Dienstag, 1. Dezember 2015

1. Dezember 2015 - Adventskalender 2015 - 1. Türchen - Mary, Joe und Jesus


Mary, Joe und Jesus

Nach über zweitausend Jahren dachte sich Gott, dass er diese Geschichte einmal modifiziert in die Welt tragen müsse. Er entschied, dass es diesmal in den USA stattfinden sollte und so nahm die biblische Geschichte ihren zweiten Verlauf:

Ein heftiger Hurricane tobte in Florida, und Joe, der Schreiner, der sein Haus aus Holz gebaut hatte, stand bald vor den Trümmern seiner Existenz. Und neben ihm stand seine Frau Mary, hoch schwanger, aber voller Gottvertrauen in die Zukunft blickend. Natürlich würde Gott das Schlimmste verhindern, wenn es um die Heilige Familie ging, denn dieses Kind sollte ja unbedingt geboren werden.

Trotzdem packten sie das, was von ihrem Hab und Gut übrig geblieben war und fuhren in ihrem uralten Van in Richtung Nord-Westen. Etwas Besseres als hier gab es überall. Und die Hände eines Schreiners würden immer genug zu arbeiten haben. Sie durften also zuversichtlich sein.

Sie entkamen dem schlimmen Hurricane und landeten in einem kleinen Ort, der Hope hieß. Mary bekam die ersten Wehen, und daher mussten sie in diesem Ort bleiben, der so gar nichts von seinem Namen auf die Umgebung oder die Bewohner transportiert hatte: Hier gab es nur Hoffnungslosigkeit, Arbeitslosigkeit und triste Häuser und Straßen.

In dem einzigen Hotel fanden sie Unterschlupf, und es war wirklich kein Platz, in der eine Frau ihr Kind bekommen sollte. Aber das nächste Krankenhaus lag zu weit entfernt - und es war nicht Gottes Plan, dass sein Kind in einem Hospital auf die Welt kommen sollte.

Ein gelangweiltes junges Mädchen saß am Empfang und sah erschreckt auf Marys dicken Bauch. Das wird hoffentlich keine Komplikationen geben, dachte sie, und reichte den Neuankömmlingen den Schlüssel für ein schäbiges Zimmer.

Dort gaben sich Kakerlaken und Schaben ein Stelldichein, aber Mary schob ihre Umgebung beiseite und freute sich nur auf ihr Kind. Am frühen Morgen des 24. Dezembers wurde es geboren.

Doch es kamen keine Heiligen Drei Könige, denn es gibt sie nicht mehr, diese Art von Königen. Es strahlte kein Stern über dem tristen Hotel. Auch eine Krippe fehlte natürlich, und das Kinderbettchen, das die unlustige Angestellte ins Zimmer schob, begleitete sie mit den Worten: "Jetzt erhöht sich der Zimmerpreis".

Und die einzigen, die dem Neugeborenen huldigten, waren schließlich Kakerlaken und Schaben, und Gott freute sich über diese seine Geschöpfe.

Dennoch hatten sich weder Mary noch Joe ihren Heiligabend und Jesus' Geburt so vorgestellt. Und Gott sowieso nicht. Es würde lange dauern, bevor Gott den Amerikanern dieses Verhalten verzeihen würde ...

Einen schönen Adventstag wünscht Biene


4 Kommentare:

  1. Danke liebe Silvia, schöne Geschichte, die sich irgendwie festsetzt im Kopf. Als eine Art Gedankenexperiment:

    Wie das wohl mit Dschiesiss so weitergehen wird, als Underdog in USA. Oder eben auch nicht - ist ja das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

    Nach dem Leben des Brian ist so ziemlich alles vorstellbar, allways look on the bride side of life, gell?

    In diesem Sinne herzliche Grüße von Susi

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  2. Antworten
    1. "Das Leben des Brian" musste ich gerade mal googlen, ich kenne den Film nur dem Titel nach.

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    2. Ist vielleicht ja meinem allzu albernen Character geschuldet, aber ich liebe diesen Film, kann gar nicht sagen, wie oft ich dieses Statement gegen jede Art von Fundamentalismus schon gesehen habe.
      Gute alte Monty Python Truppe...
      Schlaf schön, Susi

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