Samstag, 18. April 2020

18. April 2020 - Bienchens Geschichte - 5. Teil



Das bin nicht ich, aber ich hoffe, man erkennt sie nicht.



Bummel durch Zell

Wie ich bereits geschrieben habe, waren wir früher, als mein Vater noch lebte und auch circa zwei Jahre danach noch,  etwa einmal im Monat in Zell. Ich mochte diesen beschaulichen Ort, der mich noch an völlig andere Dinge erinnerte: Als junges Mädchen hatte ich hier meinen ersten Schwipps:

Damals lebten meine Eltern noch in Dortmund und fuhren oft in diese Ecke. Mein Vater war oft zur Kur in Bad Bertrich. Ich durfte ihn in den Schulferien begleiten, zumindest für eine Weile,

und so hatte ich in Zell nach sagenhaften anderthalb Gläsern Moselwein meinen ersten Schwipps. Ich war 17.

Jetzt in 2010 war ich nicht mehr 17. Aber ich vertrug mehr als anderthalb Gläser des Weines. Einem Wein, der mir im übrigen nur dort schmeckt. Ich würde ihn hier nie kaufen.

Robin schnupperte die Gegend ab, begrüßte hier und da und ausführlich einen Hund, und da es sehr heiß war, schlenderten wir gemächlich am Moselufer entlang.



Wir kamen u. a. an der Liener-Bank, der Lügner-Bank also, vorbei. Die war mir in den vielen Zeiten zuvor, als ich Zell besucht hatte, gar nicht aufgefallen. Dass sie mir jetzt ins Auge sprang, hatte vielleicht einen Grund?


Ich sage es wie es war: Ich war wütend auf diesen Paul. Darauf, dass er bei meiner Mutter wohl einen Freibrief hatte ... darauf, dass er Bienchen zwar in der Wohnung meiner Mutter versorgte und auch mal ausführte, sie ansonsten jedoch allein ließ.

Etwas später erfuhr ich, dass er ebenfalls eine kleine Hündin besessen hatte. Sie war auch weiß und dick wie Bienchen, und die beiden waren beste Freundinnen gewesen ... ja, bis ... später mehr darüber.

Erst einmal ging ich mit Robin in eine Weinlokal, bestellte mir einen trockenen Mosel und kam mit der Inhaberin ins Gespräch. Sie erzählte mir von jener Zeit, als ihnen hier oben,  auf der Anhöhe von Zell,

das Hochwasser bis zum Halse gestanden hatte. Diese Situationen waren mir bekannt, aber ihr Lokal lag wirklich ziemlich weit oben ... doch es gab Beweisfotos für ihre Geschichte. Wie die wohl jeder Einwohner von Zell hat.

Dann kam das Abendgeschäft und sie hatte keine Zeit mehr für Plaudereien.

Einen kleinen Absacker nahm ich im Hotelgarten, bevor ich mich mental für den nächsten Tag wappnete.


Kurze Rückkehr zu Bienchen

Sie saß wieder hinter der Glastür und schaute sehnsüchtig auf ein meistens aus einem blanken, traurigen Nichts bestehendem Ereignis. Aber sie freute sich unbändig, Robin wiederzusehen. Mich beachtete sie kaum bis gar nicht.

Pauls Lebensgefährtin bat mich zu einem Kaffee in ihre Wohnung, und traurig musste ich Bienchen in der Wohnung meiner Mutter zurücklassen. Meine Traurigkeit war aber sicher nichts gegen die dieses armen kleinen weißen Hündchens.

Pauls Wohnung war mehr als doppelt so groß wie die meiner Mutter, und die meiner Mutter maß schon über 100 qm. Alles war picobello sauber und blinkte nur so, dass einem die Augen beinahe weh taten ...

Lag hier der Hase im Pfeffer? Durfte Bienchen daher nicht in dieser Wohnung auf die Rückkehr meiner Mutter warten?

Ich sprach die beiden einfach darauf an: "Warum habt ihr Bienchen nicht zu euch nach oben geholt?"

"Sie läuft nicht gerne Treppen", antwortete Pauls Freundin C. Da musste ich aber dreimal lang schlucken ... das konnte ja sein, dass sie diese eine Etage nicht hinauflaufen wollte, aber wo lag das Problem, eine Hündin mit damals knapp 6 Kilo hinaufzutragen - (heute wiegt Bienchen trotz danach erfolgter Kastration noch nicht einmal mehr 4 Kilo).

Die Wahrheit war eher, dass die beiden Sorge hatten, Bienchen könnte irgendeine Kleinigkeit in ihrer Wohnung verschmutzen. Ich hatte es hier mit wahren und ausgeprägten Putzteufeln zu tun, aber ich entschied mich für Stillschweigen, so schwer mir das auch fiel.

"Wir waren neulich einen ganzen Tag unterwegs auf einer Tour", erzählte C. etwas später, "Bienchen war also alleine. Und als wir am Abend zurück kamen, hatte sie in das Badezimmer deiner Mutter einen Haufen gelegt."

"Und Paul hat dann noch mit ihr geschimpft. Das fand ich aber auch übertrieben." erzählte C. weiter. Wenigstens hatte C. ein bisschen Mitleid mit dem armen Würmchen. Sie einen ganzen Tag allein lassen und dann denken, sie müsse sich nicht mal erleichtern ...?

Wir gerieten uns ein wenig an die Köpfe, aber meine Absicht war weiterhin friedlich. Ich wollte mich mit diesen Leuten nicht streiten.

Sie waren mir keinen Streit wert.

Dann erzählten sie mir noch von ihrer Hündin, die ich oben bereits erwähnt habe: Peggy hieß sie, und Peggy lebte auch noch,

aber sie war nicht mehr bei ihnen.

"Wir hatten keine Zeit für sie", sagten beide, die - soweit ich weiß - vom Vermögen Pauls lebten und ansonsten nur geringfügig beschäftigt waren.

Das war ein harter Schlag in meine Magengegend. Sie hatten alle Zeit der Welt und keine davon für eine kleine Hündin, die sie sich selbst angeschafft hatten?


Fortsetzung folgt
Copyright Silvia Gehrmann


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