Sonntag, 1. Dezember 2019

1. Dezember 2019 - Adventskalender 2019 - "Das kleine Kloster-Cafe Marienwinkel" 1. Türchen

1. Teil der Geschichte

Das kleine Kloster-Cafe "Marienwinkel"

"Marienwinkel" lag ziemlich weit draußen, abseits von Zufahrtsstraßen, und für das Cafe wurde weder Werbung gemacht noch hatte es einen Internet-Auftritt. Trotzdem fanden immer Menschen hier her, manchmal durch Mundpropaganda, manchmal aber auch dem Anschein nach völlig zufällig.

Schwester Bonaventura, die Oberin des Klosters, meinte dazu: "Es ist ein Lieblingsplatz für Menschen, nur wissen es die meisten nicht."

Vordergründig war natürlich das Kuchensortiment ein Anziehungspunkt, falls man irgendwann einmal den Weg zum Cafe gefunden hatte. Aber alle Straßen endeten zwei Kilometer vor dem Kloster und Cafe. Von dort an musste jeder willige Besucher den Weg zu Fuß zurücklegen. Eigentlich kein weiter Weg, aber für manche unerschwinglich ...

Unerschwinglich?

Das wusste Sr. Immakulata zu begründen: "Viele können sich den Fußweg hierher nicht leisten, weil sie am Ende sehen, dass ihr Weg noch lange nicht zu Ende ist."

Sie sprach in Rätseln, und Neuzugang Clara verstand sie nicht. Clara war Novizin, und sich überhaupt nicht sicher, ob sie wirklich irgendwann das Ewige Gelübde ablegen wollte. Insgeheim schlummerte eine kleine Abenteuerin in ihr,

und die wollte auch mal das Klosterleben ausprobieren. Die Oberin hatte sie fürs Cafe eingeteilt, denn sie hatte ein ansprechendes Äußeres (ja, auch Nonnen können auf so etwas achten, wenn sie sich im Fall des Cafes auch sonst wenig geschäftstüchtig gaben) und ein gewisses Back-Talent. Sie war Sr. Immakulata an die Seite gestellt worden. Sr. Immakulata war eine fröhliche Person von 42 Jahren und die ungekrönte Königin der Backspeisen. Bevor sie ins Kloster ging, hatte sie eine Ausbildung zur Konditorin absolviert. Und die Talente, die sie in der Klosterküche gezeigt hatte, hatten unweigerlich zu der Eröffnung eines Cafes geführt. Natürlich hatte Sr. Immakulata entsprechend an dem Wunsch nach einem Cafe gedreht. Sie konnte recht hartnäckig sein, wenn sich eine Vorstellung in ihrem Kopf festgesetzt hatte. Nonne hin oder her ... Gehorsam gehörte ohnehin nicht zu ihren großen Tugenden. Im Laufe ihrer Klosterjahre hatten die Mit-Schwestern gelernt, es ihr nachzusehen.

Clara ihrerseits fühlte sich im Cafe durchaus am richtigen Platz.

Das Cafe machte einen luftig lockeren Eindruck, es gab viel Rosa und Weiß, und ein bisschen Himmelblau war auch dabei. An den Wänden hingen moderne Kunstdrucke, die Bestuhlung war aus Rattan, ebenso die Tische, die zudem eine Glasplatte hatten. Die Deko auf den Tischchen war der Jahreszeit entsprechend, denn der Klostergarten gab so einiges her. Jetzt im Dezember gab es natürlich Tannenzweige und bunt bemalte Tannenzapfen.




Claras erste Aufgabe am Morgen war es, alles zu säubern.  Erst danach durfte sie zu Sr. Immakulata in die Küche, die im Landhaus-Stil eingerichtet war. So kannte Immakulata es von ihrem früheren Zuhause, so hatte sie es für ihre Cafe-Küche durchgesetzt.

An diesem Dezembermorgen schaute Clara ein wenig sorgenvoll auf das Wetter: Von Advent-Romantik war nichts zu sehen, es regnete, und die Wege, die zum Cafe führten, waren vermutlich recht schlammig.

Sr. Immakulata, der sie ihre Bedenken mitteilte, fegte die beiseite:

"Du bist erst sein ein paar Wochen hier, Clara - und hast noch niemals die Adventszeit miterlebt. Du wirst sehen, es gibt keine Hindernisse, wenn man zu uns finden will. Oder muss."

Clara gab sich damit zufrieden, obwohl sie mit manchen salbungsvollen Worten rein gar nichts anfangen konnte. Zwar war das Cafe, seit sie hier arbeitete, stets von dem einen oder anderen Spaziergänger gefunden worden, aber sie konnte sich kaum vorstellen, dass hier Gewinne erwirtschaftet wurden. Vielleicht war das auch einfach nicht nötig, und Immakulata hatte sich hier nur ihre ureigene Nische gestaltet.

Allerdings backte sie heute sehr viel. Auch kein Problem, die Mitschwestern würden sich am Abend über übrig gebliebenen Kuchen freuen. Oder Sr. Bonaventura würde die Verschwendung beklagen.

Clara befüllte den Kaffeeautomaten und wartete ruhig auf die Dinge bzw. Menschen, die Immakulata schließlich voller Sicherheit erwartete.


Copyright Silvia Gehrmann
Fortsetzung folgt



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