Zum Tod von Fred Fussbroich
Am 18. Oktober 2022 ist Fred, der Vater der Familie Fussbroich und lebenslange Diskussionspartner von Annemie, im Alter von 82 Jahren verstorben. Hauptsächlich bestand beider Kommunikation aus der hohen Lust am permanenten Reden, wobei das Reden selber der Zweck war - und keinesfalls die Inhalte.
"Erzählen wollte ich, dass der Konsum die Menschen beherrscht und manipuliert", erklärte Ute Diehl, die Regisseurin der Sendereihe.
Herausgekommen ist eine kultige Anreihung von Sendungen, in denen Fred und Annemie übers Leben und über Weihnachtsbeleuchtung oder zum Beispiel auch Osterdekoration philosophieren. Das waren noch herrliche und unbedarfte Fernseh-Zeiten, als Fred sich überlegte, ob er sich eine Minipli oder eine Sauerwelle (keine Ahnung, was das ist) legen lassen sollte. Goldkettchen an Männerhälsen waren ebenfalls noch nicht verpönt. Und Annemie war als Vorreiterin diverser kosmetischen Verschönerungen unterwegs.
Immerhin arbeiteten sämtliche Verlobte oder Freundinnen von Sohnemann Frank in diesem Bereich. Unter einer Friseurin oder Kosmetikerin kam Annemie keine potenzielle Schwiegertochter ins Haus. Wenn man schon das einzige Kind teilen musste, dann bitte mit einer Frau, die auch der Mutter Freude und Vorteile bringen konnte.
Fred, der "Arbeitsmann" schloss sich diversen Verschönerungs-Aktionen an. Und manchmal gönnten sie sich einen Aufenthalt auf einer Schönheitsfarm, die natürlich immer Annemie als die Schönere von beiden verlassen durfte.
Der Konsum
Der oben genannte Hintersinn der Ute Diehl-Sendung hat sich mir zwischen all dem Geplänkel über Plattitüden nicht unbedingt erschlossen. Eher dachte ich, dass die Protagonisten, je weiter ihre Berühmtheit fortschritt und die Gagen sicherlich gestiegen sind, locker und ziemlich dringend ihr derart gewonnenes Geld in den wirtschaftlichen Umlauf bringen mussten. Aber vielleicht war auch genau das die Absicht hinter dem Dreh.
Es wurden neue Möbel angeschafft, um die Wohnung auf Vordermann zu bringen, Klamotten, Frisuren, Pflegeprodukte, Urlaube gemacht undundund ... die Anreihung der Belanglosigkeiten ist schier unendlich.
Dennoch war besonders Fred Fussbroich ausgesprochen authentisch, und er blieb - zumindest bis zum Ende der Sendereihe - schlicht und einfach der selbsternannte "Arbeitsmann".
In der oben abgebildeten DVD-Reihe fehlen ein oder zwei Einzel-Episoden: in denen wird die damalige Kriminalität des einzigen Sohnes abgearbeitet. Die sollen im TV gezeigt worden sein, wurden aber nicht für die Ewigkeit festgehalten.
An vielen Stellen war die Regisseurin - aus heutiger Sicht - unerfahren mit solch einem Format aus dem realen Leben: Diskussionen um zum Beispiel eine Glühbirne konnten schon mal eine ganze 30-Minuten-Folge mit Ödnis füllen. Und dass Annemie und Fred es schafften, nach und nach das sogar in Köln bekannte Gelsenkirchener Barock geringfügig zu modifizieren, wurde von beiden allumfassend dokumentiert - und auch eine
Autofahrt in voller Länge gezeigt. Zum Glück gab es keinen Stau, sonst hätte die Fahrt noch länger gedauert ...
Bei der Ansicht der einzelnen DVDs habe ich oft genug gedacht: kann man Fred nicht mal das Wort abschneiden - oder er eine dicke Erkältung bekommen, die ihn kurzfristig und vorübergehend seiner Stimme beraubt? Doch die DVDs haben natürlich den Vorteil, dass man sie vorlaufen lassen kann ... und bei all den vielen Vorläufen bin ich sicher, nichts Wichtiges verpasst zu haben.
Denn wichtig war keine ihrer Aussagen, schon gar nicht die über Politik. Die waren mitunter peinlich. Über den banalen Alltagstalk ging es nicht hinaus. Dennoch kann man sich vorstellen, das genau dies auch in ihrem Leben abseits der Kameras nicht anders ablief.
Fred Fussbroich hätte ich - trotz seines langen Lebens - noch ein paar mehr Jahre mit seiner Annemie gewünscht, in denen sie sich weiterhin täglich über jeden Unsinn des Lebens auf ihre erfrischend naive Art
hätten unterhalten können. Immerhin haben sie einer Menge kommunikations-unbegabter Leute eine Anleitung gegeben, dass man über jedes noch so banale Thema ausführlich quatschen kann, nur damit man im Gespräch bleibt. All die Gespräche haben ihre Ehe am Leben erhalten.
Ruhen Sie in Frieden, Kölsches Original Fred Fussbroich. Solche "Arbeitsmänner" sind heute Mangelerscheinungen.
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