Samstag, 23. April 2022

23. April 2022 - Meine Freundin Gabi



Meine Freundin Gabi

Sie war laut und leise, oberflächlich und tiefgründig. Sie war das Mädchen, mit dem man "Pferde stehlen" konnte und die Frau, mit der man diese Pferde wieder zurückgebracht hat. Sie war meine beste Freundin in den letzten zwei Schuljahren

(nur in den letzten zwei, weil ich vorher in einem Internat war - deren Eigentümer dann das Grundstück verkauft haben und wir weichen mussten)

 und lange darüber hinaus. Wir haben vieles miteinander erlebt und uns gegenseitig Geheimnisse offenbart. Denn was taugt das beste Geheimnis, wenn es nicht wenigstens ein anderer Mensch kennt?

Gabi war wesentlich extrovertierter als ich, aber sie konnte mich gut - und ich ließ es gerne zu - in ihren Strudel mit hineinziehen. Ich habe viel von ihr gelernt. Sie war vom Naturell auch fröhlicher in ihrer Grundstimmung als ich selber. Das war etwas, das mir sehr gut tat. So gut es ging, versuchte ich, ihr anderes dafür zurückzugeben.

Wir waren ein Herz und eine Seele, ein Kopp und ein Arsch - und dachten, zwischen uns würde nie ein Blatt passen ... was sich später als Irrtum erwies.

An jedem Freitag war unsere spezielle Zeit: bei gutem Wetter trafen wir uns in Gabis Elternhaus und wärmten uns im Garten für eine lange Party-Nacht auf. Bei schlechtem Wetter trafen wir uns in der Wohnung meiner Oma in Dortmund-Aplerbeck. Meine Oma freute sich immer, zwei so vergnügte junge Menschen um sich zu haben.

An den Freitagabenden fuhren wir mit einer Straßenbahn in die Dortmunder Innenstadt, tranken ein oder mehr  Bierchen in der "Apotheke" (trotz der langen Zeit, die vergangen ist, kann ich mich noch gut an den Namen der Kneipe erinnern) - und gingen später in

unsere Stamm-Disco. Deren Namen weiß ich nicht mehr, kann mich aber an die gegebenen Örtlichkeiten erinnern - und auch an manche anderen Stammgäste. Wenn es auch nicht die Gesichter sind, an die ich mich erinnere.

Gabis Gesicht werde ich nie vergessen (ich habe Fotos, veröffentliche sie aber nicht): sie war ein junges Mädchen und dann eine junge Frau voller Freundlichkeit und mit jeder Menge Lebenslust. Hätte ich sie nicht gekannt, ich hätte definitiv eine Lücke in meinem Leben.

So manchen Blödsinn haben wir zusammen ausgeheckt und uns diebisch daran erfreut. Wir haben nie etwas bereut, was wir zusammen erlebt haben. Und wir hatten nie das Gefühl, dass wir zu weit übers Ziel hinausgeschossen waren - wir wollten eben übers Ziel hinaus und polarisieren.


Das Ende

Männerfreundschaften waren kein Hindernis in unserer Beziehung zueinander - wir waren uns immer noch sehr wichtig.

Aber dann lernte sie diesen einen Mann kennen, und der war eifersüchtig auf mich, weil ich zu viel Platz in Gabis Leben eingenommen hatte.

Einzelheiten über seine "Schaff-Silvia-weg"-Aktion behalte ich für mich, aber er hat es am Ende geschafft, eine gewisse Zwietracht zwischen Gabi und mir zustande kommen zu lassen. Sie wusste nicht mehr, welcher Version sie glauben sollte.

Jahre später wurde ich zu einem Klassentreffen eingeladen ... Gabi rief mich diesbezüglich an. Unsere frühere Verbundenheit war in dem Gespräch deutlich zu spüren. Es war wie früher.

Leider konnte ich aus wichtigen anderen Gründen nicht an diesem Klassentreffen teilnehmen.


Gabi

starb weit vor der Zeit und jung in 2008. Sie, die so gerne das Leben in vollen Zügen genoss, musste viel zu früh diese Welt verlassen.


Guten Tag, Gruß Silvia 

 

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