Hunde-Adoption mit Hindernissen ... nicht nur die Liebe zählt ...
Man kann auch sagen: es ist nicht einfach, einen Hund aus einem Tierheim zu adoptieren. Vermutlich spielen hier mehr Faktoren eine Rolle, als die, an die man zwangsläufig denkt. Da nützten auch (meine) 20 Jahre "Hunde-Erfahrungen" rein gar nichts, wenn man den Entscheidungsträgern auf die Füße tritt. Ich sage das, weil ich mir niemals - trotz dieser Erfahrung - keinen gefährlichen und mir gegenüber dominanten Hund zugemutet - zugetraut ist ein anderer Begriff - hätte.
Und einen bestimmten Hund dennoch nicht adoptieren durfte.
Nachdem man mir aufgrund eines Schnell-Urteils einer angeblichen Hunde-Expertin vom hiesigen Tierheim Atze
Spontane Zuneigung |
nicht geben wollte, weil ich ihrer Meinung nach "zu lieb" für ihn sei,
hat mich die andere Mitarbeiterin des Tierheims, mit der ich zu tun hatte, nicht vergessen:
Die "Hunde-Trainerin", die ich am Tag ihres Urteils über mich überhaupt zum ersten Mal gesehen habe, und wir einander somit gar nicht kannten, stellte mir zwei Fragen bezüglich Atze - an die erste erinnere ich mich:
sie fragte mich, was ich machen würde, wenn der Hund - also Atze - mich nicht auf die Couch lassen würde. Heißt: wenn er mich wegbeißen würde.
Urplötzlich befand ich mich in einer Art Examen - und war ziemlich ratlos, weil Atze mich nicht von Baumstämmen weggebissen hatte, auf denen wir gemeinsam Pause machend gekuschelt hatten - aber ich hatte bereits von den Schwierigkeiten gehört, einen Hund aus einem Tierheim zu adoptieren - doch in meinem Fall nie damit gerechnet.
Ich hatte zuvor bereits den nicht einfachen Yorkshire-Terrier Robin von einer Züchterin gekauft, und ihm fast 16 unfallfreie (und auch erzogene) Jahre beschert ... zudem kam Bienchen hinzu, eine eher leichter zu kontrollierende Hündin, wenn sie nicht
meine Mutter, der sie ursprünglich gehört hat, eher ver- als erzogen hätte ... aber Robin und ich konnten ihre fehlende Erziehung schnell korrigieren.
Robin und Bienchen |
Atze bekam ich nicht. Gern würde ich wissen, wie es ihm heute geht ... denn nie
vergesse ich den Moment, als ich ihn zu dem letzten der fünf angeordneten Spaziergänge abgeholt habe.
Jemand aus dem Tierheim holte ihn aus dem von mir so genannten "Bunker" (einer Unterkunft ohne Tageslicht und Hoffnung) - und er konnte es kaum
erwarten, zu mir zu kommen. Er hat sich in seine Leine "gelegt" und ist auf mich zugestürmt.
Das erste Zusammentreffen mit Atze
Als ich ihn auf der Homepage des hiesigen Tierheims entdeckt habe,
war er bereits vermittelt.
Außer dem furchtbaren Namen, den man ihm gegeben hatte, entsprach er genau dem Profil eines Hundes, dem ich nach den Toden von
Robin und Bienchen ein neues Zuhause geben wollte.
Obwohl er bereits in der Probephase bei anderen Menschen war, schrieb ich eine Mail ans Tierheim:
"Falls es dort nicht passt ... bin ich da."
Natürlich hatte ich (wirklich und im Interesse des Hundes) aus ganzem Herzen gehofft, dass es passt. Aber:
augenscheinlich passte es nicht. Atze hatte angeblich sein neues Frauchen gebissen, als sie sich zu ihm auf die Couch setzen wollte.
Daher die spätere Frage, die an mich gestellt wurde.
Bis heute habe ich Zweifel an der Aussage dieses "Frauchens".
Der Anruf
auf meine Mail kam unvermittelt ... Atze war zurück im Tierheim. Man hat mir erlaubt, ihn kennenzulernen. Nach einem Kennenlernen sollte weiter entschieden werden.
Ich fühlte mich wie nach einer nicht ganz so schlimmen Tat vor Gericht - und sollte mich bewähren.
An einem Sonntag im Jahr 2021 lernte ich den Traumprinzen endlich kennen.
