Freitag, 14. April 2017

14. April 2017 - Die katholische Kirche und ich ...




Die katholische Kirche und ich

hatten großmütterlicherseits die besten Chancen, eine Einheit zu werden und zu bleiben, und ein bisschen bin ich ihr auch heute und trotzdem verbunden,

aber nicht so sehr, dass ich  noch Mitglied dort bin. Vielleicht wäre ich sogar das noch, wenn nicht das letzte Kapitel in diesem Beitrag es anders für mich entschieden hätte.

Oma war der beste Mensch, den ich überhaupt jemals in meinem Leben kennen gelernt habe. Zuhause und im Kreis meiner Eltern spielte die Kirche keine große Rolle. Meine Mutter, die einst evangelische Ostpreußin, hatte vor ihrer Heirat mit meinem Vater konvertiert -

aber sicherlich nicht aus tiefster Überzeugung. Eher, um meiner Oma, ihrer Schwiegermutter, einen Gefallen zu tun.

Da ich oft die Wochenenden mit meiner Oma verbrachte, musste ich -

im Zuge meines Entgegenkommens kamen Zugeständnisse ihrerseits -

jeden Sonntag die hl. Messe besuchen.

Anfangs war das spannend für mich, denn wo sieht man schon mal als Dortmunder Kind sonst solch einen Prunk - einen Höhepunkt erreichten meine Augen,

als in unserer Kirche ein Bischof geweiht wurde. Leider bin ich am Ende dieser endlosen Zeremonie leicht kollabiert,

was mich ein paar Sonntage von der Zeremonie befreite.

Letztendlich erkannte ich, dass ich dem innigen Glauben und der Hingabe an die Kirche, die meine Oma inne hatte, nicht folgen konnte,

denn niemals würde ich ein so guter und größtenteils selbstloser Mensch wie sie werden. Niemals würde ich ohne jegliche Bosheit oder Verfehlungen durchs Leben gehen - wie sie in ihrem 84 Jahre dauernden Leben.

Folglich eignete ich mich nicht für diese Art von Religiösität.


Kommunion

Natürlich bin ich zur Kommunion gegangen. Niemals war die katholische Kirche mir wirklich zuwider, zumindest nicht das, was sie mir persönlich beschert hat.

Der Kommunions-Unterricht war keine Strapaze, sondern eine süße Angelegenheit, und wir Kinder bekamen viele Bildchen geschenkt, die altersgerecht betextet und überhaupt nicht profan waren.

Und selbstverständlich darf man sich vor der Kommunion ein Kleid aussuchen, dass einem ein wenig nahe bringt, wie eine Prinzessin sich fühlt. Zum Kleid kam ein Kränzchen ins Haar, und die vielen Geschenke (erste Ohrringe, erste Goldkette), und der Tag schien gerettet.

Zuvor jedoch hatte die Kirche die Beichte gestellt. Das wurde schwierig. Aber wir Kinder waren nicht dumm und haben unsere Sünden einfach gegenseitig ausgetauscht, schon gab es in dem Beichtstuhl genug zu plappern.

Leider war die Haushälterin unseres Pfarrers nicht halb so tolerant wie er selber: Als sie mich in meinem Kleid sah, kam der entsetzte Aufschrei:

"Wir gehen hier zu keiner Modenschau!"

In aller Eile und so gut es ging - war sowieso nur vorübergehend, habe ich sofort wieder gerichtet - hat sie mein Kleid heruntergeputzt.


Internat

Irgendwie hatte ich noch nicht genug von der katholischen Kirche, und entschied mich, zu Hause durchzusetzen, in ein Internat gehen zu dürfen. Da war selbst mein Vater dafür, dass dies nur ein christliches sein dürfte.

Dem Wunsch nach dem in meinen Augen romantischen Begehren - folgte erst einmal das Heimweh. Irgendwie verflog es schneller als ich in den ersten Tagen des starken Gefühls gedacht hätte (immerhin durften wir alle auch jedes zweite Wochenende nach Hause fahren) - und so fühlte ich mich wie eine, die später einen Roman über all ihre Erlebnisse schreiben wird.

Habe ich auch getan. So wie ich immer schon viel geschrieben habe.

Die Nonnen waren streng bis gewissenhaft bis liebenswert. Zum Glück war meine Gruppen-Nonne eine liebenswerte,

an die ich noch heute gerne denke.

Dass ich als Kind nie Süßigkeiten präferiert habe, wird sie wohl nicht glauben gelassen haben,

dass mir diese auch in der Fastenzeit nicht geschmeckt hätten.

Tief im Garten vergraben schaufelten wir uns den Süßkram rein bis uns übel wurde.

Es war eine Art Protest, das wussten wir damals schon. Gegen alles und jeden und gegen die Kirche im Besonderen.

Ein kindlicher Protest, denn im Gegensatz zu vielen anderen ist uns nie etwas Böses geschehen im Zusammenhang mit der Kirche und ihren Vertretern.


Meine Trennung von der Kirche

hatte ich eigentlich niemals in Betracht gezogen. Ich lebte mit ihr, und sie lebte u. a. von mir, und so würde es noch heute sein.

Wenn sie mich nicht sehr verärgert hätte ...

Ich lernte einen geschiedenen, evangelischen Mann kennen, und wir wollten kirchlich heiraten. Damit begann das Dilemma,

denn die katholische Kirche erkennt zwar eine standesamtliche Trauung von Katholiken nicht als Ehe an,

aber die von Protestanten sehr wohl.

Der junge Pfarrer war ratlos, hilflos und traurig - aber über die Gesetze konnte er sich nicht hinweg setzen.

Ich erinnerte mich an meinen ersten fastenbrechenden Protest gegen die Kirche, und ich wurde störrisch.

So wichtig war mir eigentlich eine kirchliche Trauung nicht, aber sie erlangte Wichtigkeit durch die deutliche, wenn auch kleinlaute Absage des Pfarrers. Außerdem wollte ich meiner Oma mit der Hochzeit in der Kirche einen Gefallen tun,

und sie als gläubigste aller Gläubigen durfte keineswegs enttäuscht zurück bleiben.

Der wirklich niedliche und hilfsbereite Pfarrer telefonierte mit seinem Bischof - aber auch der gab seinen Segen nicht zu unserer Heirat in den himmlischen Hallen.

Trotzdem: Ich wollte es auf jeden Fall!

Daher zermarterte ich meinen Kopf, wie man sie vielleicht überlisten könnte. Doch das Ergebnis meiner Starrhalsigkeit war ein ganz anderes und auch keine List.

Beim nächsten Besuch hatte ich eine Frage parat für den süßen Pfarrer:

"Wenn die erste Eheschließung für meinen zukünftigen evangelischen Mann gültig ist, ist sie es dann auch für seine erste Frau,

die katholisch war?"

Zum Glück hatten wir einen guten Kontakt - nicht zu seiner ersten Frau, sondern zu ihren Eltern und ihrem Bruder. Daher wusste ich, dass die Frau katholisch war. Und ist.

Der Pastor war ratlos. Das wusste er nicht. Er griff noch in unserem Beisein zum Telefon und rief erneut den Bischof an ...

In der Tat war dies die Lösung für unser "Problem".

Denn seltsamer Weise war für meinen späteren Mann die Eheschließung vor dem Standesamt auch gültig für die katholische Kirche,

aber nicht für seine erste Frau.

Somit war die ganze erste Ehe  ungültig für diesen Verein, der immer noch nach seiner Berechtigung sucht.

Allerdings mussten wir eine Geburtsurkunde seiner ersten Frau als Beweis vorlegen - was in unserem Fall zwar möglich, aber insgesamt eine Zumutung war.

Wir konnten kirchlich heiraten - niemand hat mein Brautkleid zurecht gestutzt - und für meine Oma, die an diesem Tag die allerglücklichste war, hat sich das ganze Nachdenken dreimal gelohnt.


Fazit

Danach bin ich aus der Kirche ausgetreten. Denn ich hasse es, mir über Dinge Gedanken machen zu müssen, die so überflüssig sind und mich vermutlich noch bis an mein Sterbebett

begleitet hätten.

Von wegen Krankensalbung oder Beerdigung im Anschluss. Es kann nämlich gut sein, dass ich in diesen letzten Momenten

nicht mehr so gut nachdenken kann wie damals.

Dann habe ich die Gesamtheit der Leistungen lieber schon im Vorfeld abbestellt.

Wenn es einen Gott gibt, komme ich sowieso in einen Himmel.


Einen schönen Karfreitag, Gruß Silvia





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