Dienstag, 14. April 2015

14. April 2015 - Todesfälle - Zum Tod von Günter Grass

Günter Grass

geb. am 16. Oktober in Danzig als Günter Wilhelm Graß
gest. am 13. April 2015 in Lübeck

"Das Schreiben ist eine schreckliche Tortur."

"Nur Begräbnisse sind adäquate Aufführungen."

"Es ist mir aufgefallen, dass in einem demokratischen Land, in dem Pressefreiheit herrscht, eine gewisse Gleichschaltung der Meinung im Vordergrund steht und eine Weigerung, auf den Inhalt, die Fragestellungen, die ich hier anführe, überhaupt einzugehen." (im NDR zur Empörung über sein israelkritisches Gedicht "Was gesagt werden muss", April 2012)

"Siegen macht gelegentlich dumm. Man glaubt, über das, was zum Krieg geführt hat, nicht nachdenken zu müssen, man hat auch nicht die Chance, aus der Niederlage zu lernen." (in einem Spiegel-Interview, 2003)

Der Unbequeme

Einer der letzten großen Querdenker und Provokateure ist gestern im Alter von 88 Jahren gestorben. Vor allem war er natürlich Schriftsteller, der seine Laufbahn vielleicht nicht ohne Grund auf einem Friedhof als Steinmetz-Auszubildender begann und auch Grafiker war. 1959 wurde sein wohl bekanntester Roman zu einem raschen Welterfolg: "Die Blechtrommel". Ein Jahrhundert-Roman. 1999 bekam er den Literatur-Nobelpreis und setzte sich noch lange nicht zur Ruhe.

Unerlässlich hatte er einst Willy Brandt zur Seite gestanden und Reden für ihn geschrieben, während er so manchen CDU-Politiker in den Abgrund stampfte. 1966 äußerte er sich höchst kritisch zur Wahl von Kurt-Georg Kiesinger zum Bundeskanzler, wegen dessen Vergangenheit.  Der große Schriftsteller und Mahner und der vielleicht letzte politische Schriftsteller gab erst im Jahre 2006 beiläufig in dem autobiografischen Buch "Das Häuten der Zwiebel" zu Protokoll, dass er in den letzten Kriegsmonaten in der Waffen-SS gewesen sei.

Eines seiner letzten Vermächtnisse ist das Griechenland-Gedicht, in dem er prophezeit, Europa werde geistlos verkümmern ohne Griechenland. Ein Statement gegen den Währungsaustritt der Griechen aus der Europäischen Union.

Mit letzter, aber doch nicht allerletzter Tinte schrieb er auch noch vor drei Jahren sein polemisches Gedicht "Was gesagt werden muss" gegen die Atommacht Israel - was einen Skandal auslöste.

Nun ist der Mahner gestorben und jemand anderer muss es übernehmen, auch einmal unbequeme Dinge auszusprechen, damit nicht alles im Einheitsbrei der Meinungen versickert. Auf weiter Flur erkenne ich gerade niemanden.

Auch, wenn mir persönlich nicht alles (aber vieles) gefallen hat, was der politische Agitator verfasst hat, so war sein wacher Verstand und auch sein Mut, Unbequemes zum Thema zu machen, eindeutig bewundernswert.

Ruhe in Frieden, Günter Grass.

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