Samstag, 5. Dezember 2020

5. Dezember 2020 - Tod in Trier

 


Schlussstück

Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns
mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.

Rainer Maria Rilke



Tod in Trier

In einer vermutlichen Amokfahrt hat ein Mann in Trier fünf Menschen getötet. Darunter sind ein 9 Monate altes Baby und sein Vater.

Die Mutter und das Geschwisterkind liegen wie 16 andere Menschen verletzt in einem Krankenhaus.

Jeder einzelne dieser 5 Tode ist unbeschreiblich sinnlos. Jede Verletzung eine Wunde zuviel, die uns alle schmerzt.

Zusätzlich traurig, aber nötig ist es, dass sich nun Polizei und bald auch Gerichte mit dem Täter beschäftigen müssen. Was immer in einem Leben schief gelaufen ist, es gibt keinen Grund der Welt, dass es derart eskaliert und sich Bahn bricht, indem jemand andere Menschen involviert, die mit seinem Wesen und Werdegang nicht das Geringste zu tun haben.

Daher folgen hier keine weiteren Worte über den Mörder. Der ist die Worte und die Gedanken dahinter nicht wert.


Schmerzen

Ich weiß nicht, wie es der verletzten Mutter und Ehefrau und ihrem Kind nun geht und von welchen Verletzungen sie sich erholen müssen. Aber zudem belastet zu sein

mit den größten aller Schmerzen, macht jede Genesung schwierig. Niemals ist das Wort "wenn" so nahe wie nach solch einem Unglück:

Wenn man nur fünf Minuten später aus dem Haus gegangen wäre ... wenn man nur durch einen Stau behindert worden wäre, zur falschen Zeit in der Innenstadt von Trier anzukommen ... wenn man einfach nur wegen einem bisschen Unwohlsein zu Hause geblieben wäre ...

Von schwerkranken Menschen können Angehörige sich  verabschieden, und am Ende sehen viele den Tod dieses Menschen auch als Erlösung und Gnade an. Zumindest können wir solche Tode verstehen, weil jeder von uns sterben muss. Wenn möglich, jedoch in einem Bett ...

Ich greife mir dieses bittere Schicksal der überlebenden Frau und ihres kleinen Kindes heraus, obwohl mich die der anderen Menschen, die dem Mord zum Opfer gefallen sind, genau so betroffen machen,

aber bei diesen beiden könnte es - für die Mutter vor allem - zu nicht mehr heilbaren Wunden führen.

 Ihr anderes Kind ist auch noch klein, so dass es eines Tages den Vater und das Geschwisterchen nicht mehr vorrangig vermissen wird. Das kommt dann vermutlich in späteren Jahren zurück, wenn das heutige Kind begreift, was damals passiert ist.


Heilung?

Das ist schwierig. Und es kommt völlig auf die Stärke dieser so sehr seelisch und körperlich verletzten Frau an. Sie muss sich nach ihrer Genesung vorrangig um ihr überlebendes Kind kümmern -

wird sie das können? Hat sie die Kraft, diesem Kind die Mutter zu sein, die sie ihm vermutlich vorher war?

Alles ist anders nach solch einem ... ja, wie nennt man das eigentlich? ... es ist kein Unglück, das man nicht vermeiden konnte und das aus eigener Schuld passierte ... es ist erst recht kein Unfall ... und mit dem Wort Schicksal werfe ich nicht um mich.

Wie kann man mit solch einem Paket auf den Schultern ohne dauerhaften Schaden wieder ins normale Leben zurück finden?

Vielleicht niemals so ganz.

Die trauernde und selbst körperlich verletzte Frau braucht nun die Unterstützung ihrer ganzen Familie, und das auf lange Sicht.

Natürlich müssen Profis aus dem psychologischen Bereich versuchen, ihre Seele zu retten. Dafür gibt es keinen allgemein gültigen und stringenten Fahrplan. Das muss völlig individuell geschehen.


Zusammenfassung

Menschen fügen Menschen immer noch die schlimmsten Wunden zu. 

Es wird lange dauern, bevor die Mama des sinnlos verlorenen Kindes und des ebenso unwiderbringlich fortgegangenen Mannes  wieder lächeln kann, von Lachen gar nicht zu reden. Denn wenn es eine Steigerung von Verlust gibt, so erlebt das gerade diese mir unbekannte Frau. Es gibt kein tieferes Tal als das, in dem sie sich jetzt befindet.

Der Tod hat stets seine böse Hand mitten in unseren Leben, die er gegen uns erhebt - 

aber so und auf diese Weise schämt sich sogar der Tod.

Ich weiß nicht, was ich wünschen soll: Vielleicht, dass das Leben aller Angehöriger dieser unfassbar überflüssigen Todesopfer ihnen besonders viele

Sonnenschein-Tage parat hält.


Guten Tag, Gruß Silvia

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