Montag, 16. Februar 2015

16. Februar 2015 - Karneval - Rosenmontag in Düsseldorf

Foto: S. B.

Am Rosenmontag bin ich geboren

Zum Glück ist das nicht so. Mein Geburtstag fällt genau auf den Tag, auf dem er es sich gerne bequem macht - und nicht auf einen unruhigen Rosenmontag, der sowohl hoch-geliebte wie auch ziemlich unbeliebteste Montag des Jahres. Arbeitnehmer werden teilweise zu einem Urlaubstag genötigt. Rosenmontagszüge blockieren Städte. Und wehe dem, der vergessen hat, etwas zum Mittagessen einzukaufen: Die Geschäfte haben geschlossen.

Trotzdem wird der Karneval besonders in den Hochburgen Düsseldorf und Köln und München mit viel Enthusiasmus zelebriert. Manch einer mit zuviel Zuneigung zum Alkohol landet dann unversehens in der Ausnüchterungszelle. Wie viele in fremden Betten landen, ist in keiner Statistik festgehalten, aber selbst bei einer Statistik wäre die Dunkelziffer vermutlich höher als eine veranschlagte Zahlenreihe.

In Dortmund geboren, kam auch ich früh mit dem Karneval in Berührung. Was man in Westfalen Karneval nennt, ist aber nur entfernt verwandt mit dem Kölner Jubel und Trubel und steckt noch immer in der Kennenlern-Phase. Karneval in Kinderschuhen, aber mit  Bemühungen nach Kräften so gut wie möglich ausgelebt. Wir wurden als Kinder auf eigenen Wunsch verkleidet und zogen gemeinschaftlich durch die Gegend, um nach anderen auch verkleideten Wesen zu forschen. Man musste schon ziemlich weit und lange laufen, bevor man fündig wurde.

Irgendwann habe ich für mich beschlossen, dass Karneval nicht mein Ding ist,  da ich mit einem terminbestimmten Heiterkeitswahnsinn nichts anfangen kann. Nachdem ich mir suggeriert hatte, dass dies aus mir keinen humorbefreiten Menschen macht, lebte ich lange Jahre sehr gut, in dem ich den Karneval weitläufig umschiffte.

Doch eines Tages war ich reif für einen Rosenmontag in Düsseldorf. Vielmehr hatte meine Freundin Inge mich so lange dahin gehend bequatscht, dass ich tatsächlich glaubte, ich könnte jetzt mal hingehen und den Karneval in Düsseldorf so richtig bereichern. Nein, so dachte ich selbstverständlich nicht. Ich wollte Inge nur den Gefallen tun, mit ihr den für sie höchsten Feiertag im Jahr stilgerecht zu verbringen. Mir grauste allein schon bei dem Gedanken an kommende Karnevals-Auswüchse. An bunte Menschenmassen, deren Ziel unermüdliche Fröhlichkeitsausbrüche waren.

Und vielleicht sollte jemand wie ich, die nicht schon mit der Muttermilch Kamelle und Tröööt-Musik eingesogen hat, es lieber gänzlich lassen, sich unters närrische Volk zu mischen.

Inge, ein paar andere Leute und ich fuhren mit dem Zug nach Düsseldorf. In dem einen Moment dachte ich noch: Uups, der Bahnhof sieht aus wie ein ganz normaler Bahnhof - da hatte mich auch schon irgendein Männerarm umschlungen und es gab erst mal Bützches zur Begrüßung. Was dem Hawaiianer sein Lei, ist dem Düsseldorfer Narren sein Küsschen ... Und er war nicht der letzte küssende Cowboy oder als was die Kerle sonst noch so rumliefen. Am Ende hatte ich sicher mehr Fremd-DNA-Spuren im Gesicht als eigene.

Den Rosenmontags-Zug wollten wir ausfallen lassen, um gleich in die Altstadt zu marschieren. Inge in Vollmontur als "Keine-Ahnung-was-das darstellt" mit schwarzer Langhaarperücke und rotem Gewand mit schwarzen Elementen - ich mit einer Katzenmütze auf dem Kopf, denn zu mehr hatte ich mich nicht durchringen können. Das war schon eher ein Zugeständnis. Woran? Schnell stand mir eher der Sinn nach einer Tarnkappe, die unsichtbar machte. Denn so einfach machte es uns der Zug nicht, in die Altstadt zu kommen: Der versperrte alle uns bekannten Wege.

Und mal ehrlich: Etwas Langweiligeres als einen Karnevals-Umzug kann ich mir bis heute kaum vorstellen.

Mein Kopf fing an zu brummen, was sehr selten der Fall ist. Der Griff nach einem Glas Bier war nahe liegend - aber nur dann, wenn man nicht vorher einen Blick auf mögliche Toiletten geworfen hatte. Beinahe standen dort mehr Fans als vor dem Zug direkt.

Zum anderen hatte ich mich an meiner Dortmunder Arbeitsstelle krank gemeldet: Ist sicher längst verjährt und verziehen. Ich glaube, ich habe das später sogar mal gebeichtet. Zudem der Rosenmontags-Dienst ohnehin nur bis zum Mittag dauerte. Doch damals an dem Zug, mit den vielen Kameras - ich hatte die depressive Sorge, dass mich Kollegen vor dem Fernseher ausfindig machen könnten. Nun, sie hätten schon auch erkannt, dass ich wirklich krank war ... so wie ich dreinschaute.

Mit der karnevals-verjeckten Inge konnten wir nach gefühlten drei Tagen endlich in die Altstadt abziehen. Warum eigentlich, dachte ich, fühlt sich Karneval dort besser an?

In mindestens Dreier-Reihen saßen die Leute in den Lokalen übereinander. Nun, wenn die das toll fanden - ich fand es definitiv zu eng. Dann warf ich demonstrativ mein blödes Katzenhütchen in die Runde und holte mein Zicken-Kostüm raus. Zuerst zickte ich die jecke Inge an, der das aber völlig schnurz war. Sie war in ihrem Element, und beachtete mich kaum. Die anderen konnte ich mit meinen Zickereien schon eher aus dem Karnevals-Takt bringen. Niemals hätte ich mich auf einen Rosenmontag in Düsseldorf einlassen dürfen.

Während um mich herum die Leute immer besoffener wurden, bekam ich kaum einen Schluck runter, um mir den Tag vielleicht doch noch schön zu trinken. Meine Laune sank weiter in den Keller, und es blieb mir nicht mal der Spaß, mich an dem betrunkenen Gerede zu erfreuen oder mich darüber lustig zu machen.

Irgendwie kamen wir irgendwann zurück nach Hause. Schlagartig verschwanden Kopfschmerzen und Missmut. Für mich käme es nur unter einer Bedingung je wieder in Frage, an Karneval nach Düsseldorf zu fahren: Wenn ich Inge diesen Gefallen noch einmal tun könnte ...

Denn meine verrückte Inge lebt nicht mehr.

Gruß Biene

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