Sonntag, 9. November 2014

9. November 2014 - Besondere Tage - "9. November 1989"

Zwischen den Zeiten

hat sich glücklich gefügt, was lange dramatisch getrennt war. Plötzlich öffneten sich Grenzen, die es nie hätte geben dürfen.

Dank diesem allumfassenden Blättchen der menschlichen Niederungen schlechthin, weiß man nun auch, dass Helmut Kohl der Kanzler der Einheit ist. So, so! Ich habe immer gedacht, er wäre Kanzler gewesen als sich die Grenzen öffneten. Punkt! Das sollte ich jetzt besser wissen, aber ich gehöre leider zu denen, die unbelehrbar sind. Und wenn man es mir auch noch so penetrant präsentiert, ich bleibe unbelehrbar. Das war auch heute das letzte Mal, dass ich Geld in so einen Haufen von Schwachsinn-Papier investiere. Meine Blaue Tonne fülle ich dann mit anderem Papier, sie wird das auch besser verdauen und es mir danken, denn auch die Tonnen haben Gefühle.

Eher war es wirklich David Hasselhoff mit seinem Mauer-Sprengstoff-Song "I was looking for Freedom". Das kann man auch drehen und wenden wie man will: Er hat sich da selbstherrlich einen dieser Comedy-Plätze im Kampf um die deutsche Einheit verschafft. Und auch ich komme nicht umhin, ihn ins Spielchen zu bringen.

Gorbatschow ist schon eher derjenige, welche! Und Willy Brandt. Während Willy Brandt sich schon um die verwandten Nachbarn bemühte, saß der Kohl noch in nächster Nachbarschaft zu einer später geborenen Daniela Katzenberger und hat Saumagen in Mengen verspeist. Der wollte doch gar keine Spreegurken oder Rotkäppchen-Sekt. Das mit dem Sekt ist natürlich verständlich, aber man kann ja mal so tun, als ob ...

Und Gensch-Man hat seinen Anteil: war ja auch eher sein Job als der vom King Kohl. Und nicht zuletzt die Menschen selber. Sie hätten sich nur viel früher zusammen rotten sollen.

Das hier ist natürlich kein politischer Blog, aber an einem solchen Tag komme auch ich nicht umhin, ein paar Worte hierzu zu in die Tasten zu kloppen. Aber solche Sachen, die ein Chefredakteur dieser Zeitung in die Lande raus posaunt, weil er persönlich der größte und wohl letzte Fan von dem Mann ist, der während der Einheit zufällig Kanzler war, kann ich nicht hinnehmen. Ich will dieses A-Wort nicht nennen, aber mehr A-Kriechen geht nicht. Eine unabhängige Zeitung ist was anderes.

Womöglich verbuchen sie  die Einheit der Deutschen verlags-intern auf ihrem Konto.

Guten Abend, Gruß Biene

8 Kommentare:

  1. Ganz genauso sehe ich es auch Silvia, aber ich erinnere mich auch, dass meine ganze Kindheit und frühe Jugend durch, als unser Land Jahr um Jahr "keine Experimente" machte und immer wieder CDU regiert wurde, das vereinte Deutschland ein immerwährendes Thema war. Wenn es dunkel wurde, im Herbst, stellte man Kerzen in die Fenster, für unsere Brüdern und Schwestern "drüben". Am Erntedanktag mußten wir Spenden mit in die Schule bringen, gute Konserven, Seifen und Kaffee für "drüben". In der Vorweihnachtszeit tyrannisierte Oma uns, wir sollten von unserem Spielzeug etwas abgeben, das Paket für die Verwandten "drüben" sei noch nicht voll. Ich wußte nicht, was das war "drüben", aber irgendwas Schreckliches mit Stacheldraht und Gewehren und Männern, die bei den Russen geblieben waren.
    Aber wirklich gemerkt habe ich von "drüben" nie etwas und so war`s mir als Kind relativ egal. Später dann, mit 16, sah ich die DDR vollkommen emotionslos als einen eigenen Staat an, verstand dieses sentimentale Geheuchel nicht, nach so langer Zeit immer noch von einem unbedingt zusammen gehörenden Land zu salbadern.
    Als Studententin fuhr ich oft nach Berlin, dann auch nach Ostberlin, um mir dort die weitaus günstigere Fachliteratur zu besorgen. Die Menschen hier fand ich ganz normal, das Essen schmeckte nicht besonders, aber unsere Mensa war auch nicht gerade das Ritz.
    Immer wenn am 17 Juni das gleiche blöde Gelaber ertönte, schaltete ich auf Durchzug, das war mir absolut gleichgültig, diese zwei Staaten friedlich nebeneinander - wo sollte das Problem sein? Abgesehen davon erschienen mir politisch und sozial viele Dinge in der "Ostzone" deutlich besser als bei uns, was mir in schöner Regelmäßigkeit die Aufforderung eintrug, ich möge doch nach "drüben" gehen. (Nun, wenn ich das frühzeitig getan hätte, wären mir wohl viele meiner äußerst naiven Vorstellungen vom Leben in der DDR ausgetrieben worden)

    Ich lebte also mein Leben in der BRD und dachte nicht allzuviel nach über das liebe Vaterland. Den ganzen Sommer 89 über verfolgte man die Entwicklung in Tschechien, Polen, Ungarn, merkte, es gärte was in der DDR. Aber meine Zwillinge schliefen seit 2 Jahren kaum eine Nacht durch, das gärte in mir und so war es November geworden, ohne daß ich bewußt registriert hatte, was bei unseren Brüdern und Schwestern los war.
    Donnerstag, der 9. die Mauer ist auf, na und? Ich fühlte mich wieder mal nicht so recht betroffen. Am Sonnabend morgen fuhr ich mit meiner kleinen Tochter zum Brötchenholen. Wir mußten von unserer Dorfstraße rechts abbiegen auf die Bundesstraße, normalerweise eine Angelegenheit von Sekunden. An diesem Tag nicht.
    Ein Trabbi reihte sich an den nächsten, eine endlose graue stinkende Kolonne. Alle hatten die Fenster weit heruntergedreht, jubelten riefen lachten und schluchzten. "Mama, weinst du??", rief Marie erschrocken, und erst da merkte ich dass ich heulte, ach was mir rann die Suppe nur so aus den Augen. Ich stieg mit meiner Tochter aus dem Auto und wir haben gewunken, gerufen gehüpft und gelacht wie alle anderen auch.
    Ich bin ein ziemlich harter Brocken und alles andere als nah am Wasser gebaut, was war das also? Ich bin heute noch erstaunt über dieses vollkommen unerwartete, seltsam starke Gefühl.,
    Liebe Grüße von einer verkappten Patriotin, Susi

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    1. Das hast Du schön geschildert Susi. Meine Empfindungen waren ähnlich.
      Aber auch bei mir flossen die Tränen, als ich vor dem Fernseher saß und sah, wie die Menschen freudestrahlend über die Grenze kamen.
      Ich frage mich nur oft, ob die Menschen auf beiden Seiten der Mauer sich damals vorstellten, was sich während der letzten 25 Jahre und wie es sich veränderte. Zum Guten, wie zum Schlechten.

      Bienchen, wer heftet sich nicht alles die Öffnung der Mauer gerne als eigenen Verdienst an......?
      Und nicht jeder bekam es so wie wir direkt mit, manch einer saß auch entspannt in der Sauna. ;-)

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    2. Herrlich, Frau Allerlei - saß etwa der Kohl in der Sauna?

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  2. Danke, Susi - ich hatte überhaupt nicht mit Zustimmung oder Beachtung für meinen Beitrag gerechnet. - Und da erzählst DU mir geradewegs aus dem Herzen. Deine Silvia

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  3. Um mal von mir auszugehen: Wir hatten keine Verwandte in der damaligen DDR, ich kannte keine Sammlungen für Pakete. Vielleicht hat man das im Ruhrpott nicht gemacht, ich weiß es nicht. Möglicher Weise waren wir kilometer- und emotionsmässig zu weit weg von diesem zweiten Land im Land. Und im Endeffekt - ich bin hinein geboren in den westlichen Teil, es war wie es war. Und auch ich habe mir lange Jahre keinen Kopf darüber gemacht.

    Als die Grenzen sich öffneten wie Schleusen in eine andere Welt (denke ich), waren alle in einem Taumel, den man nur schwer beschreiben kann. Doch dann hat die Wirklichkeit auch die östliche Region überfallen: Arbeitslosigkeit usw. Heute habe ich einen Bericht über Regine Hildebrandt gesehen, der mich tief bewegt hat: Diese toughe Frau hat alle Widrigkeiten auf ihre Schultern geladen. Selten gab es eine Politikerin, die mehr die Belange des Volkes vertreten hat.

    Wir haben die ehemalige DDR etwa im Jahre 1992 umfangreich bereist. Man hat schon im Auto den "Übergang" gespürt, die Strassen wurden merklich schlechter. Der Jubel war auch verflogen. Wir wurden fortan als "Wessies" angesehen, was uns nicht wirklich glücklich gemacht hat. Nicht von allen selbstverständlich, aber von vielen. Man hat uns an dem Autokennzeichen erkannt und an anderen Dingen. Bestimmt nicht an irgendwelcher Arroganz unsererseits. Ich gehe auf jeden Menschen gleichermaßen freundlich zu, bis mir einer das Gegenteil klar macht: Und dann? Dann stehste im Regen. Und sagst Danke, so kann ich auch.

    Darum meine Aussage: Sie hätten sich viel eher auflehnen müssen vor diesem Unrechts-Regime.

    Gruß, Silvia

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  4. Liebe Biene, in der Sauna saß nicht Kohl, sondern Angela Merkel, wenn ich das richtig gehört habe. Liebe Grüße!

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    1. Nun ja, nicht alle haben es eben live mit bekommen. - Sitzt die Angela eigentlich heute auch noch in der Sauna? - Böse Biene, sagt gerade mein Mann.

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    2. Also jedenfalls gestern kam sie raus, um eine Rose nieder zu legen.
      Heute? Keine Ahnung...... :-)))
      ("Keine Ahnung" hab ich mir bei der Jugend entliehen. Damit kann man so schön ausweichen.)

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