Foto: Uli Patrunky |
Ein abenteuerlich(er) teurer Tod
Vor etwa einer Woche wurde bekannt, dass die Titanic-Abenteurer mitsamt ihrem U-Boot vermutlich unter dem Wasserdruck zerrissen worden sind. Ein langsamer Tod durch zunehmenden Sauerstoffmangel wurde ihnen dadurch erspart, und sie sind - in hoffentlich glücklichen Momenten, einem Drama vergangener Zeiten auf der Spur zu sein - schnell vom Leben in den Tod gerissen worden. Nun gehen sie als Teil des uralten Dramas in die Geschichte ein, denn sie haben dasselbe Meer-Grab.
Hoffentlich mussten sie zuvor keine Todes-Ängste ausstehen, weil alles doch anders passiert ist.
Man möchte sagen: Warum sehnen sich Menschen nach solchen Abenteuern? Aber vielleicht erklärt es der Reichtum dieser Leute, die auf immer höhere - in diesem Fall natürlich tiefere - Erlebnissen durstig sind, als wäre ein Spaziergang durch eine Großstadt für sie nicht mehr abenteuerlich genug. Obwohl dieser durchaus Abenteuer unerwarteter Art bereithalten kann ...
Als man noch nach den drei Passagieren und zwei Besatzungsmitgliedern suchte - in der Hoffnung, sie lebend zu finden und zu bergen - wurde ich mitten in der Nacht wach und habe mich gefragt,
ob ich jemals eine solche Mission mitmachen wollte. Verglichen habe ich diese seltsame Art des Tourismus mit einem Flug ins All.
Ich kam zu dem Ergebnis, dass ich mich in der Wahl zwischen Pest und Cholera ... für die Cholera entscheiden würde:
ich würde in der höchsten Not, in der mir nur diese Wahl zwischen zwei Extremen bliebe ... einen Flug ins All wählen.
250.000 Dollar soll der Tauchgang ins Grab gekostet haben. Aber alles Geld der Welt, das sicherlich auch nach dem Tod der Todesmutigen noch vorhanden ist, kann die Angehörigen niemals auf ein Level bringen, auf dem sie zuvor waren:
sie waren glücklich oder nicht ganz so glücklich, sie waren einander verbunden oder böse aufeinander - wer weiß das schon.
Besonders dramatisch ist es, dass eine Frau nicht nur ihren Ehemann, sondern auch ihren Sohn in der absoluten Meerestiefe verloren hat ...
Kann sie um ihren Mann so trauern wie sie es könnte, wenn sich ihr gemeinsamer Sohn nicht aus Liebe zu seinem Vater mit aufs U-Boot gesellt hätte, wie es anfangs dargestellt wurde? Die Mutter hat dann allerdings erklärt, dass sie aus Liebe zu ihrem Sohn auf ihren Platz im U-Boot verzichtet habe. Wie kommt sie nun mit dem Wissen klar, dass sie zwar um beide trauern, aber sich selber etwas wohl kaum verzeihen kann?
Man sagt, den Tod eines Kindes zu überwinden, ist schier unmöglich und hält einen Menschen sein Leben lang in einem inneren Gefängnis.
Viele sind traurig
über den Tod dieser fünf Menschen, auch, wenn sie sie nicht gekannt haben - und auch ihren Drang zu Extrem-Abenteuern auch nur entfernt nachvollziehen können. Viele haben ein paar Tage lang um die Besatzung des U-Bootes gebangt - genau so lange, wie es an Bord noch Sauerstoff gegeben hätte ... wenn es nicht bereits - und zum Glück im Unglück der Passagiere - zuvor zerborsten wäre.
Nur in etwa und mit viel Phantasie hätte man die bekannt begrenzte Zeit, in der die Insassen um die Luft zum Atmen hätten kämpfen müssen, nachvollziehen können - denn zu ihrem vermutlichen Glück haben nicht viele Menschen mal eben 250.000 Euro für ein Abenteuer übrig,
das ein letztes werden könnte - und in diesem Fall auch wurde.
Für die ganz Tollkühnen, aber nicht Superreichen, ist es vielleicht ein Trost, dass sie sich solch einen Ausflug nicht leisten können ...
Steckt eine geheime Todessehnsucht hinter diesen Abenteuern? Oder möchte man nur etwas erleben, das anderen vorenthalten bleibt? - Ich weiß das nicht, und es wird ohnehin bei jedem Menschen ein anderes Motiv für
Gefährliches vorherrschen.
Einerseits bewundere ich Leute wie diese für ihren Mut, Außergewöhnliches zu wagen - andererseits weiß ich nicht, ob dieser Mut nicht aus der Verzweiflung der Langeweile gewachsen ist, in dem man nur noch schwierig seine enormen finanziellen Verhältnisse mit außergewöhnlichen Erlebnissen auf ein gemeinsames Level bringen kann. Sprich: je mehr Milliarden auf dem Konto, je höher die Anforderungen an eine grenzenlose und grenzenüberschreitende Freizeit.
Küchen-Psychologie muss hier ausreichen, denn ich kenne persönlich niemanden und weiß nicht um die tieferen Motive, sich in Top-Abenteuer zu stürzen, die durchaus und nicht nur unerwartet tödlich enden können. Aber vielleicht hätte niemand wirklich schlüssige Antworten auf meine Frage: warum begibt man sich freiwillig in Lebensgefahr?
Guten Tag, Gruß Silvia
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