Samstag, 3. Oktober 2015

3. Oktober 2015 - WDR/Geschichten - Ekel Alfred und sein Besuch aus der Ostzone


Alternative Fakten
Ekel Alfred bekommt noch immer

Besuch aus der Ostzone

Seit vielen Jahren schon lebt Ekel Alfred in einem betreuten Wohnen für ehemalige Anti-Sozialisten und wird von seiner Else rundum betüddelt. Sie liefert ihm die Stichworte, aufgrund denen er seine 70er-Jahre-Kontras loslassen kann, und so leben die beiden einigermaßen und konsequent wie immer ihr Spießer-Dasein. Dass Helmut Schmidt noch lebt, bereichert Alfreds Leben ungemein, denn er kann den Kettenraucher und Erben Brandts weiterhin für die eingeschränkte Reisefreiheit mancher Bürger aus der Ostzone verantwortlich machen.

Und Jahr für Jahr wieder trifft Otto Graf in Alfreds Ruhrpott-Heimat ein und will mit dem Ekel ein Bierchen trinken und sich von ihm beleidigen lassen. Otto Graf ist noch voll auf Toto und genießt den Status als Witwer. Leider haben ihn Sohn und Schwiegertochter nie zu einem Großvater gemacht, und so teilt er dieses Schicksal mit Alfred.

Alfred seinerseits ist vom gemeinen Schweinebraten zum Wildschweinbraten übergegangen, beim Rotkohl ist er geblieben - und als Koch hat er auch nichts dazu gelernt. Aber es bereitet ihm die größte Freude, dem ungebetenen Gast aus der Ostzone jedes Jahr wieder zu zeigen, was Essens-Kultur hier im Westen heißt.

Nachdem die beiden im Lokal um die Ecke auf ihre Brüderschaft getrunken haben, holt Else die süßen Alten mit dem Geliebten ihrer sehr späten Tage, dem intelligenten Briefträger Schäfer, ab. Schäfer kennt alle Postleitzahlen auswendig, und nach der Wende musste er seinen Kopf immens strapazieren, um sich zu wenden.

Dann zeigt Alfred Otto, was Eigentum bedeutet und deutet dabei nicht nur auf Else, sondern auch auf den neuen Flat-Screen - in dem wieder irgendein Fußball-Spiel läuft, an dem die beiden sich reiben können.

Alfred meint, Else habe den hinteren Teil von seinem Fernseher - bösartig wie sie sei -  auf den Müll geworfen, und er wundert sich, dass der trotzdem unverdrossen gute Bilder liefert. Schwarz-Weiß kann der Böse nicht mehr von Farbe unterscheiden, denn seine Augen sind trübe geworden.

Aber nicht so trübe, dass er nicht noch bemerkt, dass Helmut Schmidt nicht mehr der Super-Schönling in der falschen Partei ist, sondern Federn gelassen hat. "Die Sozis altern eben vorschnell", meint Alfred und prostet Otto jovial zu.

Und so wird der "kommunistische Roboter" Otto auch im nächsten Jahr wieder anreisen, um seinen besten Kumpel Alfred zu besuchen und sich von ihm gehörig runterputzen zu lassen.


Guten Tag, Gruß Silvia


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