Samstag, 9. Dezember 2017
9. Dezember 2017 - Adventskalender 2017: 9. Türchen: Geerdet sein - anstatt Wolkenkuckucksheim - ehrliche Worte über mich selbst
Geerdet sein -
anstatt Wolken-Kuckucks-Heim
eine ehrliche Geschichte
Seinen Geburtsort kann man sich ebenso wenig aussuchen wie seine Eltern. Doch bei all den verschwindend geringen Möglichkeiten, überhaupt geboren zu werden (eine medizinische Sache),
darf man sich dennoch und immer glücklich schätzen, in eine gute und fürsorgliche Familie hineingeboren zu werden. Viele Kinder dieser Welt haben dieses Glück und den Vorteil, der eigentlich jedem zusteht, nicht - sie leiden an Armut oder an einer armseligen Umgebung, die aus ihnen nicht etwa das Beste, sondern das Schlechteste herausholt.
Ich wurde in eine Dortmunder Familie hineingeboren. Mein Vater war Dachdecker, meine Mutter meistens eine "Nur-Hausfrau" (aber nicht immer, aber dazu später).
Die Kriegswirren lange vor meiner Geburt haben meine Mutter nach Dortmund geführt, denn geboren in Alleinstein/Ostpreußen war sie in etwa die Prinzessin ihrer bürgerlichen Familie, die ich später ebenfalls sein wollte.
Manches habe ich mir sicher von ihr abgeguckt, während ich einen kleinen Teil davon auch heute noch in mir trage - aber den
tilge ich zu Mus und Brei, sobald er wieder zum Vorschein kommt.
Prinzessin
Ich war ein verhätscheltes Kind, verzogen von Oma und ihrem anderen Sohn, meinem Onkel Franz - und sicher auch indirekt und noch viel mehr von
meiner Mutter,
die, wenn es den Krieg nicht gegeben hätte, ein völlig anderes, ein luxuriöses Leben hätte führen können.
Selbst mein Vater vertätschelte mich, dass es mir manchmal angst und bange wurde aufgrund der Möglichkeiten, die ich noch austesten könnte.
Kurz und krumm gesagt: Ich war unausstehlich. Und niemand hat es bemerkt.
Mit etwa 14 Jahren wollte ich in ein Internat - eigentlich unerschwinglich für einen Arbeiterhaushalt. Doch mein Vater stimmte dem beinahe sofort zu - und meine Mutter zog mit, indem sie sich eine Arbeit suchte,
um diesen Wunsch finanziell zu erfüllen.
Im Internat war ich die Jugendliche mit dem meisten Taschengeld, das ich gerne in Schreibwarenläden und Buchhandlungen brachte. Wenigstens das war nicht so abgehoben.
Immerhin hatte ich keine Probleme mit meinen Mit-Schülerinnen, denn irgendwo kam auch damals schon oft die Person zum Vorschein, die ich heute bin.
Zu wichtig genommen
habe ich mich dennoch und leider viel zu oft und viel zu lange Jahre. Der Ausflug in die große weite Welt war mir auch vergönnt,
doch vielleicht fing genau mein
(gern passierter) Plumps auf den Boden
in dieser Welt an.
Ich begann mit dem Umdenken:
Meine Arbeiterfamilie war mir nicht länger ein Graus, sondern etwas, an das man sich klammern konnte. Die Arroganz schwand nach und nach -
auch, wenn ich aus dieser Zeit in der großen weiten Show-Welt ein "Andenken" mitgenommen habe,
das mir bis heute treu zur Seite steht -
und sich ebenfalls (daran bin ich nicht unschuldig, sorry) von dem Show-Biz verabschiedet hat.
Bodenständigkeit
Zu ihr habe ich längst zurückgefunden. Ein Kind des Ruhrgebiets und Westfalens hebt nicht ab, es verirrt sich nur vielleicht
und für eine Weile.
Meine Eltern haben sich für mich krumm gelegt - und ich danke ihnen dafür von Herzen - denn am Ende zählt nicht das, was man möchte,
sondern das, was man hat, was man greifen kann.
Und da ist der sichere Boden genau der richtige Ausgangspunkt für ein glückliches und gutes Leben.
Einen schönen Adventstag wünscht Silvia
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