere Jemand müsste sie an den Füßen verletzen, falls er ein Mitgehen erzwingen würde.

Das macht mir manchmal ein paar Sorgen: Aber sie will es nicht riskieren, dass noch einmal jemand aus ihrem Leben verschwindet. So muss sie vermutlich fühlen, wenn jemand anderer ihre Leine hält. Ihre Verlustangst ist enorm.

Mit mir läuft sie natürlich meistens ganz ohne Leine. Nachdem sie ein paar Wochen bei uns war, habe ich sie erstmals abgeleint - und sie hat keine Fluchtversuche unternommen. Sie hatte ihr Schicksal angenommen.

Ich glaube, meiner Mutter hätte es gefallen, dass ich über Bienchen schreibe.


Fortsetzung folgt

Copyright Silvia Gehrmann




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