Vorab-Infos: die sind nicht ganz eindeutig. Er soll zuvor bei Romas gelebt haben, die ihn nicht mehr gewollt haben ... oder ausgesetzt ... oder anderweitig "entsorgt" haben. Genaueres weiß ich nicht, Alle Angaben waren widersprüchlich.
Seine "Gassi-Gängerin"
B. , die mir viel später hoffnungsvoll den Hund Charlie vermittelt - und am Ende auch Momo - hatte, obwohl sie Tiere und vor allem Hunde über alles liebt, keinen Zugang zu Atze. Hätte sie diesen gehabt,
wer weiß, ob ich ihn heute nicht an meiner Seite hätte. Aber: vieles im Leben hat seinen Sinn, auch, wenn der tiefer ist und nicht gleich ins Auge fällt.
Atze wurde mir in einem von zwei Ausläufen des Duisburger Tierheims präsentiert: in Gegenwart seiner Gassigängerin hat er mich etwa 10 Minuten ignoriert bzw. abgeschätzt. Man hatte dem kleinen Kerl im übrigen einen Maulkorb verpasst - sicher ist sicher, denn die Aussagen von Vorbesitzern sollte man nicht ignorieren.
Dann - nach etwa 10 Minuten - hat die Gassigängerin ihm den Maulkorb abgenommen.
Nach weiteren 5 Minuten saß er neben mir auf einer Bank. Und er schmiegte sich an mich.
Mein gravierender Fehler
bestand meiner Meinung darin, dass ich meine "Klappe" manchmal in Momenten aufreiße, in denen ich sie lieber halten sollte ...
Die Gassigängerin zeigte mir, wie sehr Atze bereits an ihr hing, indem sie mit ihm "Kampfspiele" machen durfte ... Aber:
Macht man mit einem angeblich bissigen Hund derartige Spiele?
Das habe ich geäußert. Kurz danach dachte ich: leider. Und: warum kannst du nicht einfach deine Kommentare unausgesprochen verschlucken? - Heute denke ich selbstverständlich, dass alles so kommt wie es kommen sollte - und ich niemals Charlie - der zweifellos schnell aus dem Tierheim heraus gemusst hat - gehabt hätte und Momo habe.
Das ändert allerdings nichts, rein gar nichts an der Vorgehensweise.
Ich war dieser Gassigängerin, die noch nie einen eigenen Hund gehabt hatte, auf den "Schlips" getreten.
Den ersten von 5 vorgeschriebenen Spaziergängen
machten, Atze, sie und ich gemeinsam. Nachdem ich schon lange, lange Jahre zuvor Hunde gehabt habe, die ich unfallfrei durch ihre Leben gebracht habe,
hat sie mich korrigiert, wenn sie meinte, meine Leinenführung würde z. B. auf eine Straße hinausgehen und Atze gefährden.
Ich kam mir in ihrer Gegenwart vor, als könnte man mir nicht einmal eine Tomate anvertrauen, die ich aus dem Supermarkt transportiere, ohne dass sie matschig wird.
Die nächsten Spaziergänge durfte ich zum Glück allein mit ihm unternehmen.
Wir haben Pausen auf Baumstämmen eingelegt - und er hat mich nicht weggebissen. Für einen Hund gibt es sicherlich keinen Unterschied zwischen Couch und Baumstamm, was den Menschen betrifft, der neben ihm Platz nimmt.
Die Tierheim-Mitarbeiterin mit dem Rottweiler-Quatsch
An einem der nächsten Tage brachte ich Atze nach einem langen Spaziergang inklusive Kuscheleinheiten ohne Beißereien seinerseits zurück ins Tierheim. Eine Mitarbeiterin kam
uns am Büro-Eingang entgegen. Atze bellte:
Ich strich ihm leicht mit den Fingerspitzen über den Kopf, nicht belohnend, sondern korrigierend (lange erprobt mit Robin) ... und er hörte sofort auf, diese Frau böse anzukläffen.
Aber die "Expertin" hat das anders verstanden. Die Tierheim-Mitarbeitern hat gedacht, ich belohne ihn für sein Anbellen.
Später hat sie sich halbherzig bei mir entschuldigt, aber meine "Karten" standen trotzdem schlecht, und ich hatte kein As im Ärmel.
Im übrigen hat sie gerne ihren Rottweiler erwähnt ... in Bezug auf Atze, der sie angebellt hat - und später in Bezug auf Charlie, der an ihr vorbei ins Büro wollte und dabei überhaupt nicht auf sie geachtet hat.
