Zwei Frauen und der christliche Glaube
Besonders heute am Ostersonntag ist der christliche Glaube präsent, und vielleicht sind auch die Kirchen wieder etwas voller als an anderen Sonntagen. Leider ist der Glaube nicht vererbbar, sonst hätte ich ihn als Erbteil meiner Oma im Gepäck.
Aber ich bin Agnostikerin, also halte ich es zumindest für eine Möglichkeit, dass es einen Gott gibt. Die andere Hälfte in mir zweifelt allerdings.
Der tiefe Glaube an Gott hat es meiner Oma stets erleichtert, Schicksalsschläge hinzunehmen. Sehr früh hat sie ihren Mann Silverius verloren; er wurde nur 47 Jahre alt, und ich habe ihn nie kennengelernt. Einer ihrer drei Söhne - Johannes - starb mit 21 Jahren. Viel später starb auch noch ihr Enkel Heinz - mein Bruder - mit 19 Jahren.
Tief im Glauben verankert, hat sie nie die Last hinterfragt, die ihr das Leben aufgebürdet hat, die obendrein noch aus zwei Weltkriegen bestand.
Aber sie war nicht nur gläubig im Sinne von nicht mehr nach rechts und links blicken, sondern sie lebte auch, wie man es von einer gläubigen Frau erwarten konnte: sie half, wo immer ihre Hilfe gebraucht wurde - und war ehrenamtlich für die Kirche tätig. Und das, obwohl sie durchaus nicht mit Reichtümern gesegnet war - und aus meiner Sicht besser einen bezahlten Job angenommen hätte.
Eine kleine Begebenheit mit einer anderen gläubigen Frau
Meine Oma hatte drei Nichten, die als Nonnen in Klöstern lebten. Eine von ihnen kam auch zur Beerdigung meiner Oma. Nun könnte man sagen,
dass dies eine nette Geste von ihr war. Aber schnell spürte ich, dass diese Nonne wohl eher an dem Essen und Trinken der Nach-Feier interessiert war. Ich selber kannte die Nonne nicht besonders gut, aber
an diesem Tag lernte ich sie kennen. Und was ich erkannte, gefiel mir überhaupt nicht. Eigentlich hätte sie ja eine Frau Gottes sein sollen ...
Eigentlich. Denn sie war es nicht.
Als kleine Vorgeschichte muss ich erzählen, dass meine Oma in ihren letzten Lebensjahren dement gewesen ist und in einem Heim lebte.
Frei von der Leber weg erzählte die Nonne beim gemeinsamen Essen und Trinken, dass sie "Tante Fine" (meine Oma hieß Josefine) früher gern besucht hätte ... meine Oma hätte ihr auch immer einen Schein zugesteckt.
Dann und auf meine diesbezügliche Nachfrage platzte es aus der Nonne heraus: "Im Altersheim habe ich Tante Fine nicht mehr besucht - sie hätte mich ohnehin nicht erkannt ..."
Zumindest eine große Ehrlichkeit legte diese Frau an den Tag. Vielleicht war sie auch nur ein Plappermaul.
Beinahe hätte ich die Beerdigungs-Nachfeier gesprengt ... aber dann nahm mein Onkel mich an die Hand und führte mich erst einmal an die frische Luft ...
Eigentlich wäre es nicht darum gegangen, dass meine Oma die Nichte noch erkennt, sondern, dass die Nichte meine Oma erkennt. Aber Oma hatte im Altersheim
keine Scheinchen mehr locker sitzen. Ihr "Taschengeld" wurde von meinem Onkel verwaltet und für z. B. Friseurbesuche eingesetzt.
Im übrigen hat Oma ihre Familienangehörigen immer erkannt - auch, wenn sie hin und wieder unsere Namen verwechselte.
Frohe Ostern, Gruß Silvia
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