Montag, 22. Dezember 2014

22. Dezember 2014 - Der Advents-Kalender - Weihnachten in London


Weihnachten in London

Der Traum schlechthin, dachte ich. So beginnen manche Träume. Geblieben ist, dass, wenn ich London mit Paris oder New York vergleiche - London meine Nummer Eins ist. Eigentlich gibt es keine Stadt für mich, die mit London mithalten kann. Swinging London, Inspiration für Künstler und Lebenskünstler. Ich hielt mich damals für etwas von Beidem, und ich war so jung, die Welt stand mir offen.

Mein damaliger Freund, ein Anästhesist, lud mich ein, über Weihnachten nach London zu fliegen.  Er hatte es schon mächtig schwer, mich zu beeindrucken - aber mit dieser Einladung hatte er den Vogel abgeschossen, ich war hin und weg. Nicht mehr so sehr von ihm, mehr von der Vorstellung, endlich ein paar Tage in meiner Traum-Stadt verbringen zu dürfen. Er selber war mir eigentlich zu langweilig, was an seinem Beruf liegen musste: Er bekam immer mehr von dem Lachgas ab als ihm gut tat.


Ich freute mich  auf Swinging London. Auf die verrückte Mode und die verrückten Leute. Da wollte ich mittendrin sein. Und so fuhren wir mit seinem Auto nach Düsseldorf, er parkte es irgendwo in der Stadt - und wir fuhren weiter zum Flughafen. Dann ab nach London-Gatwick. Eine Stunde und wir waren dort. Unser Hotel lag ganz nahe am Paddington-Bahnhof. Es war schon Abend, und viel passierte nicht mehr. Wir nahmen einen Drink in der Hotelbar und ich genoss die  Unterhaltung. Ich hätte mich zwar viel lieber sofort ins Nachtleben gestürzt, er nicht. Da ich aber immer schon rücksichtsvoll unterwegs war, so war ich es auch in London.

Der nächste Tag war Heilig Abend. Er hatte sich ausgeschlafen, ich war sowieso immer ausgeschlafen - und wir streiften den ganzen Tag durch die bunte Stadt meiner Träume. Für den Abend hatten wir uns eine Disco ausgesucht. Dort wurde erst einmal meine Handtasche nach Bomben durchsucht (natürlich nicht nur meine, sondern alle), was ich zwar befremdlich fand, aber durchaus angebracht und auch lustig. Gleich danach bekam jeder von uns irgendein Hütchen. Mir gab man eine Krone. Glatt hätte man mich für die Queen halten können, natürlich nur, wenn sie jünger gewesen wäre. Es gab auch mal Fotos von diesem Heiligen Abend, der eher wie Karneval rüber kam - aber die hat der Typ später an sich gerissen und behalten.

Das ließ sich ja wunderbar an, dachte ich, als ich am frühen Morgen ins Bett fiel. Aber da hatte ich die Rechnung ohne den Gastgeber London gemacht: Denn am 1. Feiertag war Feierabend mit lustig. Im Hotel gab es noch Lunch, dann gab es gar nichts mehr. Wir streiften durch die Stadt, alles, was bunt und rund gewesen wäre, hatte geschlossen. Schließlich, oh happy in an unhappy day - da war ein Lokal, und das hatte geöffnet. Der Freude folgte sogleich die Enttäuschung: "Gentlemen only" stand auf einem Schild. Na, super! Es war nichts zu machen: Die Stadt war geschlossen.

Irgendwie brachten wir auch diesen traurigsten aller Weihnachtstage hinter uns. Am nächsten Tag waren wir leider so weit zerstritten, dass ich mich viele Stunden vor unserem Heimflug allein auf den Weg durch London machte. Wenigstens wollte ich noch einiges besichtigen. Immer mehr kam ich von meinem Ausgangspunkt fort. Nun gut, mein Hotel lag an einer berühmten Adresse, ein Taxifahrer würde den Weg schon kennen. Nur fand ich leider nirgendwo ein Taxi. Auch kein Bus fuhr. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich letztlich doch noch zum Hotel zurück gefunden habe. Aber ich fand zurück. Wir fuhren dann schweigend zum Flughafen, stiegen schweigend in den Flieger ein - und ab ging es Richtung Düsseldorf.

Dort wollten wir in seinen Wagen steigen, um nach Hause zu fahren. Er zu sich, und ich zu mir. Aber so ganz glimpflich konnte auch die Parksituation bei diesem verfahrenen Weihnachtsfest natürlich nicht ausgehen: Der Wagen war abgeschleppt worden. Das auch noch!

Wir brauchten nicht mehr viele Worte, wir hatten uns längst getrennt. Ich war noch oft in London, selbstverständlich ohne ihn.

Gruß Biene

2 Kommentare:

  1. Kommt mir extrem bekannt vor: Auch ich war zum erstenmal in London, mit dem falschen Kerl als Klotz am Bein. Ebenso in Paris und Florenz, das haben diese wunderbaren Orte wirklich nicht verdient. Spätere Besuche - allein, oder in besserer Begleitung - haben bei mir gerade auch zu London und den Briten eine dauerhafte Zuneigung wachsen lassen. Meine Schwester war Ende der 70er ein Jahr als Aupair in London bei einer sehr lieben Familie, ich durfte sie dort wochenlang besuchen.
    Was mir immer besonders gefiel, war die Liebenswürdigkeit, Höflichkeit und Toleranz der Engländer. Wir Mädchen hatten damals einen ziemlich exzentrischen Kleidungsstil, das war im alltäglichen Umgang in London nie ein Thema, sobald man aber in HH gelandet war, erntete man prompt wieder schiefe Blicke...
    Anästhesist, das ist ja interessant, man munkelt ja immer, die seien ihre besten Kunden?
    Was für schrottige Weihnachten, arme Silvia, aber ich finde immer, solche Desaster sind für später doch die allerbesten Anekdoten.
    Guckst du heute auch dieses Schrumpf P.D? Ich kriege das zeitlich momentan nicht hin.
    Liebe Grüße aus dem waagerechten Regen sendet Susi

    AntwortenLöschen
  2. Ja, hätte ich damals geahnt, dass ich mit der verschrotteten Weihnacht nicht alleine bin - es wäre mir mehr zum Lachen gewesen. - lol
    Ich gucke das, kann es aber nicht von Anfang an sehen, sondern erst ab 19.00 Uhr. Vermutlich werde ich mich auch gar nicht daran erinnern, obwohl es eine Wiederholung ist. Damals habe ich - glaube ich - noch nichts dazu geschrieben.

    Ganz liebe Grüße Schwester Viktualia

    AntwortenLöschen