Samstag, 28. Januar 2017

28. Januar 2017 - DVD-Kritik: Cafe Wernicke - Eine Collage zwischen 1925 und 1952 - Und eine Mahnung, dass ähnliches nie wieder passieren darf.

Darsteller:

Peer Schmidt
Almut Eggert
Ursula Hoyer
Harald Juhnke
Johanna von Koczian
Dieter Thomas Heck u. v. a.

Buch: Rolf Schulz unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Joachim Fest
Regie: Herbert Ballmann

Erstausstrahlung in der ARD 1980
Auf DVD seit 2006


Cafe Wernicke

Stellvertretend für viele andere Orte in den Jahren zwischen 1925 und 1952 treffen in einem Berliner Cafe eine Handvoll Menschen aufeinander. Die einen durchleben diese Zeit gemeinsam, während die anderen sich dem Zeitgeist, den Nationalsozialisten, angeschlossen haben,

und ihre eigenen Rechnungen in den Leben anderer Menschen präsentieren.

Im Cafe Wernicke leidet die verwitwete Inhaberin 1925 unter der Inflation und heiratet schließlich ihren Konditor Franz Lampe. Der gemütliche Stammtisch in ihrem Cafe  besteht aus einem Professor, einer Journalistin, einem jüdischen Maler und dem Lebemann Fritzenstein. Trotz widriger Umstände erfreuen sich alle des Lebens, das sie bei Kaffee, Cognac und Kuchen durchkauen.

Doch die Schatten kommen näher - und die SPD kann den Wahlsieg der Nazis nicht verhindern. Die Sitten werden rauer, Menschen entscheiden sich

für die eine oder andere Seite.

Beinahe möchte man sich, aus der Zukunft hineintransportiert, an den Stammtisch setzen und allen versichern, dass es nicht so schlimm kommen wird wie die intellektuelle Versammlung dort vermutet.

Leider kann man weder das eine - noch kann man sie trösten, denn es kam - wie wir alle wissen - noch viel schlimmer.

Im selben Haus wie das Cafe Wernicke wohnt der noch nicht volljährige Junge der Elmaus. Als einziger in der Familie - in der Schule dazu erzogen - ist er ein begeisterter Anhänger Hitlers.

Als er den Drang, den ganz dringenden und leidenschaftlichen, hat, zur Waffen-SS zu gehen, stellt sich heraus,

dass er mütterlicherseits einen jüdischen Urgroßvater hat. Die Konsequenz für das Kind: Er nimmt sich auf dem Dachboden das Leben.

Bernhard Blumenau (Stefan Behrens) gehört dem Stammtisch an und ist ein jüdischer Maler - auf seiner gut organisierten Flucht ins Ausland passiert Unvorhergesehenes - und niemand sieht ihn je wieder.

Noch zu erwähnen wäre Matschinski (Harald Juhnke), der eigentlich keine andere Gesinnung kennt als seinen Geldbeutel. Daher fabriziert er erst Fahnen für alle Parteien - und nach der Machtübernahme durch die Nazis arbeitet er für diese. Aber selbst nach 1945 fällt er wieder auf die Füße.

Es passiert sehr viel in diesem aus 20 Teilen und je ca. 30 Minuten dauernden Mehrteiler, und als Zuschauerin ist man froh,

dass immer wieder das Cafe im Mittelpunkt steht - und all die Gräueltaten mehr angedeutet als gezeigt werden.

Eine sensible Umsetzung und Verarbeitung der schlimmsten Zeit, die man auf dem Buckel der Vor-Vergangenheit hat.

Die Schauspieler spielen ohne Ausnahme in der ersten Liga - da zähle ich sogar Dieter Thomas Heck dazu, der seine Rolle mit dem nötigen Ernst und dem notwendigen Humor verkörpert.

Und noch einmal möchte man in den fünfziger Jahren ins Cafe gehen, wenn sich alles entspannen kann und der Neubeginn jedem, der dieses Jammertal überlebt hat, einen Start bei Null, aber immerhin einen Start, gönnt.

Insgeheim wundert man sich, dass damals nicht mehr Menschen verrückt geworden sind nach allem, was sie durchmachen mussten -

und das nie nie wieder in einer ähnlichen Art wie dieser

geschehen darf.


Guten Tag, Gruß Silvia




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