Samstag, 23. Mai 2015

23. Mai 2015 - WDR - Martina und Moritz

Foto: M. R.
Martina und Moritz widmen sich der
Weltküche der Hanseaten

Der Durchblick mittels bunter Brillen

Es ist zu köstlich, wie sich ein Ehepaar im Laufe der Jahre einander angepasst hat. Seine Brillen sind ebenso bunt wie ihre, die Speisen, die sie servieren, wohl lange vor einer Sendung quer und mit schweren Diskussionen  durch die heimische Küche probiert. Keine regionale oder überregionale Küchenkunst wird ausgespart, und Eigenlob für die Ergebnisse stehen ganz vorne in jeder Sendung wie ein Publikum, das applaudieren würde, aber in der Tat gar nicht vorhanden ist.

Heute gibt es eine Oxtail-Suppe als Auftakt der weiteren kommenden Kochgenüsse. Also eine Ochsenschwanzsuppe, und zwar jene, die man falsche Schildkrötensuppe nennt. Martina und Moritz erwähnen, dass die Schildkröten-Verköstigung in Deutschland seit langem verboten ist. Dass sie das gut finden - oder überhaupt ein Statement dazu - gibt es nicht.

Martina nimmt gerne zusätzlich Senfkörner zu Suppen. Das hört sich lecker an. Dazu gibt es Käsehäppchen auf getoastetem Baguette. Da man zu Suppe angeblich und ihrer Meinung nach nichts trinkt (war schon mal ein Ärgernis hier und da beim perfekten Dinner) gibt es ausnahmsweise aber trotzdem ein Getränk: Einen trockenen Sherry.

Bei dieser Aussage, dass man zu Suppen keine Getränke reichen muss ... frage ich mich, wie modern ist ihre Küche eigentlich noch?

Ein Gabelfrühstück setzt die Kochrunde fort: Austern zum 2. Frühstück. Live und in Farbe vor dem Fernsehpublikum getötet (einer der  Gründe, warum ich Austern nicht mag: In der Tat muss jeder sie selber töten, der eine geschlossene Auster kauft). Für mich persönlich und ohne besonderen Auftrag sind Austern sowieso überbewertet.

Sie geben Pumpernickel-Käsetürmchen dazu (das hat schon meine Mutter gekannt, muss aber deswegen nicht Old-Fashion sein, nur vielleicht). Und Heinrich Heine mochte laut Martina und Moritz seine Austern gern mit Zitronensaft und fein geschnittenen Schalotten. Ich kenne auch meinen Lieblingsdichter, aber das ist mir bis dato unbekannt gewesen.

Ein Rheinwein vervollständigt die Chose Gabelfrühstück. Hoffentlich erleben alle noch den Nachmittag bei solch einem zweiten Frühstück.

Hamburger Stubenküken - so süße kleine Tierchen, die heute eher aus Frankreich kommen und somit für die meisten Verbraucher einen weiten Weg zurück gelegt haben. Der Transportweg war unter Umständen länger als ihr Leben. Die Mini-Tierchen werden unter anderem mit rohem Reis gefüllt und in Sud gekocht. Dazu reichen Martina und ihr Moritz Brot und einen Weißwein: Chardonnay - ein Burgunder-Kind. So kommen Kinder zu Kindern.

Als Dessert gibt es einen Bratapfel auf Lübecker-Art, natürlich mit Marzipan gefüllt. In Blätterteig gehüllt darf er im Ofen seiner Vollendung entgegensehen - und ein trockener Sekt als Getränk vervollständigt die Harmonie.

Bowlen gibt es in allen Hansestädten (sicher nicht nur dort) als typisches Getränk - vermuten die beiden, und rühren eine Ananas-Bowle zusammen. Auf "Pinja Culada"-Art, wie Martina bemerkt.

Insgesamt vergebe ich für alles zusammen maximal acht von zehn möglichen Punkten. Obwohl das kochende und sich selbst gut vermarktende Ehepaar vermutlich die zwei fehlenden Punkte stark kritisieren würde. Sie sind von dem, was sie tun, dermaßen überzeugt - und suggerieren dies auch in jedem vierten Satz, dass manch einem Zuschauer keine Wahl bleibt, es vielleicht doch noch besser zu können als sie ... oder ihnen einfach nur devot zu huldigen.

Ich kann es nicht besser, aber den Geschmack einzelner Speisen und Komponenten kann ich mir sehr wohl gut vorstellen. Hier gilt jedoch das Fernseh-Prinzip: Klappern gehört zum Handwerk - und manchmal steht es sogar völlig unverfroren im Vordergrund.

Guten Abend, Gruß Biene

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