Sonntag, 13. Dezember 2020

13. Dezember 2020 - Adventskalender 2020: Eine Kurzgeschichte in 24 Türchen: 13. Türchen: Das Hotel im Schneesturm



Adventskalender 2020
Eine Kurzgeschichte in 24 Türchen

13. Türchen
Das Hotel im Schneesturm

 Ronny goß dem Weihnachtsmann erst einmal eine Tasse Glühwein mit einem ordentlichen Schuss Rum ein und reichte sie ihm. Der stellte den mitgebrachten Jutesack zum Trinken und Genießen in eine Ecke des Raumes und blickte in die Runde.

"Ich denke, hier hat mich niemand erwartet", folgerte er, als er in die überraschten Gesichter sah.

Alle nickten zustimmend.

"Eigentlich sind wir Gestrandete", berichtete Markus, "unser Zug konnte nicht weiterfahren, und alle Insassen wurden in umstehenden Hotels oder Pensionen untergebracht. Aber ich glaube nicht, dass die anderen es so gut getroffen haben wie wir. - Hallo Nikolaus!"

Der Weihnachtsmann nahm den freundlichen Gruß mit einem gütigen Kopfnicken entgegen.

"Erinnerungen werden wach", sinnierte Mary und nippte an einem Whisky.

"Dafür ist der Heiligabend gemacht", antwortete der Verkleidete ... obwohl Mary in dem Moment dachte, dass er vielleicht überhaupt nicht verkleidet war, sondern einfach nur der Weihnachtsmann aus ihrer Kindheit, einer Zeit, in der es diesen Nikolaus noch gab.

"Ich fühle mich auch beinahe wie in meiner Kindheit", sagte Lotte, "irgendwie sehr geborgen, und auch mit einem bisschen Angst, was nun passiert."

"Und ich wollte, meine Zwillinge wären hier, dann wäre dieser Abend und diese Nacht für mich perfekt", fügte Klaas hinzu. Er freute sich bereits darauf, seinen Kindern alles über seinen so besonderen Heiligabend erzählen zu können.

Markus, etwas forsch, griff nach seinem Smart-Phone in der Jackentasche. Telefonieren konnte man im Moment nicht, aber fotografieren ging vielleicht. Er holte sich das Okay des Weihnachtsmannes und schoss anschließend ein Gruppenfoto. Harry nahm das Smartphone in seine Hand, um ein weiteres zu knipsen, auf dem Markus drauf war.

Es herrschte eine gute Stimmung. Die war nicht ausgelassen, sondern eher verhalten und nachdenklich. Aber insgesamt fühlte es sich sehr feierlich und sogar friedlich an.

Markus erinnerte sich an keinen Heiligabend, den er als schöner empfunden hatte. Er hatte ein Dach über dem Kopf, fühlte sich satt und in angenehmer Gesellschaft und ein bisschen beschwipst. Er prostete Klaas zu, der neben ihm saß, und auch allen anderen schenkte er sein zufriedenes Lächeln.

Der Weihnachtsmann stand noch immer mitten im Raum, denn er wollte nach dem Genuss seines Glühweines noch ein paar Geschenke verteilen.

Damit hatte niemand gerechnet ... Hatte das etwa die Deutsche Bahn organisiert? Wohl kaum, dachte Harry. Sie waren schon froh genug darüber, alle Passagiere und Angestellten sicher untergebracht zu haben. Auf die Idee, ihnen ein unvergleichliches Fest zu bereiten, käme wohl niemand - und schon gar nicht auf die Schnelle und an Heiligabend.

Das musste alles ein Geschenk des Himmels sein.

Copyright Silvia Gehrmann
Fortsetzung folgt

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