Unter Obdachlosen
Alle Geschichten bestehen aus vielen Aspekten, und so sind auch nicht alle Menschen, die durch welche Gründe auch immer, obdachlos wurden, über einen Kamm zu scheren. Die vorherigen Leben waren teilweise sehr unterschiedlich, und hatten dennoch vermutlich genügend Ähnlichkeiten. Es soll ein harter Überlebenskampf auf den Straßen sein, und selten sieht man einen, der keine Flasche mit der Faust umklammert, als wäre das der allerletzte Halt auf der Erde.
Bei Kälte hilft Schluck um Schluck beim Aufwärmen, während er in allen Zeiten ebenso ein Langeweile-Killer wie ein Gleichmacher ist. Sie hieven sich auf ein gemeinsames Level -
und das ist nicht immer nur ein friedliches.
Auf dem o. g. Foto ist eine Szene aus dieser Stadt zu sehen (ohne dass man einen einzelnen erkennen kann, darauf habe ich beim Fotografieren geachtet), ein kleines Plätzchen in einem Park, an dem sich täglich die Verlorenen zusammenfinden, um gemeinsam zum Beispiel an der Welt zu verzweifeln.
Manchmal hört man sie erzählen, was sie alles noch auf die Reihe bringen wollen - und dann muss man nur in ihre Augen sehen, um zu wissen, dass dafür mehr als nur ein paar Hürden zu überwinden wären.
Einige von ihnen sind freundlich, andere einfach nur Stinkstiefel. Soviel mir jedoch bekannt ist, sind sie meistens nur untereinander auch hemmungslos bis brutal. Nicht umsonst ist die Polizei mehrmals am Tage vor Ort. Von manchen Szenen möchte ich gar nicht sprechen, denn sie sind dem jahrelangen Alkohol-Abusus geschuldet und verstören die anderen Park-Besucher hier und da.
In der Regel jedoch stören sie weniger als dass sie zum Bild des Parks gehören. Man hat sich arrangiert, ohne großartigen Kontakt miteinander zu haben. An einem der Tage vor Weihnachten, als ich das Foto aufgenommen habe, wurden sie von einer Gruppe sorgender MitbürgerInnen mit Suppe und heißen Getränken umhegt. Sicher waren sie dafür dankbar, doch nach ein paar weiteren Litern Einlauf mit Schnaps ist auch das wieder Vergangenheit und vergessen.
In der kalten Jahreszeit kommt das Problem der Übernachtung hinzu. Ob sie freiwillig in eine Obdachenlosenunterkunft gehen? Einige werden das sicher tun.
Den Obdachlosen mit Hunden ist diese Möglichkeit verwehrt. Denn Hunde sind - warum auch immer - darin nicht erlaubt. In fast jedes Hotel darf man seine Hunde zur Übernachtung mitnehmen, egal ob drei oder fünf Sterne,
doch ausgerechnet in den Obdachlosen-Unterkünften gibt es dieses seltsame Verbot.
Nicht jeder Hund ist jedoch geeignet, ein Leben auf der Straße lange zu überleben. Auch nicht jeder Mensch wird diesen Winter
"schaffen". Vielleicht auch manchmal deshalb nicht, weil er sich nicht von seinem Hund trennen will. Was zwar vernünftiger für Mensch und Tier wäre,
aber hier gleichen sich irgendwie der ehemalige US-Präsident Bill Clinton und ein obdachloser Hundehalter:
"Willst du in Washington einen Freund haben, musst du dir einen Hund anschaffen", sagte Clinton -
und so manch ein Obdachloser weiß:
"Willst du auf der Straße einen Freund haben, musst du dir einen Hund besorgen."
Hier und da freut sich ein Obdachloser sicher über ein Fläschchen, das man ihm hinstellt, besonders an Weihnachten.
Aber nicht das Schälchen mit Wasser für den treuesten aller Freunde und das Hundeleckerchen vergessen, denn das Schälchen ist leider oft leer, falls überhaupt vorhanden, wenn jemand nur an seinen eigenen Durst denkt.
Allen einen schönen Adventstag, Gruß Silvia
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