Dienstag, 12. Dezember 2017

12. Dezember 2017 - Adventskalender 2017 - 12. Türchen: Schneeverweht und durchgedreht


Schneeverweht und durchgedreht

Ausgerechnet an diesem schneeverwehten Tag muss ich quer durch die längs-gestreckte Stadt fahren, um am anderen Ende etwas zu besorgen. Um meiner nun angedichteten und nachgesagten Dummheit vorzubeugen, muss ich zu meiner Entschuldigung sagen,

dass es bereits am Sonntag, dem 10. Dezember hier so viel geschneit hatte (und am Montagmorgen war alles wieder weg getaut),

dass ich im Leben nicht damit gerechnet habe, dass es am Montag so weiter geht. Geht es erst auch nicht, denn ich bin längst unterwegs, als das Wetter mit leichten Flocken vorwarnt,

die mir dann heftig ins Gesicht peitschen, dass es wehtut. Die Leute gehen so gebeugt wie zwar immer, aber diesmal nicht,

weil sie ihre Nasen in ihre Smartphones verklemmt haben, sondern um sich vor der Schnee-Peitsche zu schützen. Hier und da werden aber auch noch Telefone aus den Taschen geholt, denn länger als drei Minuten schaffen es einige überhaupt nicht, sie außer Acht zu lassen.

Ich fahre mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ans andere Ende der Stadt, um dort etwas zu besorgen, das ich problemlos bei

Amazon bestellen könnte,

aber ich mag den Verein irgendwie nicht. Hätte ich gewusst, wie viele Nerven mich dieser Trip kostet, vielleicht hätte ich eine Ausnahme gemacht ...

An das Gewünschte komme ich erst mal verspätet, aber heran. Das Ganze ist ein wenig sperrig, was mir später noch beinahe zum Hindernis für die Rückfahrt wird.

Einsteigen in den Bus, der nur eine halbe Stunde zu spät kommt - ist so muckelig kalt draußen, dass man an der Haltestelle

auf einen Teewagen wartet, der natürlich nicht kommt. Dabei wäre das jetzt genau das Richtige.

Die Busfahrerin fährt den Wagen wie auf Eiern, was auch besser ist als forsch durch die Gegend zu düsen, nur um den Fahrplan einzuhalten. Damit rechnet sowieso niemand mehr.

Endlich am Ziel angekommen, muss ich rüber zur Straßenbahnhaltestelle. Oh, in 10 Minuten kommt die Bahn. Tolle Ansage auf der Anzeigentafel.

Leider eine falsche.

Immer mehr Menschen sammeln sich an der Haltestelle, und mein Paket ist eindeutig hier und da im Weg. Ohne Handschuhe frieren mir außerdem beinahe die Finger ab. Jedes Gefühl weicht aus ihnen, und ich bin sicher, dass ich nie wieder schreiben oder später meine Haustür überhaupt öffnen kann.

Irgendwann kommt die Bahn, aber erst, als nicht nur ich, sondern vermutlich alle fast zu Eissäulen erstarrt sind. Die Bahn ist rappelvoll, aber wie durch ein Wunder passen alle Menschen hinein, die jetzt genau so sauer sind wie ich. Nein, nicht sauer auf den öffentlichen Nahverkehr - die machen, was sie können, und heute können sie leider nicht viel machen ...

sauer auf das Wetter mit Schneetreiben und allgemeinem dadurch resultierendem Chaos.

In der Straßenbahn finde ich einen festen Halt, das ist schon mal was. In der Region für Kinderwagen prollt gerade ein Mann laut herum, der nicht duldet, dass dort andere Leute

außer denen mit Kinderwagen stehen; er hat auch einen Wagen im Schlepptau. In breitem Berlinerisch macht er seinem vermeintlichen Ärger Luft und will sogleich einem von ihm als "Spacken" abgeurteilten harmlosen Bahnkunden an die Gurgel.

Unterdessen tuckelt die Bahn vor sich hin. Inzwischen hat der Mann mit jedem Ärger, der ihm nur vor die Nase kommt.

Zum Glück steigt das Elend bald aus und bricht sich Bahn mit seinem Kinderwagen, den er wie eine Waffe vor sich herschiebt.

Ich kann einen kurzen Blick aus dem Fenster auf den "Inhalt" des Wagens erheischen: Das kleine Würmchen trägt weder ein Mützchen noch ist es überhaupt warm genug angezogen.

Okay, ich kann die Welt diesbezüglich nicht ändern. Was habe ich auch am anderen Ende meiner Stadt verloren, in der ich das Gefühl habe, in einer anderen Welt zu sein?

Endlich bin ich zurück in meiner Welt. Das habe ich beinahe nicht mehr für möglich gehalten.

Aber auch hier peitscht mir der Schnee weiter ins Gesicht, und ich muss aufpassen, nicht auszurutschen,

denn jetzt ist es auch noch glatt geworden. Ich dreh gleich durch.


Einen schönen Adventstag, Gruß Silvia




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