Samstag, 14. April 2018

14. April 2018 - Mein mir unbekannter Großvater ...

Oma mit ihren verbliebenen 2 Söhnen - Franz links, Josef rechts

Mein mir unbekannter Großvater 

Einerseits wäre ich ohne den 2. Weltkrieg niemals geboren worden (meine Mutter war ein Flüchtling aus Ostpreußen), andererseits hat dieser und die Umstände um den Tod meines Opas väterlicherseits mich um drei Großeltern-Teile betrogen.

Ich hatte lediglich die eine, über alles geliebte Om(m)a - ihr Mann war lange vor meiner Geburt in 1947 an einer "Staublunge" verstorben,

denn er hat in Dortmund im Bergbau gearbeitet.

Dies ist meine dominante Erinnerung an den Bergbau im Ruhrgebiet, der nun bald für alle Zeiten der Geschichte angehören wird, wenn die allerletzte Zeche geschlossen wird.

Mein mir unbekannter Opa hieß Silverius Schäfer - und er hatte neben seiner Frau Josefine die drei Söhne Johannes (Hans genannt), Josef und Franz. Josef, der Mittlere, war mein Vater. Zeitlebens hat er seinen früh mit 47 Jahren verstorbenen Vater vermisst,

ohne dass dies jemals Thema in unserer Familie war - denn konsequent litt er schweigend. War leider seine Art.

Das Schweigen war offenbar auch ein Merkmal der damaligen "Kumpel", die untereinander eine - wie mir erzählt wurde - verschworene Gemeinschaft bildeten.

Hans starb ebenfalls 1947 - und darüber gibt es verschiedene Geschichten. Meine Oma, die manchmal nicht so ganz wahr haben wollte, was zu der Nazi-Zeit passiert ist - sprach von einer Lungenkrankheit, die bei Johannes zum Tode geführt hat.

Meiner Mutter, die mir vor ihrem eigenen Tod in 2010 etwas anderes erzählte, glaube ich da eher:

Hans hat im 3. Reich ein Brot gestohlen - und wurde von den Nazis zum Tode verurteilt. Ich denke jedoch heute, dass es ein Gemisch aus beidem war:

Die Nazis haben ihn nicht wirklich getötet, aber er erlag einem vorhanden Lungenleiden, das durch die Haft verschlimmert wurde.

Opa

Silverius - man hat mir später den Namen Silvia (meine Mutter wollte mich Monika nennen) in Gedenken an ihn gegeben - hat den Tod des ältesten Sohnes nie verwunden - und starb kurze Zeit später.

Hinzu kam seine "Staublunge".

Die hat er sich im Bergbau angeeignet, als er das tägliche Brot für seine Familie verdienen musste.

Oma hat nie viel über diese Zeit gesprochen, doch dieses eine hat sie mir Ende der 70er Jahre verraten:

Silverius hat im 3. Reich einen Juden versteckt - Oma hatte furchtbare Angst - nicht um sich selber, sondern um ihre drei Söhne (daher hat sie Franz in einer süddeutschen Stadt versteckt) -

und  Silverius Tun nie gutgeheißen.


Man will sich nicht selber zurück denken in diese Zeit der Nazis.

Aber die Zeit der Kumpels im Bergbau mag für die dort Tätigen damals eine gute gewesen sein - wenn sie auch nicht für alle gut ausgegangen ist.

Giftstoffe, die zum Tode führten, waren entweder unbekannt - oder wurden konsequent herunter gespielt, wobei mir das zweite logischer erscheint.

Nach Silverius' Tod hätte Oma eine Obduktion veranlassen müssen - dann zumindest wäre ihre Rente eine bessere gewesen. Die zwei verbliebenen Söhne haben ihr dazu geraten -

doch als gläubige Katholikin wollte sie einfach nicht, dass ihr Mann "aufgeschnitten" wird.

Ich habe meinen Opa nie kennen gelernt -

und das laste ich dem Bergbau an.


Guten Tag, Gruß Silvia






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen