Sonntag, 8. Dezember 2019

8. Dezember 2019 - Adventskalender 2019 "Das kleine Klostercafe Marienwinkel" - 8. Türchen

8. Teil
"Das kleine Kloster-Cafe Marienwinkel"




Gilberta ihrerseits war die Frau für Lösungen, nicht für Probleme. Mit dem Gefühlsleben anderer Menschen kam sie nicht wirklich zurecht. Es war ihr schlicht und einfach zu kompliziert, und anstatt das Leben so hinzunehmen wie es ist, machten die meisten Leute daraus eher ein Drama mit unklarem Ende oder einem nicht enden wollenden Fluss von Gefühlen.

Das Leben musste man in die Hand nehmen und sich nicht vom Leben auf den Arm nehmen lassen. In einfacheren Worten war das Gilbertas Denkweise, denn mit "auf den Arm nehmen" konnte sie natürlich nichts anfangen, weil sie es wörtlich genommen hätte und mal wieder überhaupt nichts verstanden hätte.

"Was kann man tun?" wollte die Nonne wissen, "Gibt es etwas, das Ihnen den Verlust erleichtern würde?"

So platt hatte ihr noch niemand diese Frage gestellt. Ja, was könnte man tun? Eigentlich nur zuhören, obwohl Gilberta scheinbar lieber etwas Aktives unternehmen würde.

"Ich habe ihn einäschern lassen", berichtete Petra, "und ich weiß, es ist in Deutschland verboten, die Asche zu Hause aufzubewahren. Aber genau dort hätte ich sie gerne. Aber das geht natürlich nicht."

Die Nonne, die Petra eigentlich nicht wirklich gut verstand, weil ihr Wesen ihr einfach fremd war, hatte sie dazu gebracht, ihren größten Wunsch - neben dem, es sei alles nur ein böser Traum gewesen - auf den Punkt zu bringen.

"Ich bringe Ihnen nun Ihren Kaffee, und kommen Sie bald wieder." Damit verschwand Gilberta und kam kurz darauf mit zwei Tassen Kaffee zurück, doch nur, um sich sofort wieder zu verabschieden.

"Da stellt sie dir eine wichtige Frage", meinte Denise, "und dann verpisst sie sich einfach. Und lässt dich im Regen stehen."



Vanessa

Christian hatte es endlich in die Tat umgesetzt und seine Freundin Vanessa in dieses Cafe mitgebracht. Das Cafe war ihm in der kurzen Zeit ans Herz gewachsen, und er hätte nicht sagen können, warum das so war. Er war einfach gerne hier, hier fand er eine Art von inneren Frieden, den er anderswo und besonders in der letzten Zeit sehr vermisste.

Vanessa war 24 Jahre alt, und damit nur halb so alt wie er. Das war auch ein Problem, aber nicht sein größtes.

Sr. Immakulata beobachtete aus der offenen Küchentür, dass ihr neuer Stammgast eine junge Frau in seiner Begleitung hatte. Diese musste ungefähr so alt sein wie es ihre Tochter heute wäre ...

Daran dachte sie jedoch bei fast allen hübschen jungen Mädchen, die sie sah. Sie glaubte nicht, dass Gott so lieb und gnädig war, ihr die Tochter auf seinen verschlungenen Wegen zurück zu bringen.

Die beiden bestellten Windbeutel und Kaffee.



Ein bisschen kam Vanessa sich vor als wäre sie zum Sonntagsnachmittagskaffee bei ihrer Mutter. Manchmal besuchte sie die tatsächlich noch, aber nicht mehr sehr oft.

Und sie fühlte sich nicht sehr wohl in dieser gemütlichen Atmosphäre. Wenn sie dann noch den Fußmarsch hierher bedachte, den sie genau so wieder zurück gehen musste, verging ihr eigentlich jede Lust auf ein freundliches Gespräch mit Christian.

Sie war verknallt in ihn. Er sah toll aus, hatte einen attraktiven Beruf und er war nicht gerade ein armer Mann. Andere Frauen beneideten sie um ihn, was auch nicht unwesentlich war.

Sie verbat sich diese Gedanken, denn sie waren vermessen und in ihrer Situation eigentlich auch nicht angemessen. Andererseits war sie jung, sie durfte vielleicht sogar Fehler begehen, und vor allem musste sie ihr Leben genießen. Aber das, was Vanessa genießen nannte,

bereitete Christian die größten Probleme.


Fortsetzung folgt
Copyright Silvia Gehrmann



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