Freitag, 6. Dezember 2019

6. Dezember 2019 - Adventskalender 2019 - "Das kleine Klostercafe Marienwinkel" 6. Türchen


6. Teil
"Das kleine Kloster-Cafe Marienwinkel"



Christian zahlte die geringe Zeche für seinen Kaffee. Doch, bevor er sich auf den Rückweg machte, blickte er sich noch einmal im Cafe um:

Welch ein schöner, friedlicher Ort, dachte er, ich sollte mal mit Vanessa hierher kommen.


Schwester Immakulata

Mit 17 Jahren wäre es ihr undenkbar erschienen, in ein Kloster einzutreten. Sie hatte mit Gott und seinem Verein überhaupt nichts am Hut gehabt. Schon den Kommunion-Unterricht hatte sie gehasst, und nur durchgehalten in der Aussicht auf eine schöne abschließende Feier - und ein wunderbares weißes Kleidchen.

Nicht im entferntesten Sinn kam das Wort "Kloster" in ihrem Sprachschatz überhaupt vor, geschweige denn, dass sie ein solches Leben in Betracht zog.

Mit 17 Jahren bekam sie ein Kind, ein Mädchen. Für sie, die damals Julia hieß, war sofort klar, dass sie das Kind zur Adoption freigeben würde. Viel lieber hätte sie es noch abtreiben lassen, aber sie war bereits im 4. Monat, als ihre Schwangerschaft festgestellt wurde.

Ihre Eltern hatten keinerlei Einwände und waren froh, nicht ihrerseits dementsprechend interagieren zu müssen. So war ein Problem schnell aus dem Sichtfeld und für immer verschwunden.  Sie sorgten dafür, dass Julia die Pille verschrieben bekam und weinten der Enkeltochter keine Träne nach. Tränenlos ließ auch Julia ihre Tochter ziehen.

Sie fing an, ihr Leben erst richtig zu genießen, trieb sich oft bis in die Morgenstunden in Clubs herum und schwänzte im Anschluss die Schule. Ihr Abitur bekam sie nicht mehr gebacken. Mit der Mittleren Reife in der Hand musste sie zusehen, welchen Beruf sie ergreifen wollte. Ihre Talente waren allerdings überschaubar: Im Grunde hatte sie nur Interesse für sich selber ... und ein bisschen fürs Backen. Ihre Torten kamen im Familenkreis immer gut an.

Foto: S. B.


Also entschied sie sich für eine Ausbildung in einer Konditorei. Und während sie so manche Hochzeitstorten oder Torten für Taufen kreierte, erlebte sie nach und nach und sehr langsam einen inneren Wandel. Sie vermisste plötzlich, erst nur selten, dann öfter, ihre kleine Tochter. Endlich gab sie ihr einen Namen, Peggy. Natürlich wusste sie, dass dies nicht der Name war, unter dem ihre Tochter jetzt lebte. Aber indem sie dem Kind endlich einen Namen gab,

fing sie auch an, über ihren Verlust zu trauern. Doch den hatte sie sich selbst zuzuschreiben. Mit 17 kann man enorm dumm sein, dachte sie oft, als sie mit 22 Jahren den Weg zum christlichen Glauben fand.

Das war kein schneller Weg gewesen, denn er hatte sich aus vielen kleinen Schritten zusammen gesetzt. Über ihr Bereuen über die Adoptions-Freigabe ihres kleinen Mädchens fand sie zu einem Pfarrer, dem sie sich anvertraute.

Sie führten stundenlange Gespräche auf Augenhöhe, wie Julia meinte, und das, obwohl sie knapp über 20 Jahre alt und er über 70 war. Dieser Mann verkörperte für sie genau das, was sie eines Tages selbst verkörpern würde ...

Sie war 25 Jahre alt, als sie als Novizin in ein Kloster eintrat. Inzwischen war sie in ihrem Kloster zwar nicht die Mutter Oberin, aber so etwas wie die Seele des Ganzen. Und alle waren verzückt von ihren feinen Kuchen-Kreationen,

während es zur Weihnachtszeit natürlich jede Menge Plätzchen gab.




Der erste Schnee

fiel in diesem Jahr am 6. Dezember, und er verzauberte den umliegenden Wald in eine puderzuckersüße Natur. Das verführte mehr Spaziergänger als üblich, durch den Wald zu gehen - und am Ende eine kleine Auszeit im Kloster-Cafe zu nehmen.



Es war genau das richtige Wetter zur richtigen Jahreszeit. Und Gilberta meinte obendrein, dass es heute auch genau die richtigen Gäste waren, die das Cafe besuchten. Dazu gehörten Petra Schiller und Denise Koch nebst ihren Hunden "Bonbon" und "Wölfchen", und auch der Arzt Christian.

Christian Burlitz war ihr schon ein wenig vertraut. Inzwischen war er dreimal in dem Cafe gewesen. Und heute hatte er eine sehr gutaussehende junge Frau mitgebracht.

Zu früh für Gilberta, um mit ihm ins Gespräch zu kommen, schon gar nicht, da er in Begleitung war. Insgeheim war sie jedoch froh, dass er wie die Male zuvor wieder den selben Platz wählte.


Fortsetzung folgt
Copyright Silvia Gehrmann





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