Montag, 7. September 2015

6. September 2015 - Tatort Luzern - "Ihr werdet gerichtet"



Ihr werdet gerichtet

Die Tatort-Sommerpause ist vorbei und geht mit einem, nein vielen Dum-Dum-Geschossen in die neue Saison. Es geht sofort voll ins Geschehen: Vor einem Haus werden zwei Männer erschossen, Blut spritzt, sie fliegen durch die Luft. Doch die Szenen der jeweiligen Morde sind so kurz, dass die ganze Aufregung darum nicht so wirklich zu verstehen ist.

Flückiger und Ritschard kennen den Täter nicht, während er dem Publikum von Anfang an bekannt ist. Noch grübeln sie über das Motiv des neuen Serienkillers aus einem wenig beschaulichen Straßenzug in Luzern - doch bald gehen auch in der Schweiz die Lampen an:

Der Mann nimmt das Gesetz in die eigenen Hände, weil die Exekutive und Judikative in seinen Augen in vielen Fällen versagt hat. Der eigenen Frau steht er nach ihrer ungesühnten Vergewaltigung hilflos gegenüber, denn sie dämmert emotionslos vor sich hin.

So müssen die Kommissare die ungeliebte Aufgabe übernehmen, Vergewaltiger auf freiem Fuß vor dem um sich ballernden Rächer zu warnen.

Doch die Morde gehen weiter ...

Dass der Zuschauer den Mörder nicht völlig verdammen kann, liegt in der Kuschelbär-Figur des leise aufspielenden Antoine Monet, dem man auch nicht unbedingt unterstellen mag, ein Psychopath zu sein - wenn auch seine Handlungen dem entsprechen. Außerdem ist es auch für Bürger, die sich nicht gleich zu äußersten Taten aufraffen, ein Unding, wenn U-Bahn-Schläger oder Vergewaltiger ohne Verurteilung fröhlich weiter leben oder mit einer milden Strafe davon kommen.

Und so geht Flückiger am Ende erschöpft in die Hocke, als er den Serienkiller und seine Frau tot auffindet. Es ist aber nicht so abgelaufen, dass - wie in einer bunten Zeitschrift geschrieben - der Täter sich und seine Frau getötet hat. Es war natürlich genau umgekehrt.

Ob das jetzt nach diesem und einigen vorhergehenden Tatorten ein Trend wird, mehr und mehr Opfer ins Spiel zu bringen, ist hoffentlich nur vorüber gehend und wird sich wieder "verlaufen". Wenigstens passten die vielen Morde hier zum Thema.

Dreieinhalb von fünf möglichen Sternen von hier. Vielleicht haben es die Schweizer jetzt geschafft, sich in der Tatort-Landschaft zu etablieren, versucht haben sie es auf jeden Fall.

Guten Morgen, Gruß Biene

1 Kommentar:

  1. Was für ein Einstieg!

    Ein Hauptdarsteller, dessen dunkle Augen in Sekundenbruchteilen wechselten von hilflos-gütiger Sanftmut zu brennendem Fanatismus und zielgerichtetem Präzisionskillen.

    Aber auch das begleitende Spiel von Misel Matevic, dessen "Branko" hatte das Töten im Balkankrieg, eben exakt dieser Einsatz als Heckenschütze, nachhaltig zerstört.
    Wie ein leise mahnender Unterton lief sein Part zunächst parallel zu den ersten Morden.

    "Das macht was mit dir, es zerstört dich" sagte er zu der emotional ertaubten Karin, die Branko, den Kaputten als einzigen an sich heran liess, mit ihm sprach, sich öffnete..

    Ausgerechnet er, der vermitteln wollte zwischen den beiden Freunden, entdeckte den Mörder beim Zurichten seiner Waffe in einem versteckten Keller.

    Er flehte ihn an, das Morden zu lassen, um seiner selbst willen, fast schien es, als könne er Gehör finden, bis Simon den Arglosen mit urplötzlicher Brutalität mit einem Vorschlaghammer erschlug.

    Vorher Richter und Henker, war er jetzt selbst zum Unrechts Täter geworden. ab nun lief der Mann Amok.

    Stark auch der Schluss, als Simon und Karin, endlich in Liebe vereint, sich selbst richteten.

    Stark auch die dargestellte Polizeiarbeit: Wieviele Menschen 24 Stunden, Listen abarbeiten, Daten checken, Klinken putzen, Fakten sichten, arkibisch, geduldig. Wie sie Informationen zusammenführen, Strategien entwickeln, das war auch sehenswert.

    Und last but not least: Wer hat sich nicht schon mal gewünscht, dem unverschämten Vordrängler ein SEK hinterher zu schicken?

    Also, ich kam gestern voll auf meine Kosten.
    Liebe Grüße Susi

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