Samstag, 13. August 2016

13. August 2016 - Rezension über das Buch "Und dahinter war die Hölle"





Diese Rezension ist keine Gefälligkeit, sondern sie beruht auf dem Lesen dieses Buches - und nicht auf einer Verabredung unter uns dreien.

Und ohne den Inhalt der Buch-Kritik zu kennen, haben Martina und Sabine mir dennoch erlaubt, die Fotos zu benutzen. Vielen Dank dafür, und für ihr unendliches Vertrauen. Ich bin die Letzte, die dies enttäuschen würde.


Und dahinter war die Hölle

Die beiden Schwestern Martina und Sabine, die eine geboren 1958, die andere, Sabine, 1971, haben sich auf 403 Seiten ihre desaströse Kindheit

von der Seele geschrieben. Als könne man die Worte, kaum hat man sie aufgeschrieben, auf ewig von der eigenen Psyche trennen.

Der gewalttätige Vater, die zum größten Teil untätige Mutter (die dann jedoch Sabine etwas antut, das allem die Krone des abgrundtief Bösen aufsetzt), die vielen Menschen, die etwas geahnt haben mussten,

aber nicht mutig genug waren, weitere Schritte zu unternehmen. Manche haben kleine Heldentaten begangen, die großen blieben aus.

Man müsste definitiv in diese Zeit zurück gehen können, als die beiden Mädchen Kinder waren, eine Ahnung von der damaligen Polizei und den Jugendbehörden haben,

um gegen die Mitwisser etwas Neutrales sagen zu können.

Und das ist schwierig. Es war, ganz banal gesagt, eine andere Zeit. Gut, dass die vorbei ist.

Das Buch ist in einer sehr einfachen und verständlichen Sprache gehalten - sich hier literarisch auszutoben, wäre sowieso nicht unbedingt der bessere Weg gewesen. Das hätte zuviel Distanz zum Leser, zur Leserin geschaffen.

So erfährt man hautnah, quasi aus den Kinderseelen direkt gesprochen, was damals den beiden Mädchen an Schrecklichem angetan wurde.

Manchmal möchte man einfach nur noch selber böse werden - gegen diesen Vater, gegen diese Mutter.

Eigentlich wollte ich dieses Buch überhaupt nicht lesen (vor dem Interview habe ich das auch nicht getan) - aber dann lag es vor mir

und als ich das so ganz peu à peu und im Slow-Motion lesen wollte,

bemerkte ich schnell,

dass ich die Lektüre nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Obwohl ich normaler Weise wirklich nicht derart traurige und vor allem wahre Geschichten bevorzuge.

Meiner Meinung nach sind die Mädchen als Kinder in eine Art Autismus geflohen, um überhaupt überleben zu können.

Dass Martina die jüngere Sabine nicht schützen konnte, war sicher eine besonders harte Nummer für beide.

Als die damals bereits 46 Jahre alte Mutter Sabine erwartete, habe ich so sehr gehofft, dass diese erst gar nicht zur Welt kommt.

Doch ich habe ja letztens mit beiden gesprochen - und wusste, das besagt ja auch die Autoren-Angabe, auf dem Cover,

dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung geht. Und es ist gut, dass es Sabine gibt, sie ist eine überaus herzliche Frau.

Mit sieben Jahren muss Sabine noch einmal durch eine speziell für sie bereitete Hölle, initiiert durch die eisige Kälte der Mutter.

Die unbeantwortete Frage bleibt, warum Menschen wie dieser Mann und diese Frau, so werden konnten wie sie waren.

Auch, wenn nichts auf der Welt als Entschuldigung dienen könnte, gar nichts.

Ledigleich der Selbstmord des Vaters könnte eine Art Flucht vor der eigenen Person und der Hölle in sich selber gewesen sein ... vielleicht.

Unbedingt lesenswert!

Guten Tag, Gruß Silvia


1 Kommentar:

  1. Auch ich habe mir aufgrund des Interviews dieses Buch bei
    Amazon bestellt und an zwei Abenden ausgelesen.

    Mit einer gehörigen Portion Misstrauen , weil das Angebot
    an Büchern dieser Art sehr umfangreich ist.

    Martina und Sabine mögen es mir nachsehen, ich habe zwei
    Kinder dieser Generation und vieles der geschilderten
    Umstände warfen Fragen auf.

    Ich habe in Ostberlin gelebt , also waren die Umstände völlig anders .

    Trotzdem halte ich die geschilderten Zustände in einer
    Großstadt eher für möglich, als auf dem Land.

    Meine Kinder gingen in die Vorschule, sie wurden zur
    Einschulung untersucht, zahnärztliche Kontrollen fanden auch ohne unser Zutun als Eltern statt.
    Da wäre auf jeden Fall aufgefallen, dass diese Kinder etwas
    Schlimmes erlebten.


    Ich zweifle keinen Moment an den geschilderten Zuständen.

    Wo waren die Lehrer, die Kirchenvertreter die es doch überall gibt.
    Auch wenn die Kinder schwiegen, hat kein Arzt die alten
    Wunden gesehen?
    Vor 50 Jahren war die BRD doch schon ein moderner Staat.

    Bezeichnend die Patentante nebenan.

    Da wird der Weihnachtsbaum geschmückt , lobe den Herrn.

    Nebenan prügelt der Nachbar seine Kinder halb tot.

    Was für mich irritierend war, Martina war im Karnevalsverein, in einer Band, alles als sie noch bei den Eltern lebte.
    Das musste doch finanziert werden, da musste sie doch trainieren, das verwirrt mich ein wenig.

    Auch der Rattenkeller, dort wurde Wurst fabriziert?

    Wer kauft bei einer Familie die für Verwahrlosung bekannt war?

    Warum hat Uwe nicht der jüngeren Schwester geholfen?

    Als der Vater tot war wäre das doch möglich gewesen.

    Das sind Fragen die man vielleicht nur so beantworten kann,
    wie BB es tat, es war eine andere Zeit.

    Trotzdem, Schande über die Mitwisser, die heute noch leben
    und sich als gute Bürger fühlen.

    Ich lebe in Berlin, trotzdem schaue ich hin, wenn ich Unrecht
    sehe und ich reagiere.

    Den beiden Frauen wünsche ich alles Gute.

    Gruß Anna

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