Freitag, 8. April 2022

8. April 2022 - Charlie weint nicht mehr





Charlie weint nicht mehr

Wie gut, dass es Tierheime gibt, die das Elend der Nation liebevoll auffangen. Auch aus anderen Ländern, in denen das Leid noch viel größer ist, nehmen sie Mit-Lebewesen auf. Oder aus Beschlagnahmungen, weil Halter ihre Tiere verwahrlosen lassen, sie "sammeln" als wären es Panini-Bildchen oder sie sie zum Zwecke der Geldausbeute in die traurige, verbrecherische Vermehrung schicken. Das gibt es auch in Deutschland, und manchmal kommt es ans Tageslicht.

Aber nicht immer steht hinter jedem Tierleid eine vorangegangene Not, denn manchmal scheidet der Tod Frauchen oder Herrchen und ihre Tiere.

Es gibt Tiere, die sich recht gut an den Alltag im Tierheim anpassen - und es gibt auch die anderen, die damit überhaupt nicht zurechtkommen.

Zu der letzteren Art gehörte Charlie ... zweimal wurde er im selben Tierheim abgegeben. Er soll zumindest in den letzten Jahren "eine schwere Zeit" (Zitat von jemandem, der ihn früher kannte) hinter sich gebracht haben. Mehr weiß ich nicht, den Rest verrät er mir auf seine hündische Art hier und da selber.

Als ich zu einem ersten Charlie-Besuch ins Tierheim kam, hört ich bereits neben einigem Hundebellen einen weinen. Da wusste ich noch nicht, dass dies Charlie war.

Er konnte sich nur schwer mit dem Leben im Tierheim abfinden, und dass er die meiste Zeit des Tages allein in einem Zwinger war, schien ihn sehr zu bedrücken.

Nachdem ich ihn kennengelernt hatte, war ich noch einige Male mit ihm spazieren. Jedes Mal, wenn ich ihn dann zurückbrachte, weinte er. Das lag nicht daran, dass er sich von mir nicht trennen konnte, das war ein allgemeiner Protest und sein Ausdruck, der Traurigkeit mit Nachdruck eine Stimme zu geben.

Die für ihn zuständige Tierheim-Mitarbeiterin erzählte, dass das erste, was sie morgens hörte, wenn sie ihren Arbeitsplatz betrat - Charlies Weinen war. Das war kein leises, sondern ein lautes Flehen. Und er konnte ziemlich ausdauernd sein.

Schließlich und glücklich nahm ich ihn am Sonntag, dem 18. Juli 2021, mit zu uns nach Hause. Über den langen Spaziergang, denn wir gingen vom Tierheim aus zu Fuß nach Hause, freute er sich unbändig und zerrte an der Leine, weil er nicht schnell genug laufen konnte. Es war ein unglaublich heißer Tag - aber ich merkte Charlie keinerlei Ermüdung an.

Kaum waren wir zu Hause angekommen, weinte er wieder. Er weinte noch stundenlang, das nur durch weitere Sparziergänge unterbrochen wurde. Alles war neu und unbekannt für ihn, alles war plötzlich so anders geworden - so dass er sich damit auch erst einmal nicht abfinden wollte.

Aber: nach diesen Anfangs-Stunden hörte er plötzlich zu Weinen auf. Bis heute.

Er weint überhaupt nicht mehr,

er hat sich sehr gut eingelebt und es ist, als wäre er nie anderswo gewesen. Er darf viel erleben, er darf Hund sein und wird

dennoch behütet.

Charlie weint nicht mehr ... das ist das Schönste, was ich ihm geben konnte - und was er mir gegeben hat. Charlie ist glücklich. Und ich auch.






Guten Tag, Gruß Silvia 



2 Kommentare:

  1. Aber ich habe geweint, nachdem ich das gelesen hatte. Ich hatte, als ich jünger war, fast immer einen Hund. Nachdem der letzte tot war, beschloss ich aber, mir keinen mehr zu nehmen, weil ich inzwischen 85 Jahre alt bin. Ich wünsche Dir noch ganz viel Freude mit Charlie, Ihr habt Euch gesucht und gefunden! Liebe Grüße Anneliese

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  2. Ich schicke dir, liebe Anneliese, die allerliebsten Grüße.

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