Freitag, 13. Februar 2015

13. Februar 2015 - Karneval - Ein Beitrag von ruddon



Ein Beitrag zum Karneval von unserem Rudi

Liebe Freunde des Karnevals.

Nun steht sie wieder an, die verrückte Zeit, die tollen Tage vor der Fastenzeit.
Ich will heute mal u.a. von den Umzügen erzählen, und da gab es einige in meinem Leben.
Die Menschen gehen ausgelassen und voller Hoffnung auf die Straßen.
Ja, früher machten alle mit, da wurde getanzt und gejubelt.
Nun, die hatten es ja auch einfacher: Kaum einer hatte Geld und was sollten sie sonst tun.
Da hat sich doch in unserer Zeit vieles geändert, natürlich nur zum Guten. – Helau und Alaaf -
Heute lässt man feiern, mit Kostümen aus guter Produktion, eine Edelmarke muss schon erkennbar sein. Man will gesehen werden und anderen zu schauen, wie es uns das Fernsehen gelehrt.
Natürlich gibt es auch welche, die den Anschein geben, dass sie feiern, aber da wird sofort gemunkelt, dass das Bühnen-Profis seien.

Aber mal zum Anfang.

Als ich als kleiner Bub ins Rheinland verschleppt wurde, wusste ich nichts vom Karneval.
Die ersten Bürger verbrachten ihren Urlaub am Gardasee, natürlich auf Kredit.
In der Zeit begann auch wieder der Karneval, natürlich erst mal im Rheinland.
Es war schon seltsam für mich, was sich die Leute da anzogen und was sie auf den Straßen vollführten. Doch es sah lustig aus und steckte an. Natürlich wollten wir Kinder da auch mitmachen und uns verkleiden. Einfach mal einer von denen „Von den Blauen Bergen“ sein.
Nun es dauerte etwas, bis sich meine Eltern, besonders meine Mutter dafür begeisterten und so bekamen wir auch eine Verkleidung. Einen Papphut und Revolvergürtel mit Pistole.
Damals gab es die Kaufhalle noch und so konnte man preiswert einkaufen.
Aber welches Kind interessiert schon, was es kostet und damals waren Marken meist unbekannt.
Wir waren dabei und es machte Spaß, auch wenn die Revolvermunition nur aus Papierschlangen mit einer Pulverspur bestand. Es machte Peng, nicht laut, aber es genügte.

Die Jahre gingen ins Land und nicht nur wir veränderten uns.

Als Jugendliche hatten wir ein bisschen Geld, aber für die Sitzungen, die damals aufkamen reichte es noch nicht. Aber für den Straßenkarneval reichte es, natürlich nur für eine Cola als Erfrischung zwischendurch.

Von Altweiber hatten wir schon viel gehört, durch weitersagen und nicht durchs I-Net.
Da wir jetzt etwas länger draußen bleiben durften, wollten wir uns natürlich das Treiben ansehen.
Doch der Begriff stimmte nicht so ganz, denn es waren zwar meist alte Weiber, aber sie hatten Masken auf, in denen sie jünger aussahen. In der Kleinstadt, in der ich damals wohnte, war es ja kaum zu verhindern, dass ich auch meiner verkleideten Mutter über den Weg lief. Die kam sofort auf mich zu und schlug mir die Pritsche, die Gott Lob aus Pappe war, ins Gesicht Da hatte ich über den ganzen Karneval hinweg ein Andenken. Natürlich stellte ich mich an, so ihre Worte im Nachhinein.
Einen Rosenmontags-Umzug gab es ja auch dort. Nun ja, heute würde man sagen, das war mickrig und jeder Stadtteilumzug heute hat mehr zu bieten. Aber für damals war das schon gut.
Herrlich fand ich besonders die Kanone, sie verschoss Papierkugeln, aber so groß wie Fußbälle.
Da splitterte so manche Fensterscheibe. Ob ein Glaser die Kanone bediente, wer weiß.
Aber dennoch hatten wir alle sehr viel Spaß und Freude, fast ohne Geld.


Einige Jahre danach zog ich nach Köln. Das war ja was: Die Hauptstadt der Karnevals. Nervös fieberte ich schon dem Karneval entgegen. Dann war es soweit, es ging los. Menschen über Menschen, Uniformen ohne Ende, bunte Wagen und schreiende Leute. Ich fand´s einfach toll. Allerdings sah man sehr wenig, man kam ja kaum in die Nähe des Umzugs.
Nun kennt ja fast jeder den Karnevals-Schlager aus Köln „Trink doch ene mit ….“! Ich also anschließend in diverse Kneipen. Ich wollte nichts auf lau, sondern hätte gerne auch etwas ausgegeben, denn Geldmangel hatte ich da nicht mehr. Wie es immer so ist, die Realität ist ganz anders. Man erkannte mich als Immi, also einer der nicht dazugehörte. Ja der weltoffene Kölner!

Erst Jahre später, ich hatte Freunde, bzw. Saufkumpane gefunden, änderte es sich. Es gibt genug Kneipen in Köln, wo nicht nur gebürtige Kölner verkehren, man muss sie nur finden.

Ab dann war es wirklich schön in Köln, der Hauptstadt des Treibens. Wenn ich die ganzen Volksmusiker, wie „de Höhner“, die „Black Föß“ usw. im TV oder Radio höre, denke ich mir immer: „Es ist halt Karneval und da darf man auch lügen.“

Irgendwann verschlug es mich also nach Düsseldorf, der Beamtenstadt am Rhein. Hier gibt es sogar einen Stadtteil, der „das Tintenviertel“ genannt wurde, weil dort nur Beamte wohnten.

Die Zeiten hatten sich weiter geändert, alles wurde größer und dem Kommerz unterworfen.

Nun egal, man hatte es ja, und mal ein paar 100 DM ausgeben war nicht so schlimm.

Da rannte ich zu diversen Sitzungen in den Stadtteilen, davon gab es damals viel mehr und es machte wirklich Spaß. Mit den Frauen steigen die Bedürfnisse, welcher Mann kennt das nicht.

Als ich meine Frau kennenlernte, waren natürlich die großen Sitzungen für mich Pflicht.

Nee was habe ich gegähnt und ohne Alk wäre ich glatt eingeschlafen. Über Geld will ich gar nicht sprechen, das gehört eben dazu. Eintritt mind. 50 DM, Garderobe 12 DM, 1 Flasche Wein ab 32 DM, 1 Fässchen Bier (10 L) ca. 100 DM usw.. Nee was war das alles eine Freude. – Helau -

Später bekam ich eine Einladung zu einer Kölner Karnevals-Sitzung im Satory.

Wie es der Teufel manchmal so plant, musste ich einen Tag vorher zum Zahnarzt-Notdienst und mir wurde ein Zahn ausgegraben. Natürlich blutet das lange und Alk kann man für ein paar Tage vergessen. Egal, hin nach Köln. Eine wirklich schöne Sitzung und wir haben viel gelacht. Die anderen tranken Wein und ich Traubensaft, denn es blutete immer noch leicht. Dann der Schock des Abends. Auf der Bühne stand gerade der von der blauen Partei und war echt lustig. Da kam ein Ordner auf die Bühne und holte ihn runter, denn Kurt Lauterbach war eingetroffen und hatte wenig Zeit. Also wurde er vorgezogen. Die Buhrufe der Zuschauer interessierten niemanden vom Festkomitee. Die Stimmung war im Eimer. Ich war echt sauer und am nächsten Tag hatte ich Durchfall vom Traubensaft. Herrlich, so eine Stimmung mit Folgen – Alaaf

Aber ich wollte eigentlich von den Rosenmontagszügen erzählen.

Nun ist es ja schon lange so, dass Düsseldorf die besseren Motto-Wagen hat.

Die muss man doch mal aus der Nähe sehen und nicht immer mit dem Holländer, dem Jan Wellem, im Blick. Also frühzeitig in die Stadt und einen guten Platz aufsuchen.

Der Düsseldorfer Rosenmontagszug zieht ja immer durch die Altstadt. Da gibt es fast nur Fußgängerbereiche und entsprechend breit ist es dort. Besonders am Rathaus, wo auch eine Bühne für die Honoratioren aufgebaut ist. Auf der anderen Straßenseite, da ist der Rathausplatz und da würde die Bühne nicht stören. Aber welcher Politiker oder Beamte stört nicht gerne.

Nee, da wollten wir nicht sein, also auf die Kö, die ist schön breit und man sieht wirklich was, dachten wir. Zwei Stunden vor Zugbeginn hatten wir uns mit mehreren dort versammelt, direkt an der Absperrung. Klar liefen auch schon einige Narren  dort rum, aber sie liefen. Als der Rosenmontagszug die Altstadt erreicht hatte, wurde man informiert, und wir  standen nicht mehr in der 1. Reihe, nein in der 12. Als der Zug aus der Altstadt rauskam und für uns in der Ferne sichtbar wurde, standen wir schon in der 20. Reihe. Nun ging es los. Eltern schickten ihre Kinder nach vorne, die Kleinen wollen ja auch was sehen und dann die Süßigkeiten aufsammeln. Fast hatte uns der Zug erreicht, als der nächste Akt kam „Darf ich mal durch zu meinem Kind?“ Nochmals 5 Reihen weiter hinten. Dem Zug voraus reitet immer die Polizei mit Pferden, damit die Straße frei wird. Welch ein Hohn! Als die ersten Wagen uns erreichten, standen rechts und links davon 3-4 Reihen von Leuten. Die Wagen konnte sie höchsten von unten sehen, aber darum ging es denen ja nicht. Raffen, was das Zeug hält, dabei war es egal ob die Bonbons aus Polen kamen, sie waren umsonst. Noch besser waren Leute in teuren Kostümen, die an die Wagen rangingen und ganze Kartons bekamen. Ja die Reichen können sich sowas ja nie leisten. Allerdings wurde da, wo wir standen, kaum etwas geworfen, es war ja keine Kamera in der Nähe. Auf dem Heimweg sahen wir einige volle Mülleimer, wo die ach so schwer erbeuteten Süßigkeiten drin lagen. „Kamelle, der Prinz kommt.“ – Helau -

Fazit dieses und weiterer Umzüge: Wer was sehen will, bleibt zu Hause vor dem Bildschirm. Das Gedrängel, die Brandlöcher in der Kleidung, Würfelhusten-Spuren, von Scherben beschädigte Schuhe, Taschendiebstähle und einiges mehr bleiben einem dann auch erspart.

Durchgefroren und enttäuscht ging es dann auf den Heimweg, endlich konnte man sich wieder bewegen. Man könnte eigentlich unterwegs wo Einkehren, aber die Kneipen sind übervoll, zumindest im Stadtkern, was aber verständlich ist. Ob man in seiner Stammkneipe noch einen Platz bekommt ist auch fraglich, denn die vielen Besucher aus dem Umland haben ja auch Durst.

Also ab nach Hause, Kaffee und Berliner auf den Tisch und die Glotze anmachen, vielleicht sieht man noch etwas von dem, wofür man eigentlich stundenlang am Zugweg stand.

Ich bleibe lieber zu Hause und schaue es mir im Fernsehen an. Von dort aus sieht es auch lustiger aus. Wie ja selber oft erlebt, jubeln und tanzen am Zugweg nur Leute, wenn sie der Kamera gewahr werden. Karneval = lustig? Im Leben nicht, im Leben nicht.

Helau und Alaaf – rudi aus dem Dorf

1 Kommentar:

  1. Hallo lieber rudi,
    heute nun hab ich endlich Zeit gefunden für deinen Bericht aus fernen und exotischen Welten. Ich hatte mir extra vorgenommen dies nicht so hopplahopp en passant zu erledigen - wie weise! Denn wirklich verstanden habe ich nicht viel.
    So fremd die Vokabeln und das Geschehen...
    Aber der Schluß hat mich dann doch umgehauen: Da hat sich schon der Knirps Rudi rechtschaffen bemüht, der Jugendliche körperliche Züchtigung erlitten, der Erwachsene den finanziellen Ruin vor Augen gehabt - um dann letztlich fest zu stellen Karneval = lustig: im Leben nicht, im Leben nicht!
    Ich hab sowas geahnt, schon immer.

    Danke für die Frontberichte, herzlichst Susi

    AntwortenLöschen