Samstag, 9. April 2016

Kurzgeschichte "Do It Yourself" - Felix versucht, sich selbst zu töten - Teil 1



Do It Yourself

Felix hält sich nicht länger für den Glücklichen, den seine Eltern bereits bei der Namensgebung mit der Hypothek belegt hatten, genau dieser Hoffnung stets und ständig gerecht zu werden.

Er ist ein Häufchen Elend, eine gescheiterte Existenz, von allen verlassen, die ihm vielleicht sogar gestern noch etwas bedeutet hatten. Nun verlässt ihn auch noch der trotz allem existenziellen Kampf bislang begleitende Humor.

Er kann nicht mehr lachen.

Seine Ehe war nach vorherigen ständigen Reibereien hoffnungslos zerbrochen.  Sein Chef klebte immer noch an dem Stuhl, an dem Felix vergeblich, aber intensiv gesägt hatte.

Sein Ehrgeiz hatte keine Früchte getragen, sondern ihn an den Rand aller ihm letztlich verbliebenen menschlichen Beziehungen gebracht.

Felix will nur noch tot sein!

Aber wie um Himmels Willen "wird man tot", wenn man körperlich so gesund ist  wie es kein Arzt gerne sieht?

Wie stirbt man am allerbesten, ohne weitere Spuren zu hinterlassen? Einen Moment denkt er daran, einen Mord vorzutäuschen - und diesen entweder seiner vor ihm geflüchteten Frau oder seinem Chef in die Schuhe zu schieben.

Ihm fehlen hierzu jedoch Hintergrundkenntnisse, denn er kennt Morde nur aus "Tatorten" in der ARD, und auch die werden am Ende immer aufgeklärt. Ein Columbo als Ermittler in der realen Welt würde schnell herausfinden,

welch eine elender Selbstmörder Felix war, der zudem auch noch völlig Unschuldige in den kriminellen Ruin trieb, in den sie nicht gehörten.

Außerdem hat er es ziemlich eilig, zu sterben.

So kommt er zu dem Schluss, einfach Schluss zu machen und seine Rachegelüste auf der Erde zu belassen, während er sich selber auf und davon machen würde in ein hoffentlich stilles,  ruhiges, sanftes Dasein.

Er hinterlässt ein Abschieds-Schreiben, in dem er der Wissenschaft seinen Körper hinterlässt. Vielleicht würden die in seinem Gehirn die Windungen finden, die ihn gerade so entsetzlich verzweifeln lassen. Natürlich würde er davon keine Kenntnis mehr erlangen. Schade drum.

Um zu überlegen, wie das am besten anzustellen ist,  macht Felix einen Spaziergang. Auf Spaziergängen kamen ihm immer noch die besten Ideen - nun ja, manchmal auch ganz schlimme, wenn es darum ging, seiner Frau erneut unwahre  Dinge zu unterstellen oder seinem Chef eine weitere Ungeheuerlichkeit unterzujubeln.

Plötzlich hört er die Sirenen von Feuerwehr und Polizei und schon steht er vor einem brennenden Haus. Er starrt in die Flammen und kann die direkte Nähe zu einem plötzlichen und dem eigenen Tod kaum fassen:

Einfach reinlaufen und das Feuer sein Werk verrichten lassen. Doch so einfach ist das gar nicht, denn es sind viel zu viele Feuerwehrleute mit dem Löschen beschäftigt.

Egal, ein Moment und das Feuer würden reichen und aus die Maus wäre es mit dem ehemals glücklichen Felix. Skrupel überkommen ihn ganz plötzlich und unerwartet:  Sie würden hoffentlich nicht versuchen, ihn aus dem brennenden Haus zu retten und ihr eigenes Leben riskieren!

Schnell läuft er - und so gut es geht ungesehen, an allen vorbei ins brennende Haus.
Irgendwie schafft er es. Flammen lodern. Es riecht nach Hitze und Tod.

Jemand von draußen schreit "Da ist einer rein gelaufen."

Bleibt draußen, bleibt alle draußen, denkt Felix
.
Plötzlich sieht er das kleine Kätzchen. Rußverschmiert sitzt es in einer Ecke und ist bereits halb bewusstlos. Aber es atmet noch, sieht ihn aus trüben Augen an.

Felix agiert, und vergisst beim Anblick des schutzsuchenden Wesens vorübergehend sein Vorhaben.
Mit dem Kätzchen auf dem Arm draußen angekommen, gibt er es in die Hände eines Feuerwehrmannes.

Der will den Lebensretter am Ärmel festhalten, doch flugs ist Felix bereits auf dem Weg, um seinen Plan anderswo in die Tat umzusetzen.

Nur ein Foto gelingt dem Mann von der Feuerwehr noch vom Kätzchen-Retter. Dann ist Felix verschwunden.

Copyright Silvia Gehrmann
Fortsetzung folgt

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