Das Geheimnis der Freiheit
Zwei Männer, die Geschichte schrieben, stehen sich in diesem Film gegenüber:
Golo Mann (gespielt von Edgar Selge) und
Berthold Beitz (dargestellt von Sven-Eric Bechtolf).
In den 1970er Jahren geraten viele Großunternehmen, so auch Krupp mit seinem Stammsitz in Essen, in den Fokus kritischer Intellektueller.
In dieser nervenaufreibenden Zeit will Beitz die Firma Krupp, die ihm wohl mehr zu verdanken hat als ihrer Gründer-Familie, ins rechte Licht setzen und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach ein Denkmal setzen lassen. Dafür engagiert er Golo Mann, der ein Buch über Krupp schreiben soll,
der sich aber mehr und mehr nur für den smarten, harten, erfolgreichen und ambivalenten Beitz interessiert.
Dieses Buch ist im übrigen nie erschienen, und nach Jahren des wohl mühevollen Schreibens kaufte Beitz Golo Mann die bis dahin geschriebenen etwa 130 Seiten ab.
Inwiefern die Gespräche der beiden authentisch sind, steht nicht zur Debatte, weil es durchaus im Rahmen der Möglichkeit liegt, dass beide genau diese und ähnliche Dialoge geführt haben könnten
wie sie in dem Film abgehandelt werden.
Für Golo Mann ist Beitz zunächst eine unbekannte Größe, denn im 2. Weltkrieg hat er Juden vor Deportationen gerettet,
und nun, in den 1970er Jahren tätigt er Geschäfte mit zum Beispiel dem Schah von Persien, dem die Menschenrechte nicht gerade heilig sind.
Auch unterscheidet sich Beitz von Alfried Krupp, aber Golo Mann fühlt sich durch die Recherchen über ihn an den eigenen Über-Vater erinnert:
Golo Mann litt zeitlebens unter episodisch auftretende Depressionen. Über seinen Vater schrieb er u. a.:
„Was hatten wir doch für eine elende Kindheit. Insbesondere leugne ich nicht, dass ich gewisser Seiten meiner deutschen Kindheit und Jugend mich heute nur mit Grausen erinnern kann“
Diese tiefen seelischen Verletzungen, die solchen Worten vorausgegangen sein müssen, weiß der Schauspieler Edgar Selge glaubhaft in das Kammerspiel zwischen sich und Berthold Beitz einzubringen.
Berthold Beitz hingegen ist der große Macher, der Jongleur zwischen allen politischen Ausrichtungen, dem Krupp und die ganze Region viel zu verdanken hat. Dass das nicht immer im Sinne aller ablief, verwundert nicht. Er war der Macht-Mensch, denn
er wollte nie wieder so wenig Macht haben wie im Krieg, als er zwar viele, aber nicht alle retten konnte.
Beitz wurde als "Gerechter unter den Völkern" (gemeinsam mit seiner Ehefrau) ausgezeichnet und erhielt den höchsten jüdischen, den Leo-Baeck-Preis.
Seinen Preis nahm Beitz erst viele Jahre nach der Auszeichnung entgegen.
Als Beitz 2013 fast genau 100jährig auf Sylt starb, kullerten hier im Ruhrgebiet bei nicht wenigen Menschen ein paar Tränen.
Der Film erinnert in seiner guten Aufarbeitung der eher persönlichen als geschäftlichen Konflikte eines großen Bosses daran, was Berthold Beitz für Krupp bedeutet hat.
In einem wunderbaren Brückenschlag erinnert er auch an Golo Mann, den ungeliebten Sohn Thomas Manns.
Satte 4 von 5 Sternen für diesen berührenden Film.
Guten Tag, Gruß Silvia
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