Freitag, 8. Mai 2020

8. Mai 2020 - Bienchens Geschichte - 10. Teil



Die große Operation

Mit einem frisch frisierten Bienchen fuhr ich in die Tierklinik Asterlagen. Offenbar war ihre jetzige Schönheit per Friseurinnen-Hand gar nicht so einfach zu erlangen gewesen.

Sie sei zickig, sagte mir die Hunde-Friseurin Frau K., und an ihre Beine wollte sie sie nicht heran lassen. Undsoweiter ... Ich weiß inzwischen natürlich auch, dass Bienchen in dieser Hinsicht ausgesprochen schwierig  ist,

aber ich möchte mir nicht vorstellen, mit welchen Kniffen Frau K. Bienchens Schönheit derart herausgepellt hatte. In Zukunft wollte ich mir lieber selbst die Mühe machen, Bienchen auf Vorderhund zu bringen, wenn ich auch nicht halb so perfekt darin bin wie Frau K.

In der Klinik war Bienchen hingegen ziemlich ruhig. Ich könnte sagen: Sie hatte etwas von der Gelassenheit eines Wesens, das vom Leben nicht mehr viel erwartet.

Während der Voruntersuchungen konnte ich bei ihr bleiben, ihr zur Seite stehen. Ob sie meine Anwesenheit wirklich glücklicher machte, wage ich zu bezweifeln: Sie wollte zu meiner Mutter, und da dies in ihren Augen offenbar nicht möglich war,

war ihr schon beinahe alles (außer Haare-Schneiden) egal. Das kleine dicke Hunde-Mädchen sah so traurig aus.

Es war 8.00 Uhr morgens, als ich sie in der Klinik "ablieferte". Für Bienchen hatte es ganz sicher etwas von ab- und sogar ausliefern. Um 15.00 Uhr sollte ich sie wieder abholen.

Die Wartezeit war länger als die Stunden, die vergingen. Aber so lange mein Telefon mit einer bösen Nachricht aus der Tierklinik nicht klingelte, war ich eigentlich zufrieden ... Sorge machte mir nicht die schwere Operation an und für sich, sondern natürlich die Narkose. Sie war fast 7 Jahre alt, und ihr Herz war schwach, ohne behandlungsbedürftig zu sein. Das ist übrigens heute noch genau so. Und heute ist sie fast 17 Jahre alt.

Dann schellte doch mein Handy. Mir rutschte das Herz in die Hose. Ich liebte die Kleine bereits, und ich wollte nicht, dass sie als unglückliches Hündchen ungestreichelt in der Narkose blieb ...

Aber die Telefon-Nummer, die ich im Handy sah, gehörte zu einer anderen Klinik.

Oh je, nicht jetzt! Lass meine Mutter noch ein paar Jahre leben. Bitte keine böse Nachricht!

Das Oh je erübrigte sich schnell. Zwar war am anderen Ende der Arzt meiner Mutter, aber er wollte mir nichts Trauriges mitteilen. Es war einer von einigen Anrufen, die ich aus der Klinik in Trier in den nächsten Wochen bekam ...

Es ging um etwas Medizinisches - zum Beispiel meine Zustimmung zu  Behandlungs-Methoden - und um die Frage meiner Mutter, wie es Bienchen ging.

Ich erzählte dem Arzt, dass Bienchen gerade in einer Tierklinik zur Kastration war. Und natürlich bat ich ihn, dieses nicht meiner Mutter zu berichten.

Meine Mutter hätte sicher etwas gegen die Kastration gehabt, da wäre ihr mein Robin völlig egal gewesen ... oder sie hätte nicht weiter darüber nachgedacht, warum eine Kastration der süßen Weißen nötig war.

Also - warum meine Mutter unnötig beunruhigen? Selbst, wenn Bienchen in der Narkose "geblieben" wäre, hätte sie das von mir nicht erfahren.

Mama musste bereits ihre diversen Krankheiten verkraften, die man Patienten heutzutage nicht mehr verschweigen darf,

aber alles müsste sie nicht unbedingt erfahren.


Bienchen wieder in die Arme schließen

Als ich um 15.00 Uhr in die Klinik zurück kam, lief Bienchen mir mit gemäßigtem Tempo entgegen. Weder war sie noch wackelig auf den Beinen, noch freute sie sich besonders, mich zu sehen. Immerhin war ich jemand, den sie schon seit ein paar Tagen kannte - im Gegensatz zu der Ärztin.

Falls die Ärztin sich gewundert haben sollte, warum Bienchen nicht voller Freude, sondern eher wie eine flüchtige Bekannte auf mich zu kam, so äußerte sie dies nicht.

Und wenn auch!  - nun war Bienchen operiert. Auch ohne Zustimmung meiner Mutter. Ich meine, mich zu erinnern,

dass ich erklärte, Bienchen  erst seit ein paar Tagen zu haben. Dass sie mir gar nicht gehörte, erzählte ich natürlich auch weiterhin nicht.

Und warum auch sollte eine Ärztin auf die Idee kommen, jemand bringe einen Hund zu einer umfangreichen (und nicht so preiswerten) Operation, wenn dieser ihm überhaupt nicht gehöre. Das wäre unlogisch.

Mit einer dicken Tröte um ihren Hals musste Bienchen einen weiteren Umstand ertragen, den ihr das neue Leben bescherte.

Immerhin schien sie froh zu sein, als sie kurz darauf Robin wiedersah.


Fortsetzung folgt:  - Jetzt gehöre ich dir. Ich erzähle einen Teil der vergangenen Geschichte meiner Mutter.
Copyright Silvia Gehrmann


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