"Das kleine Klostercafe Marienwinkel"
Hat der Fuchs noch Zähne,
geht er nicht ins Kloster - Sprichwort
Clara war noch jung, erst 24 Jahre. Dass es sie in ein Kloster verschlagen hatte, musste keine Endstation in ihrem Leben sein. Aber im Grunde fühlte sie sich hier gut aufgehoben, und in Sr. Immakulata fand sie im Laufe der kurzen Zeit eine Freundin. Die Nonne war liebevoll und gütig.
Nur - ob sie wirklich etwas von einem Geschäft verstand? Claras Eltern besaßen eine Kette von Modegeschäften, und sie kannten sich aus in der Geschäftswelt. Da wurde mit harten Bandagen gekämpft und um Cent-Beträge gefeilscht. All das fiel hier flach: Nicht mal einen vernünftigen Weg gab es schließlich, um das Kloster und dessen Cafe zu erreichen. Alles schien absolut wenig bis überhaupt nicht durchdacht.
Eigentlich wäre es irgendwann Claras Aufgabe gewesen, nach einem Studium zunächst im elterlichen Business Fuß zu fassen und später die Boutiquen zu übernehmen. Sie hatte ein paar Semester Betriebswirtschaft studiert, aber es ohne Abschluss abgebrochen.
Ihren Eltern hatte sie mit dem Eintritt in ein Kloster einen nachhaltigen Schock versetzt.
Manchmal glaubte Clara, dass der Protest gegen die eigenen Eltern der Hauptgrund gewesen sei, ihren Weg als Novizin fortzuführen. Allerdings war sie trotz allem Weltlichen, das sie noch gut im Kopf hatte, auch gläubig. An das von ihr zurück gelassene "gebrochene" Herz von Patrick dachte sie nur selten, denn vermutlich hatte er sich bereits getröstet, bevor sie ihm den Rücken zugekehrt hatte. Die zwei Jahre mit ihm hatten nicht eben ihr Vertrauen in die Liebe zu einem Mann gefördert. Er hatte ihr die Flügel gestutzt und sie auf den Boden der Tatsachen gesetzt: Untreue seinerseits war nur einer seiner Fehler, er schien auch ihren finanziellen Mitteln - vielmehr der ihrer Eltern - keineswegs abgeneigt.
Clara warf einen Blick in die Küche und auf Immakulata, die gerade in flüssiger Schokolade rührte, um damit Spritzgebäck zu verfeinern. Ein vertrauter Anblick. Aber aus ihrem früheren Leben wusste Clara überhaupt nichts. Ob sie sie einmal danach fragen durfte?
In dem Moment öffnete sich die Tür des Cafes und zwei Frauen mit ihren beiden Hunden betraten es. Sie nahmen an einem Tisch Platz,
als die Tür nochmals aufging und Sr. Gilberta, die ebenfalls in dem Cafe arbeitete, gemächlichen Schrittes hinein kam. Als sie besonders die eine der beiden Frauen erblickte, beschleunigte sie auf eine immer noch gemütliche Weise ihre Schritte und sah die Frau an:
"Das ist nicht Ihr Platz", sagte sie, ohne mit einer Berührung ihren Worten Ausdruck zu verleihen, aber mit einem deutlichen Blick auf einen Tisch im hinteren Cafe-Teil.
Fortsetzung folgt
Copyright: Silvia Gehrmann
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