80 Jahre - und ziemlich weise
Der erste Blick, den ein jeder hatte, der das Duisburger Bahnhofsgebäude verließ, fiel auf die prachtvolle Platanen-Allee direkt gegenüber. Mindestens einmal am Tag kam ich hier vorbei, und die mächtigen prächtigen Bäume gehörten zum Stadtbild wie eine Visitenkarte. Schon am Tor zu Duisburg konnte man erkennen: Es handelt sich um eine schöne Stadt.
Nun hat der Schlag die Platanen getroffen, der Kahlschlag! Gegen alle Bürgerproteste und sogar gegen die Vernunft hat die kommunale Politik mal wieder bewiesen, dass sie sich nur auf einem unteren Niveau im Getriebe bewegen kann. Der eine Oberbürgermeister abgewählt, der andere? - Mit dem hat man sich offensichtlich verwählt. 80 Jahre alt sollen die Platanen gewesen sein - also haben sie sogar die Bombardierung Duisburgs im Zweiten Weltkrieg überlebt - und jeden heftigen Sturm seit dem sowieso. Dass sich hier wieder einmal mehr der Mensch als Feind der Natur - und damit auch als Feind gegen sich selber - erweist, nie hätten die stattlichen, alten und vielleicht auch weisen Platanen es erahnt.
Verlierer sind wir nun alle: Die Bürger, die vielleicht nicht an jedem Tag die Schönheit der Bäume erkannt haben, aber sie nun schmerzlich vermissen. Wie eine böse Zahnlücke klafft eine große Wunde im Innenstadtbereich. Und die Politiker, die dieses Platanen-Gate zu verantworten haben. Die Rechnung wird nachgereicht, sobald wie möglich.
Einen kleinen Helden gibt es aber doch in dieser traurigen Geschichte: Die Rabenkrähe Murphy. Weil Rabenkrähen unter Naturschutz stehen und es dem Murphy-Pärchen in diesem Jahr gefallen hat, eine Platane zu benisten - und nicht wie sonst, im Kantpark die Brutstätte zu bauen - durften zwei Bäume vorerst nicht gefällt werden.
Mir ist Murphy zum erstenmal im Jahre 2001 aufgefallen. Der intelligente Vogel konnte sich Menschen "merken", die öfter in seinen Park kamen. Monatelang habe ich während meiner Hundespaziergänge versucht, die Rabenkrähe anzufüttern. Was gar nicht so leicht war, denn als intelligenter Vogel ist er natürlich höchst vorsichtig. Empfiehlt sich ja immer gegenüber Menschen.
Doch am 1. April 2002 geschah das Wunder: Er nahm endlich die von mir ihm hingeworfenen Hunde-Leckerlies - und kam ganz in meine Nähe. Da war klar: Der Vogel braucht einen Namen! Als erstes fiel mir Murphy ein. Warum? Einfach so!
Hoffentlich bewahrheitet sich jetzt nicht noch Murphys Gesetz. Nach einem kurzen Leserbrief an die WAZ bekam ich eine Mail von einem Reporter, der mich um ein Gespräch bat. Er wollte Murphys Geschichte kennen lernen. Und ich erfuhr meinerseits, dass Murphy seit der Baumfällung vermisst wird.
Manchmal geht eben alles schief, was schief gehen kann. Ich mache mich bald auf die Suche nach Murphy. Wenn er nicht vor Schreck tot umgefallen ist, werde ich ihn finden! Ansonsten finde ich den Weg zum Wahllokal nicht mehr bei der nächsten Kommunalwahl.
Heute steht ein Artikel in der WAZ, hier der Link dazu:http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/rettete-diese-kraehe-die-beiden-letzten-duisburger-platanen-id10576053.html
Woran ich Murphy erkenne? Ja, woran wohl? An der Art, wie er mich erkennt! Und selbstverständlich weiß ich auch ohne Beringung, dass es sich um immer denselben Vogel handelt. Im übrigen gibt es im Innenstadtbereich nur dieses einzige Rabenkrähen-Paar.
Guten Morgen, Gruß Biene
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