verkneifen sollte: 15. Warnung!
Nachts in eine Bibliothek einschließen lassen
Für Bücherbegeisterte ist dies sicher ein Traum. Einmal ganz allein und viele Stunden in einer leeren Bibliothek verbringen, in den Gedanken von Autoren schwelgen,
oder in ihrer Aura ein bisschen von ihrem Intellekt aufzunehmen.
Die Bibliothek leert sich, während man in einer Ecke auf die Schlüssel lauert, die sich im Schloss herumdrehen und zu erkennen geben: der letzte Angestellte hat auch das Licht gelöscht.
Dann den ungestörten Duft der Bücher einatmen. Manche miefen bereits ganz schön. Vielleicht nicht nur, weil das Papier alt ist,
sondern auch, weil sie in vielen Haushalten herumgelegen haben, mal lesend verschlungen, mal halbherzig gelesen, mal ungelesen in der Bibliothek zurückgebracht. Vielleicht haben einige ihren Ausleih-Urlaub neben Zwiebeln verbracht,
andere wurden mit Zigaretten vollgequalmt.
Nun ist man allein mit dem Wissen und den Gedanken vieler Autoren. So viel Bücherduft macht vielleicht durstig. Aber wir sind hier in keinem Rundum-Versorgungsbetrieb,
es gibt nichts zu Trinken. Es gibt nur die Bücher.
In denen kann man nicht gleichzeitig stundenlang lesen: man muss sich also entscheiden - und merkt:
dann hätte ich mir auch ein Buch ausleihen, und es mit nach Hause nehmen können.
Aber ersetzt das die Atmosphäre dieser stillen Bücherei?
Spätestens, wenn man erkennt, dass man sich versehentlich an einem Freitagabend hat einschließen lassen, und die Stadtbibliothek erst am Montagmittag wieder öffnet,
bereut man diesen Akt der Traumerfüllung. Denn der Traum ist dahin, es lauert ein langes Wochenende mit Durst und
Hunger.
Beides kann auch der Hunger nach Büchern nicht stillen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen