Samstag, 9. März 2019

9. März 2019 - Spießer ... Ergänzt wird mein Beitrag durch die Gedanken von Gertrud Conradt


Spießer ...

Wer mit Begriffen um sich wirft, sollte zuerst einmal nachdenken, was sie bedeuten oder auslösen könnten oder ob es sich nicht doch um einen lediglich schnell dahin geworfenen Allgemeinplatz handelt.

Es ist schließlich einfach, etwas in den Raum und einem anderen an den Kopf zu werfen.  Oder Menschen in Rollen zu pressen.

Ich fühle mich ohnehin von dem Ausdruck "Spießer"  nicht angesprochen (auch, wenn ich letztens so betitel wurde - vermutlich hat diejenige noch nie meine vielen anderen Beiträge gelesen und persönlich kennt sie mich gleich gar nicht), aber es ist interessant, sich einmal halbwegs umfangreich mit dem Spießertum zu beschäftigen, um am Ende doch zu der Erkenntnis zu gelangen, dass irgendetwas Spießiges in jedem - auch in mir -  steckt, ohne dass er sogleich ein verkrampfter Spießer sein muss. Was genau jetzt mein spießiges Ich ist, möchte ich allerdings noch einmal einer Überprüfung unterziehen, bevor ich es hier - irgendwann - ausspucke.

Ödon von Horváth beschreibt den Spießer in seinem Roman "Der ewige Spießer" wie folgt: "... ein hypochondrischer Egoist, der danach trachtet, sich überall feige anzupassen und jede neue Idee verfälscht, um sie sich anzueignen ... Was gut oder böse ist, wisse der Spießer, ohne darüber nachdenken zu müssen ..."

Im allgemeinen beschreibt man Spießer als engstirnige Menschen ohne große geistige Beweglichkeit, angepasst an gesellschaftliche Normen.

Ich habe ein paar Leute in meinem persönlichen Umfeld gefragt, was für sie spießig bedeutet, und die Antworten waren nicht halb so theatralisch wie oben Genannte.:

Der Karneval fiel jemandem ein. Auf Kommando sind alle lustig. Oder dem sonntäglichen Tatort im Fernsehen entgegenzufiebern, ist beinahe spießig. Wenn jemand meint, dass "früher alles besser war" könnte dies ein Hinweis auf Spießigkeit sein. Und wenn man den Sonntag schön brav und natürlich alkoholfrei ausklingen lässt, um am Montagmorgen topfit zur Arbeit zu gehen, so kann man das spießig nennen - aber eventuell siegt bei manchem auch nur die Vernunft gegenüber der schönen Unvernunft. Zumindest manchmal. Könnte jedoch passieren, dass manche Leute Vernunft für spießig halten.

Der Spießer entwirft seinen Essensplan bereits eine Woche im voraus, lautete eine weitere Antwort. Leute, die jedes Jahr an denselben Urlaubsort fahren, werden ebenfalls als spießig bezeichnet.

Die Liste ist beliebig erweiterbar und daher absolut unvollständig. Denn im Bus stört es den Spießer, wenn ein Baby schreit oder ein Hund bellt. Wenn aber nach vier Stunden Bahnfahrt das Baby immer noch schreit und der Hund immer noch bellt, könnte das auch Nicht-Spießer an ihre Grenzen bringen.

Man muss also kein hypochondrischer Egoist sein ...

Es bleibt schwierig mit solchen polarisierenden Begriffen, mal eben als Rundumschlag für andere Leute benutzt. Und es ist eine Gratwanderung, den Spießer vom Nicht-Spießer zu unterscheiden.

Sicherlich ist es nicht spießig, seine Kinder impfen zu lassen - obwohl manche Leute absolut dagegen sind. Hier muss man sowohl die Gesundheit der eigenen als auch die der anderen Kinder im Auge haben. Und trotzdem gibt es Eltern, die Impfen als spießig empfinden und sich den Gegenbewegungen anschließen.

Aufgeschlossen gegen Neues zu sein ist ein Anzeichen für den Nicht-Spießer. Aber: Wer kann schon alles Neue annehmen, ohne es zu hinterfragen und zu prüfen, ob es ins Leben und die eigene Meinung passt? Es gibt jedoch Dinge, Meinungen, Ereignisse, die man einfach nur ignorieren will.

Manches ist lediglich konventionell, und anderes atemberaubend revolutionär.

Ich beende das hier, sonst schreibe ich in einem Monat noch ... und muss eigene spießige Ansätze sogleich überprüfen. Vorhanden sind die ganz sicherlich - wie bei jedem anderen auch.

Aber:

Hier schreibt meine Facebook-Freundin Gertrud Conradt ihre Gedanken über Spießer:


Spießer, was sind für mich Spießer? Für uns, die wir in den Sechziger Jahren aufwuchsen, war die Antwort leicht: Alle, die älter als 30 Jahre waren. "Trau keinem über 30" war ein geflügeltes Wort. Heute bin ich älter und etwas klüger (hoffentlich). Jetzt ist es nicht mehr so einfach. Aber ich denke, Spießer sind für mich Menschen, die im Ewiggestrigen hängen geblieben sind, unflexibel nur das akzeptieren, was schon immer richtig war  - in ihren Augen - und nichts Neues lernen können. Weniger hat Spießertum mit Gartenzwergen zu tun, eher mit Geschmacksverirrung. Dann gibt es natürlich „besorgte“ Bürger, für die alles Fremde eine Gefahr für Leib, Leben und was sonst noch alles bedeutet. Das ist für mich die schlimmste und gefährlichste Sorte. Aber eine andere Meinung als der Mainstream zu haben, ist weder eine Frage des Alters noch ein Zeichen, das man selber Spießer ist. 

Liebe Silvia, das sind meine Gedanken zu Spießern.

Herzlichen Dank, liebe Gertrud


Guten Tag, Gruß Silvia

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