Samstag, 9. April 2022

9. April 2022 - Magda, die lebenslang beste Freundin meiner Mutter


Magda, die lebenslang beste Freundin meiner Mutter

Christel, meine Mutter, und Magda wurden in Allenstein, ihrem Geburtsort, die besten Freundinnen, und das bereits in Kindertagen. Das "Land der 1.000 Seen und Wälder" war ihre Welt, und hätte man sie damals gefragt, wie das Leben weitergeht, hätten sie sicherlich gesagt:

Wunderbar!

Alle Voraussetzungen waren gegeben.

Natürlich wussten sie als Kinder noch nichts von den grausamen Wendungen, die das Leben nehmen kann. Aber wäre es geblieben wie es damals war: ihnen hätten alle Wege offen gestanden. Irgendwann wären sie in ihren Wunschberufen gelandet,  den Männern ihres Lebens begegnet und Mütter geworden. Zwar passierte beides Letztere, aber nicht in der angedachten Art.

Diesem Krieg, der dazwischenkam und zunächst Christel, später auch Magda, ihre Heimat nahm, habe ich persönlich zwar zu verdanken, dass es mich überhaupt gibt ... aber so wichtig nehme ich mich selbstverständlich gar nicht. In 1944 musste meine Mutter mit ihrer Mutter aus Ostpreußen flüchten, und sie ließ nicht nur ihre Malteser-Hündin "Pünktchen" zurück, sondern auch ihre beste Freundin Magda.

In einem Lager in Dänemark sitzend, hat Christel ihrer Freundin viele Geschichten und gemeinsame Erinnerungen  in Gedichtform gewidmet. Dieses Buch ist eines meiner größten Schätze.

Später nach dem Ende des 2. Weltkrieges, kamen von Magda Fotos und Briefe aus Allenstein. Sie hatte überlebt, beide hatten überlebt,

und das war erst einmal wichtiger als ein wunderbares Leben und wahrgewordene Träume. Schon als Kinder wurden sie aus ihrem Traumland der blühenden Fantasie vertrieben - meine Mutter im doppelten Wortsinn, denn sie musste die im Anschluss daran lebenslang vermisste Heimat fluchtartig verlassen.

Magda kam als Deutsche erst Mitte der 1950er Jahre ins neue Deutschland zurück. Aber es war ein ihr fremdes Deutschland, an das meine Mutter sich inzwischen gewöhnt hatte ... nach ihrer Lagerzeit in Dänemark lebte sie zunächst bei Verwandten in Bochum, dann bei Zieheltern in Dortmund. Ihre Mutter war in Dänemark an Typhus gestorben.

Die Jahre vergingen, beide heirateten. Magda bekam zwei Söhne, meine Mutter mich und meinen Bruder (ich halte hier nur die Reihenfolge ein).

Ihre Freundschaft blieb. Sie blieb bis ans Lebensende meiner Mutter. Und das, obwohl die beiden sich nur noch selten sahen. Sie blieben in Kontakt. Jede blieb über das Leben der anderen immer bestens informiert.


Eine Straße weiter

Irgendwann zogen meine Eltern von Dortmund an die Mosel. Ich zog später in eine andere westdeutsche Großstadt, an die ich mich nur schwer gewöhnen konnte. Offenbar hatte mich das Heimweh gepackt, ohne dass ich das damals so genannt hätte ... immerhin bin ich nicht sonderlich sentimental. Würde ich heute wieder zurückziehen, so gälte mein Heimweh meiner jetzigen Stadt. Und heute würde ich das auch beim richtigen Namen als "Heimweh" bezeichnen.

Manchmal gibt es Zufälle, die sooo zufällig eigentlich gar nicht sein können: nur eine Straße oder ein paar hundert Meter oder drei Minuten weiter lebte Magda mit ihrem Mann. Wir sahen uns oft, unterhielten uns und tranken Kaffee miteinander. Wenn meine Mutter zu mir zu Besuch kam, dann auch und vielleicht vor allem zu ihr.

Als meine Mutter am 18. Juli 2010 starb, informierte ich Magda darüber. Natürlich. Sie selber starb ein paar Jahre später.


Zwei ähnliche Schicksale

Die beiden Freundinnen aus Kindertagen, die fern vom heutigen Deutschland in Deutschland aufgewachsen waren, teilten in der Mitte ihrer Lebensjahre zwei gleiche Schicksale:

meine Mutter verlor ihren Sohn Heinz, meinen Bruder, durch einen Hotelbrand. Magda verlor beide Söhne durch zwei andere Unfälle.



Guten Tag, Gruß Silvia 


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