Wohin gehst du, nachdem du gegangen bist ...
Im September d. J. verstarb ein nahes Familienmitglied meines Mannes. Am 21. Oktober 2022 wird ihre Asche in einem Friedwald beigesetzt. Lange Zeit war sie krank, schwer krank - Krebs. Corona kam noch obendrauf, als hätte das Schicksal einfach keine Gnade mit einem Menschen, dem es ohnehin bereits so schlecht geht wie es ihm nur gehen kann. Und trotzdem gab es am Ende monatelang diesen Hoffnungs-Schimmer, der zum Beispiel mit dem Nachwachsen der Haare, aber nicht nur dadurch, angefeuert wurde und auch verhalten freudig gefeiert wurde. Sie war auf dem Weg der Besserung und noch gar nicht alt genug, um zu sterben. Aber was haben die Lebensjahre schon mit dem vom Schicksal zugestandenen Lebenszeitraum zu tun?
"... denn ihr kennt weder den Tag noch die Stunde“ (MAT. 25:13)
Ihre Stunde kam mitten in der Nacht. Sie stand auf, um ins Badezimmer zu gehen - und brach auf dem Weg dorthin zusammen. Und starb. Der Tod kam plötzlich, und wiederum auch nicht so plötzlich. Er war das traurige Ergebnis einer langen Krankheit, die sie wohl nicht wirklich überstanden hatte. Sie hatte es nur geglaubt. Zwar erzählen heute die Ärzte ihren Patienten keine Lügengeschichten mehr über ihren gesundheitlichen Zustand - aber offensichtlich haben manche Kranke inzwischen diesen Part übernommen und machen sich selber etwas vor. In diesem Fall war das gut möglich. Allerdings ist alles richtig, wenn der Kranke es für sich selber als richtig empfindet.
Sie war gläubig. Vielleicht macht der Glaube einiges, natürlich nicht alles, einfacher? Ruhe in Frieden, Christine.
Ivo
Obwohl sein Tod fast drei Jahre zurückliegt, habe ich davon auch erst im September d. J. erfahren. Vor vielen Jahren war er für einen langen Zeitraum mein Freund und nach unserer Trennung waren wir noch viele Jahre miteinander befreundet. Irgendwann verlief unsere Freundschaft im Sande, wie es nicht unüblich ist.
Er war Arzt. Und ich weiß, dass er wegen seiner offenen und manchmal auch schroffen Art nicht bei allen Patienten beliebt war. Beliebt war er jedoch genau wegen dieser Art bei vielen anderen. Er redete nie um den heißen Brei herum oder redete etwas schön, was nicht schön war.
Ivo war einzigartig. Nicht einfach, nicht kompliziert, wenn man ihn gut kannte. Treu, untreu. Aber er war ein Freund, auf den man sich, wenn er einen ins Herz geschlossen hatte, stets verlassen konnte.
Alle paar Jahre habe ich gegoogelt, was er aktuell macht ... und dann im letzten September erfahren, dass er bereits im Oktober 2019 gestorben ist. Er wurde in seiner Heimatstadt Prag beerdigt.
Ruhe in Frieden, Ivo.
Wohin gehst du, nachdem du gegangen bist ...
Christine hat an Gott geglaubt und sicher auch daran, dass ihr letzter Weg ein direkter in eine Art von Himmel sein würde, der sicher ganz anders aussieht, als sie ihn sich vorgestellt hat - aber vorhanden ist für alle Lebewesen, von denen nur noch die Seele übrigbleibt, die ihre letzte Heimat sucht.
Ivo war durch und durch ein pragmatischer Wissenschaftler. Aber wer weiß: ich habe ihn etwa 20 Jahre nicht mehr gesehen oder mit ihm telefoniert - vielleicht haben ihn die Jahre auch in seiner Sichtweise verändert? In der Todesanzeige für ihn steht, dass er bis zuletzt selbstbestimmt gelebt hat und Herr seiner Sinne war.
Wohin gehen wir wirklich, wenn wir den letzten Weg gegangen sind? Ins Dunkel ohne jegliche Sinneswahrnehmung? Folgt dem Tod des Körpers auch der Tod der Seele?
Das letzte Geheimnis.
Als Agnostikerin sage ich dazu: ich habe keine große, sondern nur eine kleine Angst vorm Sterben, aber ich habe eine riesige Angst vor dem Tod. Eine finale Überraschung könnte mich vielleicht überfordern - aber vor mir haben Milliarden von Menschen diesen letzten Schritt bewältigt ...
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