Sonntag, 3. Mai 2020

3. Mai 2020 - Bienchens Geschichte - 9. Teil


Bienchens neues Zuhause

Zwei Stunden später waren Robin und ich zurück im Ruhrgebiet, und Bienchen war erstmals hier. Nachdem wir aus dem Zug gestiegen waren, befreite ich sie aus der Hundetransport-Tasche. Es herrschte geschäftiges Freitagnachmittags-Treiben auf dem Hauptbahnhof, und ich glaube, Bienchen hatte noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen.  Insgesamt muss der Kulturschock riesig gewesen sein, und hinzu kam, dass sie meine Mutter vermisste. Leider konnte ich ihr nur durch Zuwendung helfen,

aber ihr standen trotzdem ein paar nicht so gute Tage bevor. Mal abgesehen davon, dass keiner der nächsten Wochen und Monate für sie gut waren. Sicher wollte sie lieber ihr altes Leben zurück.

Noch stand natürlich im Raum, dass meine Mutter ihr Bienchen zurück bekommen sollte. Oder ich würde meine Mutter, wie ich mir vorgenommen hatte, zu mir holen. Ich wollte sie erst später darauf ansprechen ... aber wie geschrieben, dazu kam es nicht mehr.

Bienchens Leine musste ich ganz fest halten. Sie durfte mir nicht aus der Hand rutschen, denn sie hatte einen ausgeprägten Fluchtwillen - und war bereit, kopflos loszurennen, sobald sich ihr die Möglichkeit bot. Natürlich auf der Suche nach meiner Mutter.

Ihre bittersten nächsten Tage musste ich sogleich planen. Kaum zu Hause angekommen, rief ich eine Hundefriseurin an, die mir persönlich bekannt ist. Denn vor dem nächsten, schwereren Schritt, mussten erst einmal ihre Haare wieder in Ordnung gebracht werden.

Sie war sicherlich seit 2 Wochen nicht mehr gebürstet worden, denn das hatte Paul leider nicht anstelle meiner Mutter übernommen. Allerdings hatte er durchaus ihre Verfilzungen bemerkt. Bürsten für Bienchen gab es auch, aber es hatte ihm wohl an Lust gefehlt. Ich hatte bei meinen Besuchen versucht, sie zu bürsten - aber sie war sehr störrisch.

Schon der Anruf bei der Hundefriseurin endete beinahe in einem Desaster. Frau K. kannte mich, und sie wusste, dass Robin mein Hund war - aber nicht die Malteserin Bienchen. Freimütig erzählte ich ihr, dass Bienchen meiner Mutter gehöre.

Ein bisschen heftig neben der Spur lehnte sie das Trimmen einer Hündin ab, deren Erlaubnis dazu nicht ihr Besitzer gegeben hatte. Man kann es mit der Korrektheit wirklich übertreiben, wie ich wieder einmal feststellen musste. Es ging hier ja nur um einen Haarschnitt ...

Widerwillig erklärte sie sich nach einer unschönen und völlig überflüssigen Diskussion bereit, Bienchens Haare in Ordnung zu bringen, und ich bekam einen Termin für den kommenden Dienstag.


Die große Operation

Das war der wesentlich schwerere Termin, den ich für Bienchen machen musste. Da meine Mutter mir erzählt hatte, dass Bienchens Läufigkeit kurz bevorstand,

musste ich schnell handeln. Robin war schließlich unkastriert. Wir wollten 1. keinen Unfall und 2. sollte Robin mit einer läufigen Hündin in einer Wohnung nicht seinen Kopf verlieren. Ich frage mich immer, wie Hundezüchter dieses Problem lösen ... aber ich will darauf keine Antworten haben.

Also rief ich in der Tierklinik Asterlagen an. Dort erzählte ich sicherheitshalber nicht, dass mir die Hündin Bienchen gar nicht selber gehörte. Besser ist eben besser!

Für den kommenden Mittwoch bekam ich dort einen Termin.

So, die bösesten Absichten (in Bienchens Augen) hatte ich nun terminiert.

Nun konnte ich mich in aller Ruhe ein paar Tage um Bienchen und ihre Eingewöhnung kümmern. Dabei war Robin der größte Helfer. Er akzeptierte sie absolut (wenn es auch von seiner Seite her niemals Liebe wurde).

Ich nahm das dicke Hundemädchen mit in den Wald, den Park und gewöhnte es auch langsam an die Stadt und ihre vielen Menschen.

Die machten ihr offenbar weniger Angst als gedacht. Allerdings schrie sie bei jeder Begegnung mit einem fremden Hund ...

Schlichtweg kannte sie es nicht, so viele Hunde zu treffen. Und sie reagierte panisch darauf.

Aber auch hier vertraute ich auf Robin. Er würde ihr zeigen, wie man mit Hunden und der Welt an und für sich umging.

Er hat ihr so vieles beigebracht, so vieles. Und sie hat von ihm alles gelernt, was sie bis dato nicht kannte. Heute ist sie die selbstbewussteste Malteser-Hündin, die ich kenne und mir denken kann.


Fortsetzung folgt
Copyright Silvia Gehrmann

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen