Freitag, 4. Dezember 2020

4. Dezember 2020 - Der Weg geht dort lang, wo die Angst ist ...

 

Der Weg geht dort lang, wo die Angst ist ...

und es ist kein leichter Weg, an der Angst entlang zu laufen. Aber das Ziel vor Augen, die Angst zu verlieren, kann den Weg zu einer Herausforderung machen, die man unbedingt packen will und neben der man am Ende nicht wie eine Loserin stehen möchte.

Als Tochter eines Dachdeckers hatte ich es wohl in den Genen, keine Angst vor Höhe zu haben. Hatte ich auch lange nicht. Dann kam sie plötzlich und aus heiterem Himmel und in Frankfurt a. M. auf dem Fernsehturm: 

Die Höhe machte mich kirre. Dabei war ich zuvor oft auf dem Pendant in Dortmund gewesen und hatte mich pudelwohl gefühlt.

Jahrelang war ich diesen Ängsten ausgesetzt, die bereits auf hohen Brücken oder anderen Gebäuden begannen. In einem Hochhaus in einem oberen Stockwerk zu wohnen - es wäre undenkbar gewesen. Ich spürte dort oben, was auch vorhanden, aber von den meisten nicht wahrgenommen wird:

Das Schwanken dieser Gebäude und Brücken. Das dockte direkt an meinem Kreislauf an und stiftete unerhörte Verwirrung in meinem Kopf und machte meine Beine zu Pudding.

Als ich eines Tages durch die Innengänge eine Burg in Südengland betrat und plötzlich im Freien stand,

konnte ich nicht mehr weiter gehen. Keinen einzigen Schritt. Ich musste mich hinhocken und konnte nicht mal darauf warten, dass der Anfall vorbei gehen würde. Er ging nicht vorbei, so viel war sicher.

Nebenher war das Traurigste, dass mein Begleiter mir nicht glaubte, wie miserabel es mir ging. Er konnte Höhenangst in keiner Weise nachvollziehen, und ich konnte ihn verstehen.

Schließlich sah ich gefasst dem Schrecken in meinem Inneren entgegen, obwohl ich keinerlei äußere Symptome zeigte.

Doch ein Junge, vielleicht 10 Jahre alt, in unserer Nähe, hatte dieselben Gefühle wie ich: Und er äußerte sie entsprechend für sein Umfeld und weinte und flehte und zitterte, man möge ihn für immer hier bleiben lassen. Was natürlich nicht möglich war.

Dieser Junge "übersetzte" sozusagen meine Gefühle für meinen Begleiter, so dass er sie endlich verstehen konnte. Obwohl es mir nie wichtig war, dass andere sie verstehen.

Immerhin bin ich noch von jedem hohen Gebäude wieder herunter gekommen ... aber niemand soll mich fragen, wie. Manchmal war es auf allen Vieren.


Die Erlösung

Immer wieder hatte ich der Höhe trotzdem eine Chance gegeben. So war ich zum Beispiel hoch oben im World-Trade-Center oder im Empire State-Building. Vergebliche Mühe, es half mir nicht, die Höhenangst blieb. Man musste mir behilflich sein, ganz schnell wieder nach unten auf die sichere Straße zu gelangen.

In der Buchung für mein New Yorker Hotel hatte ich angegeben: Nicht höher als im 4. Stock.

Dann kam mein Yorkshire Robin in mein Leben. Und wieder standen mir Brücken im Weg, die zu seinem Lieblingswald führten.

Es ist eine längere Geschichte, die mit viel Eigen-Disziplin meinerseits und noch mehr Liebe für Robin begann,

aber nach einiger Zeit konnte ich diese Brücken nicht nur überqueren, ich konnte sogar sehr gelassen oben stehen bleiben und herunter sehen. Bis heute. 

Auch diese Brücke in Luxemburg-Stadt, die auf meinem Foto zu sehen ist und die immens hoch ist, war dann kein Problem mehr für mich.

So hat vielleicht jeder seinen eigenen Weg, an der (irgendeiner) Angst entlangzugehen oder auch zu schleichen. Es gibt keine Lösung meinerseits, Angst zu besiegen. In meinem Fall

war die Lösung meine Liebe zu Robin.


Guten Tag, Gruß Silvia 

1 Kommentar:

  1. Die Beklemmung konnte ich jetzt beim Lesen direkt spüren. Mir ging es lange Zeit genauso und ganz in Ordnung ist es bis heute nicht. Wir waren einmal auf einem Berg, mit der Seilbahn rauf und dann zu Fuß weiter auf den Gipfel. Bergauf ist gegangen, aber oben, als ich mich umdrehte und nach unten sah ..... mir ging es genauso wie es Ihnen auf der Burg erging. Ich musste mich hinsetzen und bin dann auf dem Allerwertesten nach unten zur Seilbahnstation gerutscht. Was natürlich zur Erheiterung aller Anwesenden inklusive meiner Angehörigen beigetragen hat. Es gibt sogar Fotos davon. Ich kann heut noch nicht wirklich drüber lachen.

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