Freitag, 19. Januar 2018

19. Januar 2018 - Alternative Fakten: Die folgende Geschichte steckt ganz bestimmt nicht hinter diesem Foto

Alternative Fakten -
Die folgende Geschichte steckt ganz bestimmt nicht hinter diesem Foto:

Danke, Friederike!

Auf der regennassen Straße verfärbt sich das einst als Brautkleid gedachte voluminöse Gewand langsam straßengrau, und genau so ist es gedacht.

Der Schleier fehlt bereits gänzlich, denn er wurde vom Orkan "Friederike" erfasst, als die Braut in einem plötzlichen Anfall von tiefer Erkenntnis aus

der Kirche lief, Bräutigam stehen und Hochzeitsgemeinde ratlos zurück ließ, während die Brautjungfern verblüfft kichernd an einen Irrtum glaubten.

Doch es handelte sich um kein Versehen der Braut, denn an diesem von "Friederike" dominierten Tag lernte sie kurz vor knapp ihren Bräutigam mal so richtig kennen:

Als der Orkan noch als Wind ums Haus strich, in dem beide lebten, zog er sich in eine Ecke zurück und fürchtete sich, und vor allem ängstigte ihn das, was der Wetterbericht ansonsten noch verhieß.

Sie jedoch zog sich an und ihn aus dem Haus, denn schließlich sollte es ihr Hochzeitstag werden, und im Grunde genommen konnte der ja nicht

stürmisch genug sein.

Er spannte einen Regenschirm über seinen und nur über seinen Kopf auf, denn es regnete auch noch. Der flog ihm rasch zur Seite und ihr an den hübschen Kopf,

was sie ein wenig sprachlos machte, denn wer spannte bei Sturm schon einen Schirm auf, weil er Angst um seine Frisur hatte?

Schließlich saß der zukünftige Verlassene im gemeinsamen Auto, und sie knubbelte ihr Brautkleid so weit zusammen, dass er noch genug Platz hatte,

als eine Böe das Auto gegen ein anderes rammte. Da fing der Mann doch tatsächlich an zu weinen, denn er hatte sich den Kopf gestoßen

und außerdem liebte er dieses Auto heiß und innig.

Sie stieg aus, um dem Unfallgegner mal so richtig einzuheizen, obwohl weder dieser noch sie hier schuldig waren:

Jener sah sie in ihrem weißen Kleid und zog sogleich seinen Mantel aus, den er schützend darüber legte.

Irgendwie schaffte er es, dem verunfallten Auto zu entsteigen - und der fremde Mann fuhr sie in seinem, das weniger beschädigt war,

zur Kirche.

Ein bisschen wehmütig sah der Fremde sie darin verschwinden, während sie ihm einen langen Blick zurück zuwarf.

Vor dem Traualtar fiel ihr plötzlich der Hund ihrer Mutter ein und ihr Lieblingsspruch bezüglich Hunden kam gleich danach in ihr Gedächtnis:

... der Hund bleibt dir im Sturme treu ... der Mensch Mann nicht mal im Winde.

Und schneller noch als Friederike floh sie in Windgeschwindigkeit, die ihresgleichen sucht, aus der Kirche -

wobei ihr der Schleier vom Kopf wehte -

direkt in die Arme des Fremden, der dort immer noch stand.

"Danke, Friederike!" sagte er - und umarmte die Braut.

"Ich heiße Irma", erklärte sie, und sie küssten sich.

"Und ich Kyrill."

Gemeinsam stellten sie das Kleid später auf die Straße - warum, wieso, weshalb ... weiß man nicht, aber wer möchte, kann einen Augenblick darüber nachdenken,

ob man zur falschen Gelegenheit nicht vielleicht auch obendrein noch falsch gekleidet ist.


Guten Tag, Gruß Silvia




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