Freitag, 21. August 2015

21. August 2015 - Aus dem Bienen-Kästchen - Für Menschlichkeit

Dieses Foto habe ich in Mombasa gemacht, es zeigt keine Flüchtlinge, trotzdem benutze ich es als Synonym


Ein menschliches Drama

Wer wie - heute am frühen Morgen - ein Mann, der genüsslich vor einer Bäckerei seinen Kaffee schlürft - und dann krass und boshaft über Flüchtlinge vom Leder zieht mit Worten, die ich hier nicht wiederholen kann - sollte sich mal fragen,

wo vielleicht seine Wurzeln liegen. Und vor allem sollten er und viele andere sich die Frage stellen, was den Menschen ausmacht.

Wie so viele ist auch meine Mutter als Kind mit ihrer Mutter aus dem damaligen Ostpreußen nach Dänemark geflüchtet. Ihr Leben lang hat sie diese Erlebnisse nicht vergessen können und ob sie sie je verarbeitet hat, ist ungewiss. Denn sie hat zum größten Teil darüber den Mantel des Schweigens ausgebreitet, als helfe er ihr, die schlimmen Lagerzustände vergessen zu machen.

So sind auch viele, die heute ihren Müll über z. B. die Facebook-Gemeinde ausschütten, auch vermutlich familiär betroffen von einem ähnlichen Schicksal wie es nun viele Flüchtlinge trifft, die nicht mehr ein noch aus wissen - und den gefährlichen Fluchtweg in Kauf nehmen ...

um hier und in anderen Ländern dann wiederum anderen Gefahren ausgesetzt zu sein. Immerhin befinden sie sich in Freiheit, wenn auch in keiner, in der sie rundum willkommen sind.

Was macht den Menschen aus? Seine Menschlichkeit doch! Und die macht eben nicht vor der eigenen Haustür und den eigenen Belangen halt. Die bezieht das Globale mit ein.

Man mag über Til Schweiger denken, was man will: Ich selber habe ihn bereits in der Lindenstraße als schlechtesten Schauspieler von allen ausgemacht. Und ich denke, er dreht seine Filme im Hinblick auf große Erfolge und Filmpreise, weil sie polarisieren und auch - und das ist meiner Meinung nach ein bisschen verwerflich - auf die Tränendrüsen drücken. Siehe sein "Honig im Kopf". Ansehen will ich mir den Film nicht, ich kann mir aber gut vorstellen, wie ein bemittleidenswerter alter Mann und sein Enkelkind agieren ...

Dass Til Schweiger jedoch für Flüchtlinge Sachspenden sammeln lassen möchte - nichts weiter zunächst - und dann schlimm beschimpft wird auf seiner Facebook-Seite, zeugt von einer unglaublichen Härte und gnadenlosen Rohheit, die in der Bevölkerung hoffentlich weniger verbreitet ist als angenommen.

Als er daraufhin seinerseits die Leute (aus gutem Grund) beschimpft, kommt das Rad ins Rollen ... Erst trifft er sich mit Sigmar Gabriel, dann tritt er in einer Sendung auf, in der er den CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer beschimpft. Sicher ist Til Schweiger im Recht, sich um die im Moment Ärmsten der Armen kümmern zu wollen - nur die Wort-Mittel sind fragwürdig. Und schon ist von alkohol-umwehter Meinungsäußerung die Rede.

Doch das ist erstens unbewiesen und spielt zweitens keine Rolle: Er hat sich als mitfühlender Mensch geoutet - und obwohl dies ihn mir persönlich als Schauspieler nicht näher bringt - finde ich es menschlich gesehen große Klasse.

Wo bleiben da eine Helene Fischer oder ein Herbert Grönemeyer? Von Helene kann man wohl keine positiven oder überhaupt Äußerungen erwarten - da sind ihre Trend-Scouts vor, die warnen: Begib dich nicht auf die Seite von armen Flüchtlingen, das schadet der Karriere!

Vielleicht befürchtet sie auch nur unter den vielen Flüchtlingen gar wunderbare Sängerinnen, die ihr schnell den Rang ablaufen könnten. Da der Name Helene mittlerweile ein Synonym für Dumm ist - wird sie sich vermutlich gar nichts dabei denken. Hauptsache, das eigene Leben ist golden ...

Udo Jürgens hätte seine Stimme erhoben. Vielleicht hätte er sogar Til Schweiger unterstützt in seinem Plan, ein eigenes Flüchtlingsheim hochzuziehen. Und bestimmt hätte er ein Lied über all die Schweiger und Dummschwätzer - zu denen dieser Til nicht gehört - geschrieben.

Manchmal hilft schon ein bisschen Nachdenken und Mitfühlen.

Guten Tag, Gruß Biene


2 Kommentare:

  1. Ganz genau, liebe Silvia: Til Schweiger hören und Augen verdrehen - das geschah bei mir bislang quasi synchron. Nun hat sich mein Eindruck durch sein entschiedenes und lautes - und vor allem vollkommen unintellektuelles - Eintreten für die Not der Flüchtlinge, komplett gewandelt.

    Ich bin schwer beeindruckt! Und es wäre großartig, wenn noch viel mehr wirklich Prominente ihren Status dafür nutzen würden. Die können doch nicht alle ihr Mitgefühl abtrainiert haben.
    Der positive Effekt wäre gigantisch - endlich gäbe es Vorbilder, denen nach zu eifern Sinn machte und die Gegenwart verbessern könnte.
    Kriegt die Klappe auf Leute, es kann euch doch nicht gleichgültig sein.

    Hoffen wir, Silvia, das andere folgen - jedenfalls ist ein Til schon mal einer, mein neuer Held (in aller gebotenen Skepsis)

    Danke wie immer für einen solchen Beitrag, liebe Grüße Susi

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    1. Was wäre auch ein Blog, der sich nur mit den Spaßfaktoren beschäftigt. Manchmal muss man auch Flagge zeigen.

      Ich wünsche dir und deiner Familie einen schönen Abend und grüße besonders dich, meine Susi. Deine Silvia

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