Montag, 8. Februar 2016
7. Februar 2016 - ARD - Tatort Wien - "Sternschnuppe"
Sternschnuppe
Was zunächst wie ein autoerotischer Unfall aussieht, entpuppt sich bei der Obduktion als Mord. Denn in der Luftröhre des Opfers steckt ein Zettel mit einem Song-Text.
Der Musik-Manager und Show-Juror Udo Hausberger, der es sonst versteht, junge Leute in der von ihm geprägten Musik-Talent-Show auszubeuten bis auszunutzen und vor allem wie Dreck zu behandeln, mochte im wahren Leben den ultimativen Kick, der nahe am Tod spaziert.
Seine ausgesprochen gelassene Ehefrau, die soeben zur Witwe mutierte, zeigt Eisner mit einer Handbewegung das große Anwesen und meint, dies sei das Ergebnis eines einzigen Hits.
Weniger gelassen reagiert sie, als ihr gerade dämmert, dass nun die finale Casting-Show auf der Kippe steht - ohne den Menschen verachtenden, soeben Verstorbenen.
Ein Blick ins Casting-Show-Business, fast ein wenig spät - denn diese Art von Sendungen interessieren immer weniger Leute. Aris, der diesjährige Favorit der Sendung - und wohl auch bereits ausgemachter Sieger - merkt am Ende ebenfalls, dass er nicht nur seine Stimme (und sein "Schicksal"), sondern auch seine Seele verkauft hat.
Und dass die Zuschauer letztendlich über den Sieger der Show entscheiden - glaubt er nicht.
Schlimme Schicksals-Schläge im Leben der Kandidaten befördern diese eher in die obere Casting-Liga als gute Stimmen - und gnadenlos werden familiäre Dramen in den Sendungen verbraten. Und falls es nicht theatralisch genug ist - wird schnell etwas verfälscht oder hinzugefügt.
Wer hätte es nicht ohnehin schon geahnt? Dass die, die keinen Tod von Vater, Mutter oder Opa betrauern können, auch keine Chance auf den Sieg haben!
Bibi Fellner und Moritz Eisner agieren so wie man es den Zuschauern dieser Shows nur wünschen könnte:
Mit einer gehörigen Portion Ironie.
So beleuchten sie, einander auflauernd, auch die Liebesabenteuer des jeweils anderen. Und finden mehr tote Hose als gedacht.
Eine gute Vorlage für flotte Sprüche. Da sind die Wiener inzwischen gewiefter als die Münsteraner, von denen nur noch Klamauk kommt.
Natürlich wünscht man Bibi und Moritz, dass sie zueinander finden - aber bitte erst im letzten ihrer Tatorte!
Da selten bis überhaupt nie ein Star aus einer derartigen Sendung hervorgeht - befindet sich die Täterin auch im Besitz des zweifelhaften Sieges aus dem Vorjahr. Gebracht hat ihr der Sieg weder Ruhm noch Geld, sondern nur Frust und jede Menge Wut - bis hin zu einer Abtreibung.
Per Vertrag hat sie nicht nur sich selber und ihren Körper, sondern auch alles geistige Eigentum an Udo Hausberger abgetreten - so auch das von ihr komponierte Lied, das der diesjährige Favorit Aris nun singen soll.
Und sie steckt Udo den Zettel mit ihrem Song-Text so tief in den Rachen, dass er daran erstickt. Eine symbolische Tat, stellvertretend für die vielen Opfer dieser Sendungen? Es ist wie in einer Spielbank: Nicht der Spieler gewinnt, sondern immer nur die Bank.
Eine Show, in der es um nicht weniger als das große Glück mit dem großen Erfolg geht, zeigt das, worum es wirklich geht:
Dem perfiden Spiel mit Talenten, die dem Publikum und den Machern zum Fraß vorgesetzt werden, um am Ende gerupft und wieder völlig unbekannt in der Versenkung zu verschwinden. Mit ein paar Blessuren mehr als vorher - und der Gewissheit:
Die wirklich schlimmen Vita-Geschichten werden während solch einer Show erworben - und nicht im Vorfeld durch andere Schicksalsschläge.
Ein gelungener Krimi aus Wien.
Guten Morgen, Gruß Biene
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