Wie kann eine Mitarbeiterin eines Tierheims kleine Hunde mit einem Rottweiler vergleichen, die schon mal per se wegen ihrer dominanten Erscheinung ein anderes Bild abgeben - und denen man weniger Übergriffigkeiten erlauben sollte.
So hatte ich auf Atze keine Chance
Zusammen mit den Vermutungen, die die Gassigängerin über mich geäußert haben muss - weil wir uns wirklich beide nicht sympathisch waren - hat auch die "Expertin" einen kleinen Zwischenfall überbewertet - und ihre Entschuldigung vermutlich völlig vergessen ...
Hinzu kam die Hunde-Trainerin, die mich gerade mal seit fünf Minuten kannte, als sie mir zwei Fragen stellte ... und ich war durchgefallen. Aber so was von durchgefallen ... Da nützte es auch nichts, dass sie in meinen Augen mit ihrem Fünf-Minuten-Urteil durchgefallen war. In diesem Fall war sie am entscheidenden Ende der Leine ... eine Hürde, über die ich nicht springen konnte.
Dennoch hatte mich eine Tierheim-Mitarbeiterin nicht aus dem Sinn verloren
Und das war jene, ich erwähne ihren Namen hier nicht, weil sie nicht mehr dort, sondern in einem anderen Tierheim arbeitet. Wir haben noch Kontakt.
Vielleicht war Atze wirklich nicht der richtige Hund für mich, was ich nicht glaube - denn er ist 1. abgegeben oder nach anderen diffusen Aussagen 2. obdachlos aufgefunden worden, dann wurde er vermittelt und hat angeblich gebissen ...
und wurde 3. der Frau (also mir) vorenthalten, über die er sich ein "Loch in den Bauch" gefreut hat, als er sie - was wir beide nicht wussten - zum letzten Mal gesehen hat. Und das, obwohl er die Gassigängerin, die ihn sehr, sehr mochte, hinter einem Transporter hätte wittern können ... denn dort ging sie gleichzeitig entlang. Sie war ihm offensichtlich bereits gleichgültiger als ich es war.
Ich werde Atze nie, niemals vergessen. Ich hätte ihn wahrscheinlich "Wölkchen" genannt. Nach der Beschreibung dieser Tiertrainerin hätte er wohl eher "Gewitter-Wolke" geheißen. Ich halte nicht viel von sogenannten Hunde-Trainern - vier von ihnen haben mindestens 5 Meinungen.
Was dann geschah
Ich wurde nicht vom Tierheim vergessen. Aber das lag wohl weniger an der hiesigen Tierheim-Politik als an einer einzelnen Mitarbeiterin.
Diejenige, die mit Atze überhaupt nicht warm wurde ... hat mich einige Zeit später angerufen. Sie wollte mir Charlie und einen Yorkshire-Terrier namens Gismo vorstellen. Charlie war schon älter und herzkrank. Gismo war 8 Jahre alt und zu dick.
Ich habe Charlie, meinen Charlie
kennengelernt. Danach wollte ich Gismo
nicht mehr kennenlernen, weil ich bereits eine Herzkammer an Charlie verloren habe, bevor er seine an mich verloren hat. Und weil ich am Ende keine Entscheidung gegen einen der beiden treffen wollte.
Charlies Tod
Ich hatte Charlie nur 17 Monate an meiner Seite. Am 12.12.2022 musste ich ihn in der Tierklinik Asterlagen über die Regenbogenbrücke gehen lassen - und ich konnte und durfte ihn (natürlich) nur bis zur Treppe dieser Brücke begleiten. Ein Stück meines Herzens ist trotzdem mit ihm hinübergegangen. Er war der Buddhist in meinem Leben, von dem ich viel gelernt habe, obwohl und vielleicht auch, weil ich mir in der ganzen Zeit, die wir miteinander glücklich waren, viele Sorgen um ihn gemacht habe. Er war bereits herzkrank in mein Leben gekommen, und die Krankheit hatte sich leider stetig verschlechtert.
Charlie - einen Monat vor seinem Tod - an allem interessiert, aber kein ausdauernder Läufer mehr |
Und dann?
Ich wollte keinen Hund mehr.
Aber: vielleicht gab es diesen einen Hund, der mich wollte. Nein - eher nicht. Oder doch?
Ich schrieb eine kurze Mail ans Tierheim Duisburg, dass Charlie am 12.12.2022 über die Regenbogenbrücke gegangen war. Eher schrieb ich die Mail, weil ich dachte, es stand in dem Übernahme-Vertrag, dass man den Tod eines geliebten ehemaligen Heim-Tieres mitteilen sollte.
Eine Antwort hatte ich nicht erwartet.
Aber die kam trotzdem - von der Mitarbeiterin, die heute in einem anderen Heim arbeitet. Erst schrieb sie mir ehrlich betroffen ein paar Worte, dann rief sie mich ein paar Tage später an.
Momo
und B. gehören für mich seitdem unzertrennbar zusammen. B. hat mich angerufen und zu Charlies Tod kondoliert. Wir haben vor allem über Charlie gesprochen. Vielleicht war Charlie nur für mich eine ganze Welt, aber B. hat mich verstanden ... und auch, dass ich - auf ihre sanfte Nachfrage - an keinen anderen Hund denken konnte.
Aber irgendwie passierte dann das, was uns beide - B. und mich - noch einmal zusammenbrachte:
aus Gewohnheit guckte ich mir täglich die Seite unseres Tierheimes an. Es war nur eine Gewohnheit ohne Suche. Aber immer wieder blieb ich auf der Seite von
Momo
hängen.
Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte ich. Irgendwann ist es zu spät in meinem Leben, kam mir wegen meines Alters in den Sinn. Und was hilft es Charlie, wenn ich nicht einem weiteren Wesen helfe? Charlie als mein Buddhist hätte es gefreut. Da bin ich sehr sicher. Er konnte gar nicht anders, als der liebste Hund der Welt und sicher auch posthum zu sein.
Ich schrieb eine Mail ans Tierheim. Ich wollte Momo kennenlernen. Montags darauf rief mich B. an. Ich sollte Momo am Dienstag kennenlernen.
Schreck in der Abend-Stunde
Am Montagabend habe ich gesehen, dass Momo öffentlich zwecks Vermittlungswunsch durchs Tierheim angepriesen wurde, u. a. auf der Facebook-Seite - und der Beitrag über sie hundertfach geteilt wurde. Ich war schon etwas sauer - dass man nicht zumindest unser erstes Treffen abgewartet hat -
aber am Dienstag erklärte mir B. auf Nachfrage, dass die Multi-Media-Abteilung (in Ausbildung? Ohne Ausbildung?) wohl nicht gewusst hat, dass Momo bereits eine ernsthafte Interessentin hatte.
Hunderte von Vermittlungs-Teilungen
Für Menschen, die meinen, dass man einen Adoptiv-Aufruf nicht oft genug teilen kann, stimmt das, aber:
Momo hatte zwar bereits mich schnell ganz sicher - und es kam nur noch auf sie an, und ob sie mich auch wollte.
Aber: obwohl so viele Menschen eine neue Heimat für Momo gesucht haben, und sie sogar in der Tageszeitung angepriesen wurde,
gab es nach all diesen hunderten von Teilungen und den Veröffentlichungen nur zwei!!! weitere Interessenten.
Die hatten doch alle keine Ahnung, welch ein Schatz ihnen entgeht, würde Charlie sagen, sie ist zwar ganz sicher keine Buddhistin, aber eine große Abenteuerin und Freigeistin und eine Rakete, die mich täglich auf Trab hält. Und auch eine Herausforderung, wie ich seit über 6 Monaten weiß. Ich bin nicht einmal sicher, ob Atze nicht eine kleinere Herausforderung gewesen wäre.
Immerhin wurde auch für Momo "Hundeverstand" gefordert:
Zitat Tierheim:
Wegen ihrer Vorgeschichte sollten ihre zukünftigen Halter Übung im Umgang mit Hunden haben. Toll wäre Erfahrung mit Angsthunden, denn obwohl sie keine Probleme mit Umweltreizen und Alltagssituationen hat sind alle Ebenen von menschlicher Berührung für sie Neuland. Fell- und Körperpflege muss weiterhin sensibel geübt werden und auch an ihre Unruhe sollte noch gearbeitet werden.
Sie ist sehr intelligent und macht wahnsinnig schnell Fortschritte, was einem das Training erleichtert.
Momo war der Liebling ihrer Hundebetreuerin B. im Tierheim. Und ich glaube, B. war froh, dass ausgerechnet ich auf Momo als erste reagiert habe - und sie zu mir nehmen durfte. Das hat sie diesmal ganz allein und ohne jene Hunde-Trainerin entschieden.
Es ist selbst für erfahrene beruflich tätige Tierschützer nicht einfach, ein besonders geliebtes Tier anderen Händen anzuvertrauen.
B. hat es in dem Vertrauen getan, dass Momo fortan ein glückliches Leben führt.
Das und genau das hat sie nun.
Guten Tag, Gruß Silvia
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