Samstag, 2. November 2019

2. November 2019 - Die Tochter, die ich nie hatte ...

Das Foto ist alt, die Kinder darauf sind längst erwachsen, so dass niemand sie erkennen kann.



Die Tochter, die ich nie hatte ...

in der dunklen Jahreszeit kommen leicht Gedanken, die man im Hochsommer, wenn die Sonne die Tage einfach nicht loslassen will, gar nicht hat. Das können gute oder auch traurige Gedanken sein, oder einfach nur unsinnige, oft genug auch überflüssige. Während man sich an Halloween gerne fürchten möchte, stimmt die Adventszeit vielleicht besinnlich.

Ich dachte in den letzten Tagen an meine Tochter. Eine Tochter, die ich nie hatte. Es gab mal einen Sohn, aber eigentlich gab es ihn dann doch nicht. Er hat im Laufe der Jahre verschiedene Namen von mir bekommen, obwohl er das Licht der Welt nie erblickte - er beendete sein nicht mal begonnenes Leben in einer Fehlgeburt.

Dass ich, wenn überhaupt, lieber eine Tochter bekommen hätte, spielt keine Rolle: Ich hätte auch meinen Sohn geliebt. Aber eigentlich wollte ich keine Kinder ... jedenfalls die meiste Zeit in meinem Leben, und letztendlich ist es auch so gekommen: Ich habe keine Kinder.

Welch eine Art Mutter wäre ich also meiner Tochter gewesen, welchen Namen hätte ich ihr gegeben, welchen Weg gewiesen?

Ich fürchte, ich wäre entweder die lockere Art Mutter geworden - oder die strenge, eine die alles unter Kontrolle haben will. Ein Widerspruch, aber ich bin uneinig mit mir selber, welchen Mutter-Weg ich gegangen wäre.

Hätte ich geklammert oder sie ihren eigenen Weg gehen lassen, ohne ihr Hindernisse vor die Füße zu werfen?

Mit Babies konnte ich allerdings nie viel anfangen. Ich bin nicht die mit dem "du ... du ... du-Getüddel und hastenichtgehört" - somit hätte ich vermutlich auch mit einer eigenen Tochter von Anfang an ganze Wörter gesprochen anstatt die Babysprache zu unterstützen.

Wir hätten nie einen Wauwau, sondern einen Hund gehabt. Nur mal als Beispiel.

Aber ich hätte viel Spaß gehabt, sie hübsch anzuziehen. Erst einmal als Mädchen, und, falls sie doch eher ein Wildfang gewesen wäre und Tendenzen zu männlich dominiertem Spielzeug gehabt hätte - dann hätte ich sie eben flotter und burschikoser angezogen, aber immer noch hübsch. Später - zu Schulzeiten etwa - hätte ich es ihr überlassen, wie sie sich kleiden möchte. Vermutlich.

Natürlich wäre ich stolz gewesen, wenn sie eine gute Schülerin geworden wäre - aber eine schlechte hätte ich schließlich auch nicht einfach retour geben können. Und sie wäre mein einziger Versuch geblieben, ein Genie in die Welt zu setzen. Einen zweiten hätte es ganz sicher nicht gegeben. Und so hat es nicht einmal diesen einzigen gegeben.

Aber da ich ohnehin höchstens tageweise den Wunsch hatte, mich zu vermehren, bin ich gar nicht traurig, keine Tochter zu haben.

Sicherlich bleibt mir vieles unerschlossen, denn ich kenne nicht die Nähe, die man zu einer Tochter haben kann -

aber ich kenne somit auch nicht die Entfernung, die zwischen Mutter und Tochter liegen kann.

Ich kenne nicht die Sorgen, die man sich - Nähe oder Entfernung hin oder her - um sein Kind macht,

aber natürlich auch nicht die Freude, die man empfinden kann.

Für mich persönlich war die Entscheidung gegen ein Kind die richtige, da ich sie bis heute nicht bereue.


Guten Tag, Gruß Silvia 




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