Samstag, 30. März 2019

30. März 2019 - "Wie geht es dir?" - "Alles klar?"





Freundlich gemeinte Fragen.
Ehrliche Antworten unerwünscht?

Jeder kennt die schnell hingeworfene Frage nach dem Befinden eines anderen Menschen: "Geht es dir/ihnen gut?" "Alles klar" und ähnliche Floskeln werden sowohl in die Nachbarschaft hinein gefragt als auch von ihr abgefragt.

Das ist immer freundlich gemeint, aber wer erwartet darauf schon wirklich eine ehrliche Antwort? Besonders erpicht bin ich darauf, dass ein bestimmter Mann, der ganz in meiner Nähe wohnt, mir beinahe täglich dieselbe Frage nach meinem Befinden stellt. Da reagiere ich auch schon mal latent aggressiv, denn obwohl er sicherlich eine positive Neuigkeit in Form von "alles in Ordnung" hören möchte - gebe ich ihm lieber eine negative mit auf den Weg. Nicht immer, aber manchmal. Aus reiner Bosheit.

Ansonsten beantworte ich schnell die ohnehin weder ernst gemeinte noch ernsthaft bedachte Frage mit einem kleinen Lächeln.

Im Laufe der Zeit habe ich mir derartige Fragen abgewöhnt. Es sei denn, ich bin wirklich an einer Antwort interessiert. So habe ich vor ein paar Tagen bei Edeka eine weiter entfernt wohnende Nachbarin getroffen - und ich war definitiv an ihrem Wohlergehen interessiert. Leider geht es ihr nicht gut, und leider kann ich selber daran gar nichts ändern. Schlicht und einfach fehlt mir die Zeit. Aber als ich näher hinhörte, war klar, dass sie sowohl Kinder als auch Enkelkinder hat (das wusste ich zwar) ... und diese sich hin und wieder und öfter kümmern. Sogar gemeinsame Urlaube gibt es. Dass nun ihr Mann nicht mehr lebt und ihr fehlt ... daran ändert niemand etwas. Man muss eben frühzeitig damit anfangen, das Alleinsein nicht nur zu üben, sondern auch zu genießen.

Leicht gesagt, schwer getan.

Ich bin immerhin gerne mal allein. Und brauche keine ständige Ansprache um mich herum und an mich gerichtet. Manchmal kann ich ganz und gar die wortkarge Westfälin sein.

Wie sähe eine einzige Straße, auf der sich Leute begegnen, aus, wenn jeder, der die Frage nach seinem Befinden gestellt bekommt,

erst einmal eine umständlich lange Antwort heraus kramen würde?

Es würden viele Leute auf den Bürgersteigen stehen und sich unterhalten. Den einen würde diese Unterhaltung freuen, während ein anderer genervt nur an seinen nächsten Termin denkt - und nix wie weg will.

Oder auch:

Die Leute würde endlich voneinander erfahren, wie es ihnen wirklich geht. Vielleicht ergäben sich sogar übereinstimmende Schicksale, die zusammen schweißen und aus Nachbarn Freunde machen?

Im Allgemeinen jedoch bitten diese Art von Fragen nicht um wirkliche Antworten.

Man kann also fragen, wie es dem anderen geht ... muss man aber nicht. Meistens haben auch die Gefragten keine Lust auf eine wahre Antwort.

Frage und erwartete Antwort: Reine Höflichkeit. Nicht mehr, nicht weniger.


Guten Tag, Gruß Silvia


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