Die Beichte
Die katholische Kirche ist mit der herausragenden Maßnahme ausgestattet, nach dem Anhören der Sünden ihrer Schäfchen, die Absolutionen erteilen zu dürfen. Auch Angehörige der Kirche gehen zur Beichte, und es wäre interessant, zu erfahren, ob unter den Beichtgeheimnissen, die viele Geistliche mit sich herumschleppen müssen - auch solche sind, die derzeit (und leider nicht nur derzeit) die Kirche in eine enge Bedrängnis und Rechtfertigungsnot bringen.
Und wie lebt man mit dem Wissen um so manche Sünden?
Oder beichten sich pädophile Geistliche einfach gegenseitig ihre tief verachtenswerten Sünden - und über den Kopf vom "Lieben Gott" wird einfach mal schnell verziehen?
Ich weiß es nicht. Das Beichtgeheimnis wird eben so gut wie nie gebrochen.
Mir ist auch nicht bekannt, wie viele Menschen überhaupt noch dieses Sakrament in Anspruch nehmen. Vielleicht sagen sich einige gläubige Christen, dass sie nun niemandem, der vielleicht Schlimmeres auf dem Gewissen hat, ihre kleinen Sünden beichten möchten. Inzwischen steht die Kirche - und bei den vielen Fällen, die ans Tageslicht kommen, ist das nicht verwunderlich - unter Generalverdacht des Kindesmissbrauchs.
Wem kann man eigentlich noch trauen?
Ich sage dann einmal und trotz allem: nicht alle sind böse, nur weil sie Kirchenmenschen sind.
Auf meinen Wunsch hin durfte ich vor vielen Jahren und für einige Jahre ein katholisches Internat besuchen.
Die Nonnen haben wir Mädchen als Menschen erlebt, wie sie überall quer in der Gesellschaft leben. Weder waren "unsere" Nonnen Heilige noch großartige Sünderinnen - und schon gar nicht gegen uns Schülerinnen.
Intern mag das anders ausgesehen haben, denn da spielten (spielen) auch Hierarchien eine Rolle: die Schwester aus der Küche war nun einmal nicht der Schwester, die als Lehrerin arbeitete, gleichgestellt.
Man spürte eine gewisse Abgrenzung der Gruppen untereinander.
Uns hat das damals nicht interessiert, sofern wir hier und da mal etwas von den Querelen untereinander mitbekommen haben. Heute im Nachhinein empfinde ich es als eine natürliche Marschroute:
wenn zu viele Frauen zu wenig Raum ohne einander haben, werden sie biestig gegeneinander.
Die Ordensschwestern konnten allerdings jederzeit zur Beichte gehen und ihre gehässigen und eventuell auch hässlichen Gedankengänge im verschwiegenen Beichtstuhl bei einem aufmerksamen Ohr, aber einem versiegelten Mund abladen.
Meine ureigenen Erinnerungen an diese Zeit sind durchweg positiver Natur. Eine der Nonnen war der erklärte Liebling von uns allen (etwa 25 Schülerinnen), eine andere brachte uns zum Lachen und über eine Dritte konnten wir uns nachhaltig lustig machen.
Wenn ich heute über die katholische Kirche lese, könnte mir der Gedanke kommen,
dass ich einfach viel Glück gehabt habe ...
dennoch bin ich der Meinung, dass auch viele andere Menschen gute Erfahrungen gemacht haben.
Ich bin schon lange aus der Kirche ausgetreten, aber mit meiner Internatszeit hatte mein Austritt rein gar nichts zu tun.
Meine "Sünden" habe ich ohnehin auch noch zu Zeiten meiner Kirchenzugehörigkeit für mich behalten. Mit Ausnahme der einen und einzigen Beichte vor der 1. hl. Kommunion (Pflichtprogramm) ... habe ich nie wieder den Weg in einen Beichtstuhl gefunden.
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