11. März 2023 - Brief an Charlie

Brief an Charlie

Mein unvergessener Charlie,

diese Zeilen schicke ich dir quer über den Regenbogen in der Hoffnung, dass sie dich in Sternengeschwindigkeit erreichen. Vielleicht weißt du aber längst, was ich dir noch sagen will, denn du kannst tief in meine Seele hineinsehen, so wie ich in den letzten 17 Monaten deines Lebens versucht habe, in deine Seele hineinzuhorchen. Ich wäre froh, wenn du bestätigen könntest, dass ich es geschafft habe - und falls ich es nicht gänzlich geschafft habe,

du mir ein paar oberflächliche Blicke verzeihst.

Tief hast du mein Herz berührt, und ich hätte gerne mehr als nur diese 17 Monate mit dir verbracht. Aber du warst bereits ein in die Jahre gekommener kleiner Hund, der zudem herzkrank war. Wer konnte ahnen, dass sich diese Krankheit derart verschlimmern würde, wenn man die Hoffnung hat, dass alles zumindest auf dem Status quo-Level bleibt.

Ich danke dir, dass ich es war, die dich in deinem letzten Lebensabschnitt begleiten durfte. Du hattest so viel Freude und hast auch ein paar Freunde gehabt. Viele Freunde waren ohnehin nicht dein Ding. Die meisten Menschen und andere Hunde waren für dich nicht so wichtig.

 

Wichtig war dir unsere gemeinsame Zeit, die wir in vollen Zügen genossen haben. Eigentlich bis beinahe zum letzten deiner Tage.

Du weißt, dass ich meine tiefsten Gefühle nicht so gern in Worten ausdrücke, aber du weißt auch, dass sie vom ersten Moment, als ich dich im Tierheim kennengelernt habe, für dich vorhanden waren. Wir sahen uns in die Augen - und erkannten, dass wir einander brauchten. Das waren die ersten Gefühle, die wir einander entgegenbrachten.

Schnell wurde Liebe daraus. Wir verstanden uns wortlos und unsere gegenseitige Liebe wurde zu etwas so Selbstverständlichen wie die Tatsache, dass die Sonne jeden Tag aufgeht.

In deiner klugen und weisen Art bist du unerreichbar. Heimlich habe ich versucht, mir ein wenig davon abzukupfern ... danke auch dafür, Charlie. Deine Weisheit werde ich zwar nie erreichen, aber ich denke oft:

was würde Charlie jetzt machen, wenn er sprechen und es mir verraten könnte?

Am 12. Dezember 2022 hast du mich verlassen müssen. Es war für dich kein so schwerer Gang wie für mich, denn du bist am frühen Morgen dieses Tages bereits in einen Schlaf gefallen, der dir vieles erspart hat: den Weg in die Klinik bewusst zu erleben, du in deinem Buggy, ich schiebe ihn ... ich habe dich bis in deinen Tod hinein gestreichelt.

Seitdem ist kein einziger Tag vergangen, an dem ich nicht an dich denke. Gerne hätte ich noch wenigstens ein paar Jahre mit dir verbracht,

aber dein kleines Herz wollte uns diesen Gefallen nicht erweisen.

Den heißen 2022er Sommer hast du noch gut "weggesteckt", obwohl er auch für gesunde Hunde kein Zuckerschlecken war. Ich bin sicher,

du wolltest noch lange bei mir bleiben.

Am Ende haben wir alle einen Feind, der vielleicht auch ein Freund ist? Ich meine den Tod.

Es wäre kein Wunder, wenn es überhaupt keinen Himmel gibt. Aber es wäre ein Wunder, wenn es keinen Himmel für Tiere gibt, denn ihr habt oft auf dieser Welt so viel Leid zu ertragen, dass es nur gerecht wäre, nach dem Leben hier auf Erden einen Himmel zu erfahren. Das Leid, das du in deinem Leben vermutlich erfahren hast ... wollte ich immer nur wieder gutmachen.

Hoffentlich triffst du in deinem neuen Leben, in dem du wieder gesund bist, Robin und Bienchen und lernst sie kennen. Beide werden dich lieben.

In unseren 17 Monaten habe ich nie erlebt, dass du feindselig gegen ein anderes Geschöpf warst - und sie waren auch nie feindselig dir gegenüber.

Auch meine Katze Lissy wird dich lieben: sie war dir von uns allen am ähnlichsten. Vor meinem Kater Lucky musst du dich ein bisschen in acht nehmen, er kann sehr machomäßig und nickelig sein.

Schlaf gut, meine große Liebe Charlie. Nun kannst du in die Wolken pinkeln und von Stern zu Stern hüpfen.

Und halte mir zusammen mit meinen anderen verstorbenen Tieren einen Platz direkt neben dir frei.

Deine Mama, der du Stroh zu Gold gesponnen hast ...

Guten Tag, Gruß Silvia