Donnerstag, 24. Dezember 2015

24. Dezember 2015 - Adventskalender 2015 - 24. Türchen - Weihnachten in meiner Kindheit





Weihnachten in meiner Kindheit


Und ich schwöre - spätestens am 1. Weihnachtstag lag immer Schnee über Dortmund. Und wir Kinder holten unsere Schlitten aus den Kellern und trafen uns an einem beliebten, unheimlich steil bergab gehenden Weg, der zum Runter-Schlittern nur so einlud.

Vor einiger Zeit war ich mal wieder in Dortmund - und bin mit Absicht an genau diesem "Berg" vorbei gegangen. Und ich musste feststellen, dass sich Proportionen verschieben, je länger die Erinnerung her ist oder je größer man selber geworden ist:

Der Mountain High ist ein kleiner Hügel. Gerade mal für jüngere Kinder geeignet, damit ihnen nichts passieren kann.

Doch egal, damals war er eine Herausforderung ...

Eine kulinarische Herausforderung war jedes Weihnachtsfest auch für meine Oma. Sie plante um das traditionelle Pfefferpotthast an Heiligabend und das Kaninchen am 1. Weihnachtstag herum - schließlich wollte sie alle glücklich machen. Die Familie bestand aus meinen Eltern, meinem Onkel - ihrem anderen Sohn - seiner Frau und meinem Bruder Heinz und mir.

Dazu reiste sie von dem einen in den anderen Vorort Dortmunds und war mit Sicherheit an jedem Weihnachtsfest die glücklichste Frau weit und breit. Diese Erinnerungen sind auch nicht verblasst, als sie später dement geworden war.

Es war Omas großer Auftritt, ohne dass sie sich jemals in den Mittelpunkt gestellt hätte.

Ein Weihnachten ist mir etwas negativ im Gedächtnis geblieben, weil ich schon im Vorfeld meine kindlichen Illusionen durch einen reinen Zufall verlieren musste:

Ich guckte von Omas Schlafzimmerfenster hinaus in den weitläufigen Garten. Und da geschah, was ich nicht geahnt hatte. Ich sah Onkel Hardy (ein Cousin meines Vaters) wie er ein Kaninchen aus dem Stall holte - und ihm die Kehle durchschnitt.

Vorher hatte ich nie darüber nachgedacht. Vor der Freude kommt das Töten? Nein, keinen Kaninchenbraten an Weihnachten für mich. Bis heute übrigens.

An Heiligabend nun kamen am Nachmittag mein Onkel Franz und seine Frau Inge zu uns. Alle hatten sich fein gemacht, während Omas schickes Kleid unter einer großen Schürze verborgen war - die sie kaum mehr ablegte an den Feiertagen.

Gegen 17.00 Uhr wurde die Wohnzimmertür abgeschlossen, und die Bescherung - insbesondere für uns beiden Kinder - vorbereitet.

Danach oder davor? - ich habe es vergessen, glaube aber, dass wir vorher gegessen haben - gab es Pfefferpotthast. Mit Salzkartoffeln und Rote Bete. So isst man das in Dortmund. In Westfalen.

Irgendwann gingen Heinz und ich ins Bett, während Oma im Kreise ihrer Söhne und Schwiegertöchter das einzige Glas Alkohol des Jahres trank: Einen Eierlikör.

Der nächste Tag begann nach dem Frühstück mit Gesellschaftsspielen und meinem detektivischen Auge auf meinen Weihnachtsteller. Wenn ich nicht aufpasste, stiebitzte Heinz davon. Im Endeffekt konnte ich den Mundraub jedoch nie ganz verhindern. Er war der Süßigkeitsverfressene in der Familie, während mein Teller ohne ihn bis Ostern gereicht hätte.

Meine Mutter fand das lustig, weil sie alles lustig fand, was Heinz machte - während sie mir Humorlosigkeit vorwarf (was sie übrigens häufig tat).

Am 2. Feiertag endete die stets schöne Familenzusammenkunft, indem Onkel, Tante und Eltern in der Gaststätte Möllmann andere Verwandte trafen, während wir mit unserer geliebten Oma, die jedesmal völlig erschöpft sein musste, allein zurück blieben.

Wie schön ist es, diese Erinnerungen teilen zu können.

Ich wünsche allen einen schönen Heiligabend, Gruß Biene

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen