Samstag, 18. Mai 2019

18. Mai 2019 - In den entscheidenden Momenten war er immer da ...


Josef Schäfer
1928 - 1993

In den entscheidenden Momenten war er immer da ...

Als ich kürzlich die noch aktuelle Edeka-Werbung zum Muttertag gesehen habe, in der Vätern so einiges schief geht, ach nein, eigentlich geht alles schief, was schief gehen kann (Murphys Gesetz eben) ... dachte ich auch an meinen eigenen Vater:

Ihn hätte die Werbung belustigt (zum Weinen würde ihn höchstens der Status Quo seiner heruntergewirtschafteten SPD bringen) Und in der einen oder anderen Szene hätte er sich durchaus wieder erkannt. Aber keine Sorge (falls sich die jemand überhaupt machen sollte),

ich habe meine Kindheit überlebt. Denn ich hatte den besten Vater der Welt. Nur perfekt war er sicher nicht. Oft genug ist er an der Kinderbespassungsfront an seine Grenzen gestoßen.

Wenn ich ihn auf einem ganz bestimmten Foto sehe:

Kippe im Mundwinkel, auf dem Arm seine kleine Tochter ... das wäre heute ein Fall fürs Jugendamt. Huch, noch mal Glück gehabt, dass mein Bruder und ich ohne Jugendamt durch die Kindheit gekommen sind.

Dann gibt es die erste vage Erinnerung, die ich selber habe (und die gilt eindeutig meinem Vater und nicht meiner Mutter):

An den Hundebiss kann ich mich nicht erinnern, auch nicht, was später beim Arzt geschah: Aber ich weiß noch, dass ich auf dem Arm meines Vaters bin, der mich zuvor in eine Decke gewickelt hatte,

und mich im Sauseschritt zur Praxis bringt.

Seine diplomatischen Fähigkeiten waren gefragt, wenn er mal wieder zwischen meiner Mutter und mir vermitteln musste, damit wir uns nicht verbal an die Kehle gingen ... Wir waren schon zwei Teilzeit-Kampfhennen wie sie in jedem Mutter-Tochter-Buch stehen..

Bei Prüfungen war er es, der fest an mich glaubte und auch im Falle eines Scheiterns vermutlich anderen die Schuld gegeben hätte. Na ja, wäre nicht gerecht gewesen ...

denn nicht nur eigentlich besaß er einen großen Sinn für Gerechtigkeit. Dieser Sinn hat ihn auch oft genug belastet ... und ich habe den von ihm übernommen. Ist nicht einfach, wenn man sehenden Auges in viele Ungerechtigkeiten gucken muss.

Er war es, der eifersüchtig auf meinen ersten Freund war - und diesen dann doch leidlich herzlich in die Familie aufgenommen hat.

Aber er war auch derjenige, der soviel gearbeitet hat, dass er oft schmerzlich vermisst wurde.

Er war dann damit einverstanden - und hat natürlich dafür bezahlt - als ich unbedingt in ein Internat wollte.

Seine Bescheidenheit muss er von seiner Mutter, meiner Oma, übernommen haben - aber auf mich übertragen hat er sie leider erst einmal nicht. Inzwischen bin ich jedoch ein bisschen bescheidener geworden, vielleicht auch deshalb,

weil gerade diese zwei Menschen meine Vorbilder sind und ich spät noch ein wenig schlauer geworden bin.

Leider hat er meine Mutter und mich viel zu früh verlassen: Der Tod seines Sohnes saß ihm in den Knochen, die viele harte Arbeit, dann auch noch mit Asbest ... wider klügere Vermutungen galt das damals allgemein als unbedenklich. Passte eben in den Kram ...

Er wurde nur 64 Jahre alt.

Gibt es heute entscheidende Momente, dann denke ich zurück und frage mich, was hätte er mir geraten?

Manchmal befolge ich seinen imaginären Rat, manchmal nicht.

Unvergessen.


Guten Tag, Gruß Silvia